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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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schmerzendes Kreuz. Dann zwang er sich dazu, stolz aufgerichtet wie ein Souverän dazusitzen. Ängstlich sollten die Feroce sein. Sie sollten sich demütig nähern. In dieser Höhle gefangen brauchte er jeden kleinen Vorteil, den Haltung und Selbstvertrauen ihm gewähren konnten.
    Er durfte sich nur nicht anmerken lassen, dass er davor zurückschreckte, Loriks Dolch zu berühren.
    »Ur-Lord«, sagte Branl warnend. »Drei Feroce sind auf der Terrasse angelangt. Sie werden gleich hier erscheinen.«
    Covenant atmete tief durch, hielt kurz den Atem an. Der Krill warf sein helles Licht in den Einschnitt, der den Zugang zur Höhle bildete. Silbern glänzendes reines Licht fiel auf die jenseitige Wand des äußeren Felsspalts. Er fixierte diese Stelle, zählte seine hämmernden Herzschläge und wartete auf Andeutungen von smaragdgrüner Bösartigkeit.
    Sie zeigte sich zuerst als schwache Verfärbung am Rand des Silbers: eine Nuance, die in anderem Zusammenhang frühlingshaft hätte wirken können. Dann wurde das fahle Grün von Säure und Hunger stärker. Es überstrahlte den Krill nicht, sondern sie verfärbte das Silber, bis die Dunkelheit dahinter bedrohlich schwarz wirkte.
    Nacheinander betraten drei Lebewesen durch diesen Lichtstreifen die Höhle.
    Sie sahen aus, wie Branl sie Covenant beschrieben hatte: Schulterhoch, unbehaart und nackt, mit großen Augen, die Silber und Smaragdgrün reflektierten. Jedes von ihnen fuhr beim ersten Anblick des Krill zusammen; jedes wich so weit wie möglich vor seinem Leuchten zurück, ohne dabei Branl zu berühren.
    Als sie an der Lichtquelle vorbei Covenant ansahen, wirkten sie angstvoll geduckt.
    In ihren hohlen Händen trugen sie Flammen, die Chaos und Zerstörung zu versprechen schienen. Trotz ihrer Furchtsamkeit umgab sie eine Aura von unterdrückter oder verweigerter Bösartigkeit. Vielleicht hätten sie sich auf Covenant gestürzt, wenn sie es gewagt hätten. Er glaubte instinktiv, sie seien aus den alten Giften des Donnerbergs gezeugt worden.
    Sie mieden den Krill mit ihren Blicken und verharrten schweigend. Vermutlich warteten sie darauf, dass Covenant das Wort ergreifen würde.
    Mit finsterer Miene, als hätte er das Recht, über sie zu Gericht zu sitzen, sagte er nichts.
    Zuletzt erhob einer von ihnen die Stimme. »Wir sind die Feroce.« Aber er konnte nicht unterscheiden, wer gesprochen hatte: Die Worte schienen von allen oder keinem zu kommen. Und die Stimme klang eigenartig feucht und Undefiniert wie nasser Schlamm, der durch ein grobes Sich gepresst wird. Vielleicht waren ihre Kehlen nicht dafür gebaut, menschliche Laute zu erzeugen. Statt körperlich erzeugt zu werden, war ihre Sprache möglicherweise nur ein theurgischer Effekt.
    Covenant, der die eigene Ängstlichkeit mit Hochmut tarnte, erwiderte: »Ich habe euch gehört. Ihr begehrt eine Audienz. Dazu kommen wir noch. Erzählt mir erst etwas. Überzeugt mich davon, dass ich euch trauen kann.
    Ihr sagt, dass ihr versucht habt, Schaden anzurichten. Das war euer ursprünglicher Zweck. Was habt ihr getan?«
    Mit ihren Flammen machten die drei Feroce scheue Gesten, die vielleicht besänftigend wirken sollten. »Unser Hoch-Gott erhält uns«, antworteten sie mit ihrer gemeinsamen Stimme. »In seiner Agonie spricht er zu uns. Er spricht durch uns. Wir gehorchen seinen Befehlen. Ohne ihn sind wir Staub. Wir können die Gewässer der Sarangrave nicht verlassen.
    Die Vernichtung kommt immer näher.« Sie schienen sich noch ängstlicher zu ducken. »Die Vernichtung allen Lebens. Auch du musst ihr Kommen spüren. Das ist unvermeidlich. Unser Hoch-Gott hat es gespürt.
    Er begehrt Leben. Er begehrt Macht. Er braucht Macht, mehr Macht und noch größere Macht, sonst geht er unter. Davor muss alle sonstige Feindschaft zurücktreten.
    Ein weibliches Wesen deiner Art besitzt einen Stock, der unermessliche Macht verleiht. Auch das ist dir wohlbekannt. Es muss dir bekannt sein. Unser Hoch-Gott begehrt ihn. Auf sein Geheiß haben wir versucht, ihn ihr abzunehmen, doch wir haben es nicht geschafft. Er ist verletzt worden. So kann er sein Leben nicht sichern.«
    Covenant fluchte innerlich. Linden …! Scharf fragte er: »Habt ihr sie verletzt? Habt ihr sie verletzt?«
    Die Feroce fuhren wie eingeschüchterte Kinder zusammen. Die smaragdgrünen Flammen in ihren Händen flackerten und spuckten. »Wir haben es versucht. Es ist uns nicht gelungen. Jetzt sind wir hier.«
    »Was, ihr?«, knurrte Covenant, um seine Erleichterung zu verbergen.

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