Die Pfade des Schicksals
zunehmendem Tempo vor dem abbrechenden Gestein davon.
Granitbrocken polterten in die Tiefe. Eine gierig wirkende Lücke tat sich hinter ihnen auf, als die Pferde sich den Geschöpfen des Lauerers näherten. Aber dort wurde das Gestein entgegen aller Wahrscheinlichkeit fester. Obwohl die Feroce dort standen, wo die meisten Skest verendet waren, besaß der Fels in diesem Bereich seine alte Festigkeit. Sobald die Ranyhyn an ihnen vorbeigetrabt waren, konnten sie in Galopp verfallen.
»Verdammt!«, keuchte Covenant. »Blut und Teufel! Ich hätte nie geglaubt, dass …«
Im nächsten Augenblick erreichten die Pferde wieder festen Boden. Sie bremsten sofort ab, kamen rutschend zum Stehen und wieherten dabei triumphierend.
Die Feroce ließen ihre Hände los, sodass ihre spezielle Magie abklang. Ihre kleinen Gestalten sackten wie erschöpft zusammen.
Als Covenant wieder zu Atem kam, wiederholte er für sich: Verdammt! Das hätte ich nie geglaubt! Trotz seiner vorübergehenden Erleichterung war ihm seine missliche Lage sehr wohl bewusst. Ein Großteil der Klippe vor ihm war abgebrochen. Am Fuß der Zerspellten Hügel erstreckte sich eine gefährlich klaffende Lücke wie ein gierig aufgerissenes Maul. Und der Abgrund zog ihn magisch an.
Starker Schwindel ließ ihn erschauern. Er riss sich fluchend zusammen und rief den Feroce zu: »Richtet eurem Hoch-Gott aus, dass ich ihn retten werde, wenn das irgend möglich ist. Ich werde das Land retten. Und dankt ihm in meinem Namen. Er hat seine Versprechen gehalten!«
Die Feroce wirkten erschöpft, und Covenant wartete keine Antwort ab. Stattdessen wies er die Ranyhyn an: »Versucht nicht, uns zu folgen! Sucht euch einen anderen Weg. Ich verlasse mich auf euch! Wir werden euch brauchen.«
Leise fügte er hinzu: »Wenn wir nicht vorher durch meine Schuld umkommen.«
Dann wandte er sich hastig an Clyme. »Wir müssen zu Branl hinüber, aber das schaffe ich nicht allein. Ausgeschlossen!« Seine Stimme zitterte, als hätte er Fieber. »Ich kann mein verdammtes Gleichgewicht nicht halten.« Einst hatte er im Auge eines Wirbelsturms aus Möglichkeiten und Unmöglichkeiten Ruhe gefunden; das konnte er hier nicht. »Die Sache ist sogar noch schlimmer: Etwas in mir will fallen.« Sein innerer Verächter? Der heimliche Wunsch, seine Verantwortung abzuschütteln? »Könnt ihr beiden mich nicht halten, kann ich gleich springen.«
Im Licht von Loriks Dolch wirkte Clymes Gesichtsausdruck leicht verächtlich. »Steck den Krill weg, Ur-Lord«, verlangte er, als wäre Covenants Besorgnis nicht der Rede wert. »Wir müssen dich an beiden Armen fassen.«
»Klar.« Covenant riss sich zusammen. »Natürlich könnt ihr mich halten. Was habe ich bloß gedacht?«
Mit dem Dolch vollführte er kreisende Bewegungen, sodass der Stoff von Aneles Gewand sich um den Griff wickelte und den Schmuckstein verdeckte.
Schlagartig herrschte um ihn herum Dunkelheit. Der Wechsel kam so plötzlich, dass er Covenant von allem außer dem Ruf der Tiefe abschnitt. Clyme konnte er nicht einmal sehen, sondern seine Nähe nur ahnen.
Dann begannen seine Augen, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Der Abgrund wurde breiter, dunkler und auch verlockender. Die schwachen Flämmchen der Feroce gaben nicht genug Licht, um ihn zu beschützen. Clyme verwandelte sich in einen etwas substanzielleren Avatar der Nacht.
Während sich vor Covenants Augen alles zu drehen begann, packte Clyme ihn am linken Arm und drückte ihn kräftig gegen die harte Felswand des Hügels.
Instinktiv wollte er sich dagegen wehren. Schwindel lockte ihn mit Sirenengesang. Verführungen verdrehten ihm den Kopf, verkrampften ihm den Magen und ließen seine Muskeln zittern. Konnte er den Haruchai vertrauen? Er hatte immer behauptet, er vertraue ihnen unbedingt. Das musste er jetzt beweisen.
Als seine Schulter den Fels berührte, drückte er Brust und Gesicht dagegen; klammerte sich daran. Nicht diesmal!, erklärte er seinem von Schwindel erfassten Verstand - oder den Verächter. Diesmal bekommst du mich nicht. Warte gefälligst, bis du an der Reihe bist.
Aus dem Dunkel kam Branls Stimme: »Streck den anderen Arm aus, Ur-Lord. Wir stützen dich gemeinsam. So kannst du nicht fallen.«
Klar doch, sagte Covenants ängstliche innere Stimme. Ich soll nur den Arm ausstrecken. Als ob ich das könntel Aber er tastete bereits nach der Hand des Meisters. Er war zu lange unterwegs und hatte zu viel gelernt; seine Ängste beherrschten ihn nicht.
Eine Hand aus
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