Die Pferde vom Friesenhof 01 - Start mit Hindernissen
konnte. Da pfändete die Bank sein Haus, er musste ausziehen. Ruck, zuck wurde sein Haus zwangsversteigert. Ein reicher Hamburger kaufte es (er hatte es im Internet entdeckt), ließ es abreißen und baute Wohnblocks auf das Grundstück. Leif Harding stand vor dem Nichts. Hätte ihm der Bürgermeister nicht die alte Kate hinterm Deich überlassen, wäre der Seemann auf der Straße gelandet. Der Sturz ins Bodenlose war gestoppt, aber Hardings Stolz war schwer verletzt. Er entwickelte eine ohnmächtige Wut auf Banken und reiche Leute. Harding trank mehr als zuvor und versackte allmählich.
Wahrscheinlich hätte sich der Seemann zu Tode getrunken, hätte ihm nicht der Wirt vom Wattenkrug den Rauhaardackel »Kompass« geschenkt. Der kleine Hund schaffte es tatsächlich, den Mann zu verändern. Die Schnapsflasche holte er nur noch selten aus dem Kühlschrank. Für den Hund stand Leif Harding früh auf und spazierte mit ihm über den Deich. Sogar einen Computer schaffte sich der alte Seemann an, um wenigstens im
Internet Reisen zu unternehmen, die er nicht mehr machen konnte.
Nur eins war geblieben: Hardings Zorn auf Leute mit Geld, die seiner Meinung nach nichts anderes im Sinn hatten, als andere übers Ohr zu hauen. Als er von der Versteigerung des Friesenhofs erfuhr, stand für ihn fest: Die neuen Besitzer mussten Otto Tönnies übers Ohr gehauen haben.
Dass Otto Tönnies ordentliche Nachfolger für seinen Hof finden könnte, kam dem starrsinnigen, verbitterten Seemann nicht in den Sinn.
»Denen lege ich Steine in den Weg«, schwor er seinem Hund. »Solche Geldsäcke sollen keine Freude an dem Friesenhof haben.«
Was wird aus Magic?
Unruhig wälzte sich Lea hin und her. Machte sie die Augen zu, tauchte sofort die Liste mit Zwangsversteigerungen vor ihr auf. Oder Magics schöner Kopf. Manchmal nickte Lea ein, dann träumte sie wirre Sachen. Magic wurde verkauft, bekam vor lauter Heimweh nach dem Friesenhof Fieber, magerte ab und lag krank im Stroh. Ein anderes Mal träumte sie, dass Magics neuer Besitzer ihn schlug. Lea stürzte sich dazwischen und schrie: »Nein, das dürfen Sie nicht!«
Von ihrem eigenen Aufschrei wachte Lea auf. Schweißgebadet schoss sie im Bett hoch. Ihr Herz pochte wild. Im nächsten Moment ging die Tür auf und Klara steckte den Kopf herein. »Alles in Ordnung?«
»Ich habe geträumt, sie würden Magic verprügeln«, murmelte Lea schlaftrunken und rieb sich die Stirn. Klara tappte barfuß zum Bett ihrer Schwester. »Merkwürdig, dass wir immer an Westerbüll denken«, flüsterte sie, um ihre Eltern nicht aufzuwecken. Mit einem Satz schlüpfte sie unter Leas Bettdecke. »Mir geht Luna nicht aus dem Kopf. Dabei habe ich sie nur einmal gesehen. Wenn es nach mir ginge - ehrlich, Lea, ich würde ziemlich gern auf den Friesenhof ziehen. Warum sollen wir an der Nordsee keine Freundinnen finden?«
Lea seufzte und richtete sich auf. »Wegen Magic möchte ich auch nach Westerbüll. Aber du weißt doch, meine Clique ... Unsere 6 c ist einfach super.«
Noch lange beratschlagten Lea und Klara, wie sie eine Lösung finden könnten. Lea fühlte sich zwischen ihren Freundinnnen und Magic hin- und hergerissen. Konnte sie es zulassen, dass Magic an einen eiskalten Geschäftsmann verschachert wurde, der den Friesen möglichst schnell loswerden wollte? Der nicht darauf achtete, dass Magic in gute Hände kam?
»Was ich brauche, ist ein Wink des Schicksals«, sagte Lea nach endlosen Diskussionen. »Zum Beispiel müsste jetzt ein Blitz einschlagen. Das wäre für mich ein Signal, dass ich zu Magic ziehen muss.«
Sie schob die Decke beiseite, tappte mit nackten Füßen ans Fenster und öffnete die Flügel. Sie lehnte sich hinaus und suchte angestrengt den nächtlichen Himmel nach Gewitterwolken ab. Keine Spur. Den Blitz konnte sie also vergessen.
»Vielleicht reicht es als Wink des Schicksals, dass du dir eine Lungenentzündung holst - und ich auch«, tönte es aus dem Bett. Klara, die Vernünftige. »Mach das Fenster zu, es ist schweinemäßig kalt.«
Lea murmelte etwas, kroch dann aber gehorsam ins warme Bett zurück. Vielleicht musste sie auf ein anderes Zeichen warten? Irgendetwas brauchte sie, um einen Entschluss fassen zu können.
Lea war dickköpfig. Sie wollte so lange warten, schwor sie sich, bis sie ihr Zeichen erkannte. Auch wenn ihre Eltern Amok liefen.
Bereits am nächsten Tag ereignete sich etwas, das Leas Entscheidung maßgeblich beeinflusste.
Als Klara und Lea morgens
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