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Die Pinabriefe

Titel: Die Pinabriefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Baltscheit
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Armen. Henrietta erzählt von Pina, die auf dem Balkon verschwunden ist, und wie sie ihre Puppe gesucht hat, unten im Hof, und dass der Franz einen Brief gefunden hat, und dass die dicke Nachbarin ihn vorgelesen hat, und dass Pina gar nicht verschwunden, sondern nur verreist ist.
       Henriettas Mama hört zu, die ganze Zeit, und als Henrietta fertig ist, sagt sie nur: »Komm, wir machen Abendbrot und danach kucken wir einen Trickfilm!«
       Henrietta zieht die Nase hoch, und Mama gibt ihr ein Taschentuch.
       »Was hat Papa denn geschrieben?«, fragt sie. Henriettas Mama überlegt.
       »Dein Vater? Hmm... Na das, was der Franz vorgelesen hat, das mit den Wärmemaschinen.«
       Sie gibt Henrietta einen Kuss. Dann gehen beide in die Küche, und Henrietta darf Spiegeleier braten.

6. KAPITEL, IN DEM FRANZ EINE SCHNECKE OHNE HAUS IST

    Franz der Hausmeister hat die Heizung repariert. Die Zünder funktionieren und die Flammen machen ein einwandfreies Geräusch. Müde und zufrieden steigt er die Kellertreppe nach oben. Er geht in seine Wohnung, Hände waschen, umziehen. Feierabend.
       Franz freut sich schon auf seine neue Arbeit. Die Pinabriefe müssen weitergeschrieben werden. Denn Pina ist verschwunden, und niemand weiß, wohin! Auch der Franz nicht. Er hat sich das mit den Briefen ausgedacht, damit die kleine Henrietta nicht so traurig ist. Und jetzt schreibt er jeden Tag. Und schon im Bad überlegt er, auf welchen Ausflug er die verschwundene Puppe diesmal schickt. Eine Reise auf die Spaßvogelinsel? Oder zu den Wasserhähnen vom Wannensee?
       Plötzlich hört er ein Rascheln draußen im Hof. Jemand schnüffelt an der Hauswand. Franz öffnet das Fenster und sieht, wie der Hund vom Nachbarhaus durch die Büsche und Blumenbeete streunt. Kurz entschlossen nimmt Franz die Dusche, hält sie aus dem Fenster und verscheucht ihn mit einer ordentlichen Ladung kaltem Wasser. Der Hund jault auf und verschwindet durch ein Loch im Zaun. Mmh, denkt Franz und merkt sich: Loch im Zaun reparieren.
       Aber heute Abend wird er nichts mehr reparieren, sondern nur noch schreiben! Und vielleicht ein Bier trinken, ein kleines.

    Franz setzt sich an seinen Tisch und entdeckt dort den Briefumschlag von Henriettas Vater. Der Name steht darauf und die Adresse. Die Adresse! Das ist ja gar nicht weit von hier, denkt Franz. Wie kann einer sich nicht blicken lassen und doch fast um die Ecke wohnen? Warum kommt er nicht vorbei? Warum lässt er seine kleine Tochter hier alleine zurück? Doch was das Wichtigste ist: Was geht mich das alles an?
       Franz beschließt, sich nicht weiter darum zu kümmern. Recht hat er, was geht ihn das an? Er nimmt ein Blatt Papier und einen Stift, er will schreiben, einen Brief für Henrietta.
       Er setzt sich aufrecht und macht ein ernstes Schriftstellergesicht, gleich wird er eine Idee haben ... gleich wird sie kommen ... ganz von alleine in seinen Kopf spazieren ... und er wird einen neuen Brief schreiben ...
       Aber heute spaziert nichts. Nur alle möglichen anderen Gedanken sind im Kopf vom Franz. Sie rennen wild durcheinander! Er legt den Stift auf die Seite und lehnt sich in seinen Stuhl zurück. Schon einmal hat er der kleinen Henrietta geholfen, und wer einmal damit anfängt, ein guter Mensch zu sein, der kann so schnell nicht damit aufhören! Also beschließt Franz, der schweigsame Hausmeister, heute Abend keine Geschichten zu erfinden, sondern selbst eine zu erleben! Und er macht sich auf den Weg zu Henriettas Vater.

    Das ist kein leichter Weg für einen, der gerade erst gelernt hat, auf Düsen zu pfeifen und Briefe zu schreiben, wenn er zu einem geht, den er gar nicht kennt. Vielleicht hatte Henriettas Vater ja einen guten Grund wegzugehen ... Vielleicht ist Henriettas Vater auch nur ein ganz gemeiner Schuft und Franz bringt sich in Gefahr ... Vielleicht aber ist der Mond aus grünem Käse und wer nicht hinfährt, wird es nie erfahren!
       Und während Franz' Gedanken sich Schritt für Schritt mehr und mehr zu einem wilden Knäuel verknoten, wird der Weg ihm immer länger und sein Atem immer kürzer. Bald hat er die Straße erreicht, nur noch wenige Meter sind zu gehen, als er sich wie eine Schnecke ohne Haus fühlt. Haus! Genau! Er ist ein Hausmeister ohne Haus und hier draußen völlig fehl am Platz.
       Franz bleibt stehen. Jawohl, er ist Franz der Hausmeister und nicht Franz der Herzmeister! Er ist jemand, der Licht macht, wenn es dunkel wird, und die

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