Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster
kein Windstoß Einzelteile von Kiki verwehen konnte. Dann legte Roswitha die Jacke auf den Fußboden und schlug sie auseinander. Im sanften Schein der Bergkristalle glitzerten die Nebeltröpfchen wie kostbare Perlen.
Hans-Heinrich und Roswitha banden sich ihre Taschentücher vor Nase und Mund, damit sie die Nebeltröpfchen mit der Atemluft nicht durcheinanderwirbelten.
Vorsichtig setzten sie das „Gespenster-Puzzle“ auf dem Fußboden zusammen. Es war unheimlich schwierig, denn die kleinen Perlen sahen einander zum Verwechseln ähnlich. Welche gehörten zum Kopf, welche zum Körper?
Zum Glück half die zerlegte Kiki selbst mit. Sobald die Pollinger-Kinder Nebeltröpfchen dorthin legten, wohin diese nicht gehörten, schüttelten sich die kleinen Perlen. Dagegen blieben sie ruhig liegen, wenn sie an die richtige Stelle kamen. Das dauerte jedoch oft sehr, sehr lange.
Hans-Heinrich und Roswitha schufteten zwei Tage und zwei Nächte lang.
Dann war Kiki zusammengesetzt.
Das Obergespenst nickte zur Decke empor.
Da seilte sich eine große Spinne an einem glitzernden Faden auf den Fußboden nieder, huschte über die aneinandergelegten Nebeltropfen und spann sie mit hauchdünnen Spinnweben zusammen.
Es dauerte nicht einmal eine Viertelstunde.
Kiki erhob sich, schwebte zweimal auf und ab und stellte fest, daß sie voll beisammen war. „Danke, Pieposwitha!“ jubelte sie. „Danke, Hans-Heinpiepich! Danke, Amalia!“ Der letzte Dank galt der Spinne, die an ihrem Faden wieder nach oben kletterte und in einer Deckenspalte verschwand.
Mehr beobachteten die Pollinger-Kinder nicht. Todmüde legten sie sich zur Ruhe und schliefen achtundvierzig Stunden lang wie Murmeltiere zur Winterszeit.
Als sie ausgeschlafen hatten, bedankte sich Kiki sehr und erzählte ihnen, was auf dem Moor draußen geschehen war. Sie wußte es von den Wachgespenstern, die den Sumpf Tag und Nacht im Guckloch behielten.
Hauptperson in diesem Bericht war Fitzliputz.
Der Irrwisch hatte beim Auftauchen die Knüppel-, Ast- und Rindenbrücken gesehen und sofort erkannt, was los war. Da ihm tagsüber jedoch die nötige Hitze fehlte, weil er unter den Strahlen der Sonne nur ein blasses Flämmchen war, wartete er die Nacht ab.
Dreieinhalb Stunden nach Sonnenuntergang heizte er sich bis zur Weißglut auf, dann schoß er abermals nach oben. Dicke Wolken verdeckten Mond und Sterne. Das war für Fitzliputz besonders günstig.
Kichernd hüpfte er über die Knüppel-, Ast- und Rindenbrücken und setzte sie in Brand. Eine flammende Straße loderte hinter ihm her, von der Mitte des Moores bis zum Ufer.
In ohnmächtigem Zorn sahen die Wachgespenster
zu.
Im Schutze der Sumpfgase stieß Fitzliputz dann auch noch einen Stecken in eine kleine Insel am Uferrand und spießte ein großes Teichrosenblatt daran. Auf das Blatt schrieb er in leuchtender Geisterschrift:
„Halunke!“ schimpften die Wachgespenster am Höhleneingang.
Fitzliputz drehte ihnen eine lange Nase, hüpfte auf den brennenden Brücken zu den Blubberblasen in der Mitte des Sumpfes zurück, kicherte meckernd und verschwand in der Tiefe.
Das Abenteuer in der Plastiktüte
„Was nun?“ fragte das Obergespenst, als Kiki geendet hatte.
„Wir machen weiter“, sagte Roswitha.
Hans-Heinrich nickte. „Klar, wir fangen noch einmal an.“
„Danke“, murmelte das Obergespenst, „vielen Dank.“ Dann wandte es sich an Kiki: „Du hast leichtsinnig gehandelt, als du zu den Sumpfblasen flogst! Das Puzzle-Zusammensetzen hat unnötig viel Zeit gekostet, und Fitzliputz ist aufgescheucht. Denk in Zukunft gefälligst nach, ehe du losplatzt!“
Kiki versprach es.
„Gut, ich will es glauben“, sagte das Obergespenst freundlicher. „Und nun laßt uns die Zeit nutzen. Kommt alle zum zweiten Blablaa.“
Unter Blablaa verstanden die Geister eine besonders wichtige Beratung, bei der sehr viel geredet wurde.
Wieder versammelten sich fünfzehn Gespenstermänner, vierzehn Gespensterfrauen, acht Gespensterknaben und neun Gespenstermädchen in der Gespensterschule. Sie berieten bis in den nächsten Vormittag hinein.
Die meisten Geister sprachen sich dafür aus, daß die Pollinger-Kinder neue Brücken in den Sumpf bauen, die Flatterkiste des Fitzliputz angeln und mit ihr im Achselsprung an Land zurückkehren sollten. Geschehen sollte alles zwischen elf und dreizehn Uhr, wenn der Irrwisch seinen Mittagsschlaf hielt.
Einige Gespenster widersprachen. Zwei Stunden seien für den
Weitere Kostenlose Bücher