Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster
weiter sie ins Moor vordrangen, desto öfter kehrten sie ans Ufer zurück, um neues Brückenmaterial nachzuholen. Dabei mußten sie achtgeben, daß sie die Springblasen unter ihren Achseln nicht zerdrückten.
Das war nicht leicht, und bald lief ihnen der Schweiß in Strömen vom Gesicht.
In sicherer Entfernung sahen die Gespenster aus weitgeöffneten Gucklöchern zu.
Am meisten regte sich die kleine Kiki auf. „Wenn sie es doch schon geschafft hätten!“ flüsterte sie immer wieder vor sich hin. Dazu zitterte sie wie Wackelpudding auf einem schaukelnden Servierwagen.
„Benimm dich!“ tadelte das Obergespenst.
Kiki versuchte sich zu benehmen und zitterte weiter.
Je mehr sich die Pollinger-Kinder der Stelle näherten, aus der die meisten Sumpfblasen quollen, desto öfter mußten sie Brücken über tückische Tiefen legen. Und jeder Tritt wurde zur Gefahr.
„Sie... sie schaffen es tatsächlich“, stotterte das Obergespenst, als Hans-Heinrich und Roswitha ganz dicht an die brodelnden Sumpfblasen herangekommen waren.
„Uff!“ stöhnte Kiki.
Und da geschah es.
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel stieß ein Raubvogel auf eine Ringelnatter nieder, die sich dicht vor Hans-Heinrich über den Morast schlängelte.
Hans-Heinrich erschrak, verlor das Gleichgewicht und schlug die Arme gegen den Körper.
Pfft! Pfifft!!
Die Blasen unter seinen Achseln zerplatzten, und er wurde hochgeschleudert. Vor Schreck vergaß er das Rudern mit Armen und Beinen. Gut fünf Meter flog er in die Höhe, dann platschte er ins Moor zurück.
„Hilfe!“ kreischte Roswitha. „Er ertrinkt!“ Und weil sie dazu aufgeregt mit den Armen fuchtelte, verlor auch sie das Gleichgewicht und fiel in die schwarzbraune Brühe. Zu allem Unglück schwammen ihr die Kiki-Blasen unter den Achseln weg, blubberten durch das Moorwasser, stiegen auf und zerplatzten.
„Ich komme!“ rief Kiki und flitzte los.
Da stockte selbst den abgebrühtesten Gespenstern der Atem.
„Halt!“ schrie das Obergespenst.
Zu spät!
Im Sturzflug raste Kiki auf die Sumpfblasen zu, unter denen die Pollinger-Kinder verschwunden waren.
Apiepme Kiki“, murmelte das Obergespenst und schloß die Gucklöcher, um das Schreckliche nicht sehen zu müssen.
Um so deutlicher sahen die anderen Geister, was nun geschah. Es ging Schlag auf Schlag.
Über und über verschlammt tauchten die Pollinger-Kinder auf. Anscheinend waren sie knapp unter der morastigen Oberfläche auf festen Grund gestoßen.
„Hiilfeee!!!“
Diesmal rief Kiki. Ihr Schrei drang durch Mark und Bein.
Kiki war in die gefährlichen Sumpfgase geraten und zerfiel in winzige Nebeltröpfchen. Ihr zweiter Hilferuf erstickte im Blubbern der Blasen.
„Mensch Meier!“ murmelte Hans-Heinrich. Dann schimpfte er: „Spinnst du?!“, denn Roswitha riß ihm die Jacke herunter.
Platsch!
Blubb-blubb-blubb-blubb.
Sumpfwasser spritzte auf und gurgelte.
Roswitha hatte Hans-Heinrichs Jacke auf die zerfallene Kiki geworfen, bevor der Wind die Nebeltröpfchen verwehen konnte. Ebenso schnell raffte sie die Jacke zu einem Bündel zusammen. Die zerlegte Kiki steckte darin wie in einer Tüte.
„Kommt schnell, kommt schnell!“ riefen die Geister vom Ufer herüber.
Das Obergespenst machte die Gucklöcher wieder auf und schnaufte erleichtert.
So rasch sie konnten, balancierten die Pollinger-Kinder über ihre Knüppel-, Ast- und Rindenbrücken aus dem Sumpf hinaus. Roswitha drückte das Bündel mit Kiki fest an sich.
Hinter ihnen quollen die Blubberblasen immer stärker aus dem Morast.
„Tempo!“ riefen die Gespenster am Ufer. „Beeilt euch! Fitzliputz ist aufgewacht! Macht schnell, macht schnell!“
Die ängstlichsten Geister bliesen sich zu Weihnachtsmännern und Osterhasen auf.
Da sprangen Roswitha und Hans-Heinrich auch schon an Land.
Das Obergespenst befahl den beiden kräftigsten Geistern: „Schafft sie in die Höhle!“
Die Gespenster-Athleten schlangen ihre unteren Enden um die Pollinger-Kinder und flogen mit ihnen und der eingepackten Kiki in die Geisterhöhle hinein. Das Obergespenst und die anderen Geister flatterten hinterher.
Kurz darauf begann für Hans-Heinrich und Roswitha die anstrengendste Geduldsarbeit, die man sich denken kann.
Nachdem sie sich notdürftig vom Schlamm gesäubert hatten, setzten sie die zerfallene Kiki wieder zusammen. Das konnten nur sie allein, denn die Gespenster hatten ja keine Finger zum Zugreifen.
Mit ihren Körpern dichteten die Geister den Zugang zur Höhle ab, damit
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