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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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reißenden grauen Fluten stürzen. Die Angreifer schwärmten aus, setzten die Brücke instand, und als die Sonne unterging, marschierten sie in Rom ein.
    Als ein Schatten über das Land zog, versank auch ich im Dunkel. Die Krankheit nahm ihren natürlichen Verlauf, aber ich war entsetzlich geschwächt. Ich aß und trank, wenn man mich dazu aufrichtete, doch meistens schlief ich. Manchmal vernahm ich im Halbschlaf Unterhaltungen.
    »Es wird nicht besser«, ertönte die Stimme des griechischen Arztes. »Der Kaiser muss informiert werden.«
    »Wir können nicht wagen, ihn abzulenken. Wenn Konstantin eine Niederlage erleidet, ist unser Leben keinen Denar mehr wert. Maxentius wird uns so behandeln, wie Maximian die Frau und die Tochter von Galerius.« Das war Vitellia. Sie klang, als hätte sie geweint. Ich wollte ihr sagen, Konstantin habe gesiegt, doch mein Körper gehorchte mir nicht.
    »Selbst wenn wir jetzt eine Botschaft schicken, könnte mein Herr nicht rechtzeitig hier eintreffen«, sagte Fausta. Sie war Maxentius' Schwester und hoffte vielleicht, davonzukommen, falls er den Sieg davontrug und ihr nicht die Schuld für den Tod ihres Vaters gab. Die früheren Kaiser hatten nicht gezögert, die eigene Verwandtschaft umzubringen. Warum sollte ich wieder ins Leben zurückkehren wollen, in eine Welt, in der solche Dinge möglich waren?
    Am nächsten Morgen aber war ein Bote gekommen und bestätigte meine Vision. Im allgemeinen Freudentaumel schlüpfte Crispus in mein Zimmer, und als er mich umarmte, vor Freude über die Neuigkeiten lachte und zugleich weinte, da ich so dünn und blass war, spürte ich, wie ein Kraftstoß von seinem jungen, starken Körper auf meinen übersprang. Da wusste ich, dass die Götter mich an diesem Samhain am Ende doch noch nicht zu sich nähmen.

    Nach den Saturnalien kehrte Konstantin nach Treveri zurück. Bis dahin war ich wieder zu Kräften gekommen, und nur vorübergehende Kurzatmigkeit erinnerte mich daran, wie sehr ich um Atem gerungen hatte, meine Haare aber, die bisher nur ein paar graue Strähnen aufwiesen, waren im Verlauf meiner Krankheit weiß geworden. Ich vertraute darauf, dass ihn diese Veränderung von allen anderen ablenken würde, denn ich hatte allen untersagt, ihm zu erzählen, wie nahe ich dem Tode gewesen war.
    Ich beschloss, ihn in meinem Wohnzimmer zu empfangen, in dem das von den rot gestrichenen Wänden reflektierte Licht mir ein gesünderes Aussehen verlieh. Trotzdem war ich froh, dass ich saß, als er zu mir kam, denn die Aura der Macht, die er ausstrahlte, war wie ein Hitzeschwall, der von einer Feuersbrunst ausgeht.
    »Heil dir, Sol Invictus! Du bist jetzt tatsächlich die Sonne in all ihrer Pracht!«
    Ich hob eine Hand zum Gruß, oder vielleicht auch, um ihn abzuwehren, denn in jenem Augenblick war er ein Riese, der alles andere im Raum zu Zwergen werden ließ. Als ich später die Statue sah, die er in Rom in Auftrag gegeben hatte, deren Kopf allein die Größe eines ausgewachsenen Mannes hatte, erkannte ich, dass der Bildhauer ebenso wie ich etwas Übermenschliches empfunden haben musste.
    Konstantin lächelte, neigte sich zu mir herab, um mir einen Kuss zu geben, und begann dann, im Raum auf und ab zu schreiten, als ließe ihn die Macht, die ihn erfüllte, nicht stillsitzen. Zu meiner äußeren Erscheinung gab er keinen Kommentar ab; vielleicht war er noch zu sehr in seinen Visionen gefangen, um die Außenwelt überhaupt wahrzunehmen.
    »O Mutter, ich wünschte, du wärst dabei gewesen, denn an dem Tag war der Gott des Lichts ganz gewiss bei mir!« Er ging noch einmal durch den Raum und kam dann wieder zu mir.
    »Ich habe gehört, es hat viele Zeichen und Wunder gegeben. Was ist geschehen, Konstantin? Was hast du gesehen?«
    »O ja, jetzt behaupten alle, mein Sieg sei vorhergesagt worden, aber seinerzeit sagten die Propheten auf beiden Seiten voraus, dass ihre Partei gewinnen würde. Die sibyllinischen Bücher wahrsagten, dass am Tag der Schlacht ein Feind Roms umkäme, und natürlich behauptete Maxentius, dass ich es sein müsse, und die Astrologen munkelten dunkel von einer Konjunktion von Mars, Saturn, Jupiter und Venus im Steinbock. Aber ich bin das Kind der Prophezeiung, und ich wusste mir sogar meine Feinde zu Dienern zu machen!«
    Ich schaute verwundert zu ihm auf. Konstantin war schon immer selbstbewusst gewesen, doch jetzt sprach er mit der Inbrunst eines Priesters in Trance.
    »Maxentius hatte sich zum Tyrannen entwickelt, und Rom musste mich

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