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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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einfachen Gerichte.
    Lachend führte Crispus die anderen auf die Terrasse, und ich richtete mich auf. Als ich sah, wie die Hunde ihm um die Füße scharwenzelten, musste ich lächeln. Je älter er wurde, umso mehr ähnelte er seinem Großvater Konstantius - mit dem einen Unterschied, dass Crispus den Teint seiner Mutter geerbt hatte, während mein hellhäutiger Geliebter sich bei jedem Sonnenstrahl die Haut verbrannt hatte. Die Sonne, die Crispus' Haar ausbleichte, verlieh seiner Haut einen noch intensiveren Goldton. Bis auf das Handtuch, das er sich über eine Schulter gelegt hatte, war er nackt wie eine griechische Statue, und mit dem Spiel der Muskeln wirkte er schön wie ein junger Gott. Aber er ist doch nur ein Junge , sagte ich mir und kreuzte verstohlen meine Finger zum Zeichen gegen das Übel, da mich die irrationale Angst befiel, eine der Gottheiten könnte meine Gedanken hören und sich darüber ärgern.
    Ich bin schon zu lange bei den Römern , dachte ich, denn die Götter meines Volkes neigten weder zur Lust auf Sterbliche noch zu Eifersucht. Trotzdem näherte sich Crispus dem Alter, das in diesen südlichen Ländern als Gipfel der Herrlichkeit galt. Fausta beobachtete ihn ebenso wohlwollend wie ich, und ich musste plötzlich ein Schaudern unterdrücken.
    » Avia! Avia! Gaius sagt, der See auf der anderen Seite des Berges sei die Stelle, an der Aeneas in die Unterwelt hinabstieg. Komm, wir machen einen Ausflug und sehen es uns an. Wir können etwas zu essen mitnehmen, am Ufer rasten und Texte aus der Aeneis lesen. Das ist lehrreich.«
    »Wer soll sie lesen?«, fragte Fausta lachend. »Nicht Lactantius!« Sie versuchte sich aufzurichten, doch die Schwellung ihres Leibes hinderte sie daran, und sie streckte eine Hand aus, damit ihre Magd ihr half.
    Ich lächelte. Der berühmte Rhetoriker war im Alter ein eifernder Christ geworden. Konstantin hatte ihn vor kurzem geschickt, damit er Crispus unterrichtete. Der Kaiser hatte deutlich gemacht, Christus sei nun sein Schutzgott, und wer an seinem Hof aufsteigen wollte, hatte feststellen müssen, dass es opportun war, Christ zu werden. Bisher hatte Konstantin nicht darauf bestanden, dass seine Familie sich formal zum Christentum bekannte, obwohl man von uns erwartete, an den Teilen der Gottesdienste teilzunehmen, die Ungeweihten offen standen. Vitellia fehlte mir. Sie war nach Londinium zurückgekehrt, um dort ihrem Neffen zu Ehren die Kirche wieder aufzubauen.
    »Sei dir da nicht so sicher!«, erwiderte Crispus. »Lactantius ist ein großer Verehrer von Vergil und sagt, er sei einer der tugendhaften Heiden, die das Erscheinen unseres Herrn vorausgesagt haben.«
    »Dann wird er vermutlich nichts gegen den Ausflug einzuwenden haben«, schaltete ich mich ein. »Sehr schön. Dann wollen wir uns vornehmen, morgen in aller Frühe aufzubrechen, damit wir noch vor der Mittagshitze dort eintreffen.«

    Ich war dann doch überrascht, als Lactantius nicht nur keine Einwände erhob, sondern sich uns sogar anschließen wollte, eine Papyrusrolle der Aeneis fest in der Hand. Fausta blieb im Palast, um zu ruhen, doch der alte Mann und ich ließen uns in Sänften tragen, während die Jungen auf kleinen, flinken Eseln aus dem nahe gelegenen Dorf über den gewundenen Pfad ritten. Ein Karren mit allem, was zu einer Mahlzeit im Freien gehört, bildete die Nachhut.
    Sogar im Norden Italiens hatte ich Ausblicke gefunden, die mich an meine Heimat erinnerten, doch hier war ich in einem anderen Land, wo die erhitzte Luft nach Wermut roch und nach den Blumen duftete, die auf der fruchtbaren Vulkanerde in verschwenderischer Fülle gediehen. Als wir auf dem Gipfel des Berges über Baiae anlangten, ließ ich anhalten, um den Trägern und Tieren eine Rast zu gönnen. Ich warf einen Blick über das strahlend blaue Wasser in der Bucht vor Neapolis zum vollkommenen Kegel des Vesuvius. An diesem Tag stieg kein Rauch aus seinem Gipfel auf, obwohl die Hänge des Vulcanusforums, eine halbe Tagesreise entfernt, Dämpfe verschiedenster übler Geruchsarten ausstießen. Diese Stelle trug den Namen »Feuerfelder«, und ich spürte die Erdfeuer unter der Oberfläche, eine ständige Mahnung, dass nichts ewig ist, selbst nicht der feste Grund unter unseren Füßen.
    Dann stiegen wir den holprigen Pfad zum runden blauen Spiegel unter uns hinab. Die weißen Säulen der Heilbäder, die von den ersten Kaisern am Ufer errichtet worden waren, leuchteten in der Sommersonne, doch wir hielten in einem schattigen Hain

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