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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Vater einmal alles andere als vollkommen war. In den vergangenen Jahren hatte Konstantin einen ausgeprägten Sinn für Größe entwickelt, und Crispus würde es nicht schaden, wenn er sah, dass sein Vater auch menschliche Züge besaß.
    Was mir Sorgen bereitete, waren die ständigen politischen Unruhen, während Konstantin mit seinen Konkurrenten um die Macht stritt. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass er schließlich triumphieren würde, denn war er nicht das Kind der Prophezeiung? Dennoch wartete ich voller Unruhe auf die Briefe von meinem Sohn. Konstantin, der in seiner Mutter die engste Vertraute gefunden hatte, schrieb mir oft.
    Als Crispus von meinem Schoß sprang, um noch ein wenig mit den Hunden zu spielen, nahm ich den letzten Brief hervor, den Konstantin mir aus der Nähe von Massilia geschickt hatte. Nach der Hochzeit hatte Maximian mit seinem Sohn Maxentius gestritten und war eine Zeit lang bei uns untergeschlüpft. Galerius, dem es nicht gelungen war, die Lage mit Gewalt zu korrigieren, hatte einen weiteren Vertrag abgeschlossen und anstelle von Severus, den Maxentius hatte hinrichten lassen, einen Mann namens Licinius eingesetzt.
    Jetzt hatte Maximian, der meiner Meinung nach erste Anzeichen von Senilität zeigte, den Staatsschatz an sich genommen und sich in Massilia verschanzt, nachdem er zunächst einen Brief an Fausta geschrieben hatte, in dem er verkündete, er werde bald wieder der einzige Herrscher des Weströmischen Reiches sein.
    Konstantin inspizierte damals gerade die Truppen am Rhenus, und Fausta, die ihn anbetete, hatte ihm umgehend geschrieben und ihn über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt. Inzwischen kämpfte Konstantin wahrscheinlich gegen seinen Schwiegervater. Seit diesem Brief, den Konstantin im Apollontempel in Grannum verfasst hatte, wo er drei Tage zuvor übernachtet hatte, hatten wir kein Wort mehr gehört.
    » Grannum lag am Weg, und deshalb nahm ich die Gelegenheit wahr, dort im Heiligtum zu übernachten. Und Apollon hat mir einen Traum geschickt. Er kam persönlich zu mir in Begleitung von Victoria und bot mir vier Lorbeerkränze an. Mag sein, dass du dieses Vorzeichen besser deuten kannst als ich, aber ich glaube, dass jeder Kranz eine Zeitspanne von mehreren Jahren darstellt, in denen ich herrschen werde. Die Allmächtige Sonne hat unsere Familie schon immer begünstigt, und daher nehme ich Apollons Schutz in Anspruch. Wenn Apollon mir im bevorstehenden Konflikt zum Sieg verhilft, werde ich auf die nächste Münze, die ich in seinem Namen herausgebe, die Inschrift ›soli invicto commiti‹ prägen lassen. Bete für mich, Mutter, dass mein Traum wahr wird und ich tatsächlich den Sieg erringe… «
    Ein Geräusch, ähnlich dem fernen Rauschen von Bäumen im Sturm, ließ mich aufhorchen, doch es war windstill - das Geräusch kam aus der Stadt. Die zum Palast gehörenden Gärten waren weitläufig. Wenn ich Lärm von der Straße jenseits unserer Tore hörte, wo sich der neue Gerichtshof über den Bäumen erhob, musste es sehr laut sein. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, als ich aufstand, doch ich legte Konstantins Brief sorgfältig zusammen und schob ihn in den Ausschnitt meines Gewandes, das sich über dem Taillenbund aufbauschte.
    Crispus und die Hunde jagten noch durch den Garten. Wenn es gute Nachrichten waren, konnte ich es abwarten, waren sie schlecht, hatte es keine Eile mit der Betrübnis.
    Doch kein staubbedeckter Militärbote, sondern Fausta kam wie von Furien gejagt aus dem Palast gerannt. Mein Magen verkrampfte sich noch mehr, als ich ihr verzerrtes Gesicht und die tränenüberströmten Wangen sah.
    »Mater! Mater! Er hat sich umgebracht, und es ist meine Schuld!«
    Sogleich ließ mein Schreck nach. Mein Sohn glaubte zu sehr an seine Bestimmung, als dass er sich das Leben genommen hätte, was auch geschehen mochte. Ich nahm das Mädchen in den Arm und hielt es fest, bis sein Schluchzen nachließ.
    »Wer, Fausta? Was ist passiert?«
    »Mein Vater…«, jammerte sie. »Sie haben ihn in Massilia gefangen genommen, und jetzt ist er tot, und alles nur, weil ich Konstantin mitgeteilt habe, was er mir geschrieben hatte!«
    »Du warst deinem Gemahl gegenüber verpflichtet, und das weißt du auch«, murmelte ich und strich ihr übers Haar. »Konstantin hätte es ohnehin bald herausbekommen, und am Ende wäre es auf dasselbe hinausgelaufen.« Der Selbstmord kam sehr gelegen, dachte ich bei mir, und fragte mich, ob man nachgeholfen hatte, damit Maximian sein Verbrechen

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