Die Priesterin von Avalon
Konstantin aufgebracht. »Ich habe dieses Konzil einberufen, damit die Bischöfe ihre Differenzen beilegen.«
»Ja, Augustus«, sagte Bischof Ossius und lief rot an, »aber diese Angelegenheiten sind ebenso heikel wie wichtig. Eine einzige Silbe kann den Unterschied zwischen Rettung und Verdammnis ausmachen. Wir müssen sorgsam vorgehen.«
Bischof Eusebius aus Cäsarea, der ihn begleitete, um über die Erwägungen zu berichten, runzelte die Stirn. Die Heiden im Raum waren verwirrt, und mein alter Lehrer Sopater, der ein bekannter Rhetoriklehrer geworden war und Konstantins Hofstaat angehörte, unterdrückte ein Lächeln. Die zweitausend Bischöfe, die Anfang Mai zum Konzil nach Nicäa gekommen waren, disputierten über die Natur der Beziehung Gottes zu seinem Sohn.
Meine Hüftknochen schmerzten, und ich versuchte, die Haltung auf meinem Elfenbeinstuhl unauffällig zu verändern. Als ich den Audienzsaal des Kaisers im Palast zu Nicomedia zum ersten Mal gesehen hatte, war ich von seiner Pracht überwältigt gewesen. Doch das war vor über fünfzig Jahren. Nun, da ich mich an Konstantins Ideen über einen dem Kaiser angemessenen Staat gewöhnt hatte, wirkte Aurelians Thronraum klassisch und schlicht. Allein der Schmuck der Menschen zeugte vom Geschmack des konstantinischen Zeitalters.
Während Aurelian der lebhafte Purpur seiner Toga als Kaiser ausgewiesen und er sich mit einem einfachen kurulischen Stuhl begnügt hatte, stand Konstantins vergoldeter Thron auf einem Podium, und seine mit kostbaren Juwelen verzierten Gewänder aus Gold über dem Purpur stellten diesen noch in den Schatten. Und während Aurelian allein den Vorsitz gehabt hatte, war Konstantin flankiert von seinen beiden Kaiserinnen, denn er hatte sowohl mir als auch Fausta im Jahr zuvor den Titel Augusta verliehen, als er Licinius endgültig besiegt hatte.
Ich saß zur Rechten des Kaisers, strahlend in Amethysten und silbernem Stoff; zu seiner Linken glitzerte Fausta in Smaragdgrün und Bronze. Gefangen in den schweren Gewändern, wirkten wir wie die Ebenbilder von Jupiter, Juno und Minerva im Tempel zu Rom, obwohl ich es Konstantin gegenüber wohlweislich nicht erwähnte.
»Begreifen sie denn nicht, dass die Einheit der Kirche wichtig für die Einheit des Imperiums ist?«, rief er.
Es half nicht, darauf hinzuweisen, dass das Imperium mehr als zwei Jahrhunderte Blütezeit erlebt hatte, in denen mannigfache Kulte und Religionen toleriert worden waren. Die Bischöfe, die zum Konzil gekommen waren, repräsentierten die Menschen, die sich lieber erschlagen ließen, als eine Hand voll Weihrauch auf ein Altarfeuer zu werfen. Ich fragte mich zuweilen, ob sie sich inzwischen so sehr an Verfolgung gewöhnt hatten, dass sie sich jetzt, da sie zu den Lieblingen des Kaisers gehörten, gegenseitig angreifen mussten.
Auch nach ein paar Jahren christlicher Unterweisung fand ich es ebenso schwer wie Konstantin, die feinen Unterscheidungen zu verstehen, um die sich die Bischöfe stritten. Wichtig sollte sein, was Jesus gesagt hatte, und nicht, ob er ein Gott oder ein Mensch war.
»In der Tat«, widersprach Ossius schwitzend, »aber wenn das Imperium nicht auf Wahrheit gegründet ist, wird es stürzen. Wenn Sohn und Vater nicht ein und derselbe, nämlich Gott sind, dann sind wir nicht besser als die Polytheisten.«
»Wir sind nicht besser als Dummköpfe, wenn wir die Logik leugnen!«, rief Eusebius, und eine leichte Röte belebte seine intellektuellen, gelassenen Gesichtszüge. Die hohe Stirn ging in seine Tonsur über, und er trug den langen Bart eines Philosophen. »Wenn der Vater den Sohn gezeugt hat, dann muss es eine Zeit gegeben haben, in welcher der Sohn nicht existiert hat.«
»Aber sie waren wesensgleich!«, erwiderte Ossius. » homoousios «, fügte er den griechischen Ausdruck hinzu, »Licht vom Lichte, wahrer Gott von wahrem Gotte!«
»Können wir nicht sagen homoiousios? Oder wesensähnlich?«, schlug Eusebius in seiner Verzweiflung vor. Er war bekannt für seine Schriften über die Geschichte der Kirche, ein Gelehrter, der besorgt um jede Bedeutungsnuance war.
Konstantin schüttelte den Kopf. » Consubstantialis - von gleichem Wesen, das hat uns in Rom gereicht. Sollen die Menschen es doch auslegen, wie sie wollen. Dann können wir uns Dingen widmen, die eher in unserer Macht liegen. Diese hochtrabenden Worte lenken uns von der Wirklichkeit ab, und wir werden nicht besser als die Philosophen, die über eine Sache nachgrübeln, ohne sie überhaupt
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