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Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)

Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)

Titel: Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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umkreiste und dann davonflatterte.
    Ganelon schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht.«
    »Wozu dem Pferd ins Maul schauen, das Euch geschenkt wird?« fragte ich. »Ihr habt es bisher nur geschafft, das Ding im Zaum zu halten.«
    »Das ist wahr«, erwiderte er. »Vielleicht könnte er es vernichten.«
    »Und vielleicht ist das Ganze nur ein Scherz«, wandte ich ein. »Ein grausamer Scherz.«
    Wieder schüttelte er den Kopf.
    »Nein. Das ist nicht sein Stil. Ich frage mich, worauf er es abgesehen hat?«
    »Schlaft drüber«, schlug ich vor.
    »Es bleibt mir im Augenblick wohl kaum etwas anderes übrig«, sagte er und unterdrückte ein Gähnen.
    Dann standen wir auf und schritten über die Mauer. Wir wünschten uns eine gute Nacht, und ich taumelte dem Abgrund des Schlafes entgegen und ließ mich kopfüber hineinfallen.

2
    Tag. Neue Schmerzen. Neue empfindliche Stellen.
    Jemand hatte mir einen ungebrauchten Mantel aus braunem Stoff dagelassen, und das schien mir eine gute Sache zu sein. Besonders wenn ich noch weiter zunahm und Ganelon sich an meine Farben erinnerte. Den Bart rasierte ich nicht ab, hatte er mich doch in einem etwas weniger struppigen Zustand gekannt. In seiner Gegenwart gab ich mir Mühe, meine Stimme zu verstellen. Grayswandir versteckte ich unter dem Bett.
    In der folgenden Woche trieb ich mich von einer Anstrengung zur nächsten. Ich quälte mich ab und schwitzte und hüpfte, bis die Schmerzen nachließen und meine Muskeln wieder fest wurden. Ich glaube, in dieser Woche nahm ich fünfzehn Pfund zu. Langsam, sehr langsam begann ich mich zu fühlen wie früher.
    Das Land hieß Lorraine – und so hieß auch sie. Wäre ich jetzt in der Stimmung, Sie etwas an der Nase herumzuführen, würde ich sagen, wir hätten uns auf einer Wiese hinter der Burg getroffen, während sie Blumen pflückte und ich an der frischen Luft einen Spaziergang machte. Blödsinn!
    Höflich ausgedrückt, konnte man sie wohl als Marketenderin bezeichnen. Ich begegnete ihr am Ende eines harten Tages, den ich vorwiegend mit Säbel und Netz verbracht hatte. Als mein Blick auf sie fiel, stand sie abseits und wartete auf den Mann, mit dem sie verabredet war. Sie lächelte, und ich lächelte zurück, nickte, blinzelte ihr zu und ging vorbei. Am nächsten Tag bekam ich sie wieder zu Gesicht, sagte »Hallo« und ging an ihr vorbei. Das ist alles.
    Nun, ich lief ihr immer mal wieder über den Weg. Am Ende der zweiten Woche, als die Schmerzen ausgestanden waren und ich gut hundertundsiebzig Pfund wog und mich wieder entsprechend zu fühlen begann, verabredete ich mich auf einen Abend mit ihr. Inzwischen war mir ihr Status natürlich bekannt, und ich hatte nichts dagegen. Aber an jenem Abend taten wir nicht das übliche. O nein. Statt dessen unterhielten wir uns, und später passierte etwas ganz anderes.
    Ihr Haar war rostfarben und wies schon einige graue Strähnen auf. Trotzdem schätzte ich sie auf unter Dreißig. Die Augen sehr blau. Ein etwas spitz zulaufendes Kinn. Saubere, gleichmäßige Zähne in einem Mund, der mich viel anlächelte. Ihre Stimme klang leicht nasal, sie trug das Haar zu lang, das Make-up lag zu dick über zu tiefen Spuren der Müdigkeit, ihre Haut war ein wenig zu sommersprossig, ihre Kleidung zu bunt und zu eng. Doch ich mochte sie. Als ich mich mit ihr verabredete, wußte ich noch nicht, daß sie mir gefallen würde; wie gesagt, ich hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt, ihr den Hof zu machen.
    Es gab keine andere Möglichkeit als mein Zimmer, und wir waren dorthin gegangen. Ich war inzwischen zum Captain ernannt worden und nutzte natürlich meine Stellung aus, indem ich uns das Essen und eine Extraflasche Wein servieren ließ.
    »Die Männer haben Angst vor dir«, sagte sie. »Sie sagen, du ermüdest niemals.«
    »Das tue ich aber«, erwiderte ich. »Glaub mir!«
    »Natürlich«, sagte sie, schüttelte die zu langen Locken und lächelte. »Trifft das nicht bei uns allen zu?«
    »Kann man wohl sagen«, erwiderte ich.
    »Wie alt bist du?«
    »Wie alt bist
du?«
    »Ein Gentleman stellt diese Frage nicht.«
    »Eine Dame aber auch nicht.«
    »Als du hier auftauchtest, hielt man dich für über fünfzig.«
    »Und ...?«
    »Jetzt ist man sich nicht mehr sicher. Fünfundvierzig? Vierzig?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Das hatte ich auch nicht angenommen. Aber dein Bart hat alle getäuscht.«
    »Das haben Bärte oft so an sich.«
    »Du siehst mit jedem Tag besser aus. Größer ...«
    »Danke. Ich fühle mich

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