Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
fesselten ihn auf seinen eigenen Altar und verhörten ihn an Ort und Stelle. Er sagte uns, der Kreis würde sich ausdehnen, bis er das ganze Land bedecke, von Ozean zu Ozean. Eines Tages würde er sich auf der anderen Seite der Welt begegnen und schließen. Wenn wir unsere Haut retten wollten, müßten wir uns ihnen anschließen. Daraufhin verlor einer meiner Männer die Beherrschung und stach zu, und das Wesen starb. Er starb wirklich; ich weiß, wenn ein Mensch tot ist, habe ich diesen Zustand doch oft genug selbst herbeigeführt. Doch als sein Blut auf den Altarstein tropfte, öffnete sich sein Mund und das lauteste Lachen ertönte, das ich je gehört habe. Es umgab uns wie Donnergrollen. Dann richtete sich die Gestalt auf, ohne zu atmen, und begann zu brennen. Dabei veränderte sich die Gestalt, bis sie an die brennende Ziege auf dem Altar erinnerte, nur war sie größer. Im nächsten Augenblick sprach das Wesen zu uns. Es sagte: ›Flieh, Sterblicher! Aber du wirst den Kreis niemals verlassen!‹ Und das könnt Ihr mir glauben – wir sind tatsächlich geflohen. Der Himmel verdunkelte sich vor Fledermäusen und anderen – Wesen. Wir hörten Hufschlag. Wir ritten mit den Klingen in der Hand und töteten alles, was sich in unserer Nähe sehen ließ. Wir sahen Katzen, wie jene, die Ihr getötet habt, und Schlangen und hüpfende Gebilde – Gott allein weiß, was sich alles auf uns stürzte. Als wir uns dem Rand des Kreises näherten, entdeckte uns eine Patrouille König Uthers und kam uns zu Hilfe. Sechzehn von den fünfundfünfzig, die mit mir losgeritten waren, kamen mit dem Leben davon. Außerdem verlor auch die Patrouille etwa dreißig Mann. Als die Soldaten mich erkannnten, brachten sie mich sofort vor Gericht. Hierher. Dies war früher einmal Uthers Palast. Ich erzählte ihm, was ich getan und gesehen und gehört hatte. Er tat das gleiche wie Corwin. Er bot mir und meinen Männern die Begnadigung an, wenn ich mich mit ihm gegen die Wächter des Kreises verbündete. Angesichts der Dinge, die ich erlebt hatte, war mir klar, daß die Gefahr beseitigt werden mußte. Ich erklärte mich einverstanden. Doch zunächst wurde ich krank; man sagte mir, ich hätte drei Tage lang im Delirium gelegen. Nach meiner Genesung war ich schwach wie ein Kleinkind und erfuhr jetzt erst, daß die übrigen Männer, die mit mir im Kreis gewesen waren, eine ähnliche Krankheit durchmachten. Drei waren daran gestorben. Ich besuchte meine Leute, erzählte ihnen die Geschichte, und sie ließen sich anwerben. Die Patrouillen rings um den Kreis wurden verstärkt. Trotzdem konnten wir die weitere Ausdehnung nicht verhindern. In den folgenden Jahren wuchs der Kreis immer mehr. Zahlreiche Scharmützel wurden ausgefochten. Ich wurde befördert, bis ich als Uthers rechte Hand galt – eine Laufbahn, die ich schon unter Corwin durchgemacht hatte. Schließlich weiteten sich die Scharmützel aus. Immer größere Gruppen brachen aus dem Höllenloch hervor. Wir begannen Kämpfe zu verlieren. Der Gegner eroberte einige unserer Vorposten. Und eines Nachts stürmte eine Armee heran, eine Horde aus Menschen und anderen Wesen, die dort leben. In dieser Nacht bekämpften wir die größte Streitmacht, mit der wir es je zu tun gehabt hatten. Gegen meinen Rat ritt König Uther persönlich in die Schlacht – er war schon ziemlich alt – und fiel. Das Land war ohne Herrscher. Ich wollte Lancelot, meinen Ersten Mann, zum Regenten ernennen lassen, wußte ich doch, daß er viel ehrenwerter war als ich ... Doch jetzt kommt ein seltsamer Punkt. Ich hatte zuvor in Avalon einen Lancelot gekannt, einen Mann wie ihn – doch dieser Mann kannte mich nicht, als wir uns zum erstenmal sahen. Wirklich seltsam ... Jedenfalls lehnte er meinen Vorschlag ab, und der Titel fiel mir zu. Ich hasse diese Situation, aber so ist es nun mal. Seit über drei Jahren halte ich die unheimlichen Kräfte, so gut es geht, im Zaum. Alle meine Instinkte raten mir zur Flucht. Was schulde ich diesen Menschen? Was schert es mich, ob sich der verfluchte Kreis ausweitet oder nicht? Ich könnte über das Meer in ein Land fahren, welches der Kreis zu meinen Lebzeiten bestimmt nicht mehr erreicht, und die ganze Sache vergessen. Verdammt! Ich habe mir diese Verantwortung nicht gewünscht! Doch ich muß sie tragen!«
»Warum?« frage ich, und meine Stimme klang mir seltsam in den Ohren.
Er leerte schweigend seine Pfeife, füllte sie von neuem und zündete sie wieder an. Er begann zu rauchen. Das
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