Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
... Nichts hatte sich verändert. Weder fluchend noch lächelnd trat ich vor, wie sie es auch nicht anders erwartet hatte.
Doch auch Julian näherte sich, und sogar ein wenig schneller als ich. Er war ihr näher gewesen und hatte es vielleicht einen Sekundenbruchteil eher gesehen.
Er hob das Gebilde auf und ließ es langsam hin und her pendeln.
»Dein Armband, Schwester«, sagte er freundlich. »Es scheint deinem Arm entsagt zu haben, das dumme Ding. Hier – gestatte bitte.«
Sie streckte ihm die Hand entgegen und bedachte ihn zugleich mit einem Blick unter gesenkten Lidern und einem entsprechenden Lächeln, während er die Smaragdkette wieder schloß. Als er fertig war, ließ er ihre Hand zwischen seinen beiden Händen verschwinden und wandte sich seiner Ecke zu.
»Ich glaube, du hättest Spaß an dem netten Witz, den wir gerade erzählen wollten«, begann er.
Ihr Lächeln wurde womöglich noch breiter, als sie ihre Hand löste. »Danke, Julian«, erwiderte sie, machte kehrt und nahm meinen Arm. »Ich glaube, mir steht der Sinn im Augenblick mehr nach einem Glas Wein.«
Ich nahm sie mit und sorgte dafür, daß sie die gewünschte Erfrischung bekam. Fünf gegen vier.
Julian, der etwas dagegen hat, starke Gefühle an den Tag zu legen, kam gleich darauf zu einem Entschluß und folgte uns in unsere Ecke. Er schenkte sich ein Glas Wein ein, trank, musterte mich einige Sekunden lang und sagte schließlich: »Ich glaube, wir sind jetzt alle da. Wann gedenkst du anzufangen mit dem, weswegen du uns hergeholt hast?«
»Ich sehe keinen Grund für eine weitere Verzögerung«, sagte ich, »nachdem nun jeder hier seinen Auftritt gehabt hat.« Ich hob meine Stimme und sprach die Gruppe auf der anderen Seite an. »Es ist soweit. Machen wir es uns bequem.«
Die anderen wanderten herüber. Stühle wurden herangezogen; man setzte sich. Frischer Wein wurde eingeschenkt. Gleich darauf hatten wir ein Publikum.
»Vielen Dank«, sagte ich, als man ganz zur Ruhe gekommen war. »Mir liegen heute abend etliche Dinge am Herzen, von denen einige vielleicht sogar tatsächlich zur Sprache kommen. Der Verlauf des Abends wird natürlich vom ersten Schritt abhängen, und den werden wir sofort tun. Random, berichte, was du mir gestern erzählt hast.«
»Schön.«
Ich zog mich auf den Stuhl hinter dem Tisch zurück, und Random setzte sich auf die Kante des seinen. Ich machte es mir bequem und hörte noch einmal die Geschichte seiner Kontaktaufnahme mit Brand und seines Rettungsversuchs. Es war eine gekürzte Version ohne Mutmaßungen, die mich eigentlich seit dem Augenblick nicht wieder losgelassen hatten, seit Random sie mir eingepflanzt hatte. Doch trotz der Auslassung bekamen die anderen die möglichen Weiterungen durchaus mit, das wußte ich. Dies war der Hauptgrund, weshalb ich Random sofort das Wort ergreifen ließ. Hätte ich nur den Versuch unternommen, meinen Verdacht vorzutragen und zu untermauern, wäre man zweifellos der Ansicht gewesen, ich huldigte dem überlieferten Brauch, die Aufmerksamkeit von mir selbst abzulenken – eine Überlegung, die sofort dazu führen mußte, daß sich die Aufnahmebereitschaft mir gegenüber auf Null senkte. Auf diese Weise jedoch mochten die anderen zwar der Meinung sein, Random würde nur die Dinge sagen, die ich ihn sagen lassen wollte, aber sie würden ihn bis zum Ende anhören und sich die ganze Zeit fragen, was das alles sollte. Sie würden sich mit den vorgetragenen Ideen befassen und zu erkennen versuchen, weshalb ich die Konferenz einberufen hatte. Sie würden sich soviel Zeit nehmen, daß die Theorien Wurzeln schlagen konnten, vorbehaltlich eines späteren Beweises. Und sie würde sich fragen, ob wir diese Beweise vorlegen konnten. Dieselbe Frage stellte ich mir auch.
Während ich wartete und mir Gedanken machte, beobachtete ich die anderen. Mehr noch als mein Mißtrauen erforderte es die schlichte Neugier, daß ich diese Gesichter nach Reaktionen und Hinweisen absuchte, soweit ich das vermochte – Gesichter, die ich besser kannte als alle anderen. Natürlich verrieten sie mir nichts. Vielleicht stimmte es tatsächlich, daß man sich einen Menschen nur beim ersten Zusammentreffen richtig ansieht und danach beim Wiedererkennen jeweils nur ein paar geistige Kürzel absolviert. Mein Gehirn ist faul genug, um dieser These ihren Wahrscheinlichkeitsgehalt zuzubilligen; es nutzt seine Fähigkeit der Abstraktion, um, wo immer möglich, Arbeit zu vermeiden. Diesmal zwang ich mich zum
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