Die Prinzen von Amber
befassen konnte. Interessant? In der Tat. Aber auch beunruhigend.
Ich vermochte Random über meinen Zustand zu täuschen«, fuhr ich fort. »Er nahm an, ich erstrebte den Thron, während ich mich zunächst nur darum bemühte, mein Gedächtnis wiederzufinden. Er erklärte sich einverstanden, mir bei der Rückkehr nach Amber zu helfen, und brachte mich auch tatsächlich zurück. Na ja, fast«, korrigierte ich mich. »Wir landeten in Rebma. Doch inzwischen hatte ich Random reinen Wein eingeschenkt, und er schlug vor, ich solle das Muster noch einmal abschreiten und mich auf diese Weise völlig wiederherstellen. Die Gelegenheit bot sich mir, und ich ergriff sie. Das Ergebnis war positiv, und ich nutzte die Macht des Musters, um mich nach Amber zu versetzen.«
Er lächelte. »In diesem Augenblick muß Random ein sehr unglücklicher Mensch gewesen sein«, bemerkte er.
»Jedenfalls ist er nicht gerade in Jubelrufe ausgebrochen«, sagte ich. »Er hatte Moires Urteil akzeptiert – er mußte eine Frau ihrer Wahl heiraten, ein blindes Mädchen namens Vialle, und mindestens ein Jahr lang bei ihr bleiben. Ich ließ ihn zurück und erfuhr später, daß er das Urteil erfüllt hatte. Deirdre war ebenfalls dort. Wir hatten sie unterwegs getroffen; sie war aus Amber geflohen, und wir suchten zu dritt in Rebma Schutz. Auch sie blieb dort.«
Ich leerte meinen Becher, und Benedict deutete mit einer Kopfbewegung auf die Flasche, die aber schon fast leer war. Er nahm eine neue aus seiner Truhe, und wir füllten unsere Becher. Ich trank einen großen Schluck. Dieser Wein war noch besser als der erste – vermutlich sein Privatvorrat.
»Im Palast«, fuhr ich fort, »schlug ich mich in die Bibliothek durch, wo ich mir ein Spiel Tarockkarten verschaffte. Dies war der Hauptgrund für meinen Vorstoß. Doch Eric überraschte mich gleich darauf, und wir kämpften in der Bibliothek. Ich verwundete ihn und hätte ihn wohl auch besiegen können, doch nun traf Verstärkung für ihn ein, und ich mußte fliehen. Ich setzte mich mit Bleys in Verbindung, der mich zu sich in die Schatten holte. Den Rest weißt du sicher von deinen Informanten. Daß Bleys und ich uns zusammentaten, Amber angriffen und die Schlacht verloren. Er stürzte vom Kolvir in die Tiefe. Ich warf ihm meine Karten zu, und er fing sie auf. Soweit ich gehört habe, wurde seine Leiche bis jetzt nicht gefunden. Doch es war ein tiefer Sturz – wenn ich auch annehme, daß in jenem Augenblick Flut herrschte. Ich weiß nicht, ob er an jenem Tag gestorben ist oder nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte Benedict.
»Ich wurde gefangengenommen, und Eric wurde gekrönt. Man zwang mich, der Krönung beizuwohnen, obwohl ich mich eigentlich nicht dazu bereitfinden wollte. Es gelang mir, mich zu krönen, bevor der Bastard – genealogisch gesprochen – das Ding wieder an sich nahm und es sich auf den Kopf setzte. Dann ließ er mich blenden und ins Verlies werfen.«
Benedict beugte sich vor und starrte mir ins Gesicht.
»Ja«, sagte er. »Ich habe davon gehört. Wie hat man es gemacht?«
»Mit glühenden Eisen«, sagte ich und zuckte unwillkürlich zusammen. Ich verspürte den Drang, meine Augen zu berühren. »Ich bin ohnmächtig geworden.«
»Sind die Augäpfel verletzt gewesen?«
»Ja«, sagte ich. »Ich glaube schon.«
»Und wie lange hat die Regeneration gedauert?«
»Es dauerte etwa vier Jahre, bis ich wieder verschwommene Umrisse sehen konnte«, sagte ich. »Und erst jetzt ist die Sehschärfe wieder normal. Alles in allem etwa fünf Jahre, würde ich sagen.«
Er lehnte sich zurück, seufzte und lächelte schwach.
»Gut», sagte er. »Du machst mir Hoffnung. Natürlich haben schon andere von uns Körperteile verloren und eine Regeneration erfahren – doch ich bin bisher noch nie so schlimm verstümmelt worden.« Er hob den Armstumpf.
»O ja«, sagte ich. »Eine eindrucksvolle Serie, die mich immer sehr interessiert hat. Allerlei Kleinigkeiten, sicher nur noch den Beteiligten und mir in Erinnerung: Fingerkuppen, Zehen, Ohrläppchen. Ich würde meinen, daß du wegen deines Arms hoffen darfst. Aber es wird seine Zeit dauern.
– Nur gut, daß du Rechts-
und
Linkshänder bist«, fügte ich
hinzu. Er lächelte unbehaglich und trank von seinem Wein.
Nein, er war noch nicht bereit, mir zu sagen, was ihm widerfahren war.
Auch ich griff wieder nach meinem Becher. Ich wollte ihm nichts von Dworkin sagen. Ich hatte Dworkin als eine Art Trumpf im Ärmel behalten wollen. Keiner von uns
Weitere Kostenlose Bücher