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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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hin, sondern sprach, als wäre er an einer Unterhaltung beteiligt. Zuerst dachte ich, er meinte mich, und fragte, was er gesagt habe. Doch er kümmerte sich nicht um mich. Jetzt kenne ich die Trümpfe und weiß, daß er mit einem von ihnen gesprochen haben muß. Wahrscheinlich mit Julian. Jedenfalls stieg er anschließend hastig von der Leiter, sagte mir, er müsse auf einen oder zwei Tage fort, und ging zum Haus. Doch gleich darauf blieb er stehen und kehrte zurück. Dann sagte er mir, daß er mich, falls Julian und Gérard auf Besuch kämen, als verwaiste Tochter eines getreuen Bediensteten vorstellen würde. Wenig später ritt er davon und nahm zwei reiterlose Pferde mit. Er hatte das Schwert angelegt.
    Er kehrte mitten in der Nacht zurück und hatte beide Brüder bei sich. Gérard war nur noch so eben bei Bewußtsein. Sein linkes Bein war gebrochen, und die gesamte linke Körperhälfte wies Prellungen auf. Julian war ebenfalls ziemlich mitgenommen, hatte aber nichts gebrochen. Die beiden sind fast einen Monat lang bei uns geblieben; sie haben sich schnell wieder erholt. Dann liehen sie sich zwei Pferde aus und verschwanden. Seither habe ich sie nicht wiedergesehen.«
    »Was haben sie über die Gründe ihrer Verwundungen gesagt?«
    »Nur, daß sie in einen Unfall verwickelt worden seien. Sie wollten mit mir nicht darüber sprechen.«
    »Wo? Wo ist das geschehen?«
    »Auf der schwarzen Straße. Ich habe sie mehrmals davon sprechen hören.«
    »Wo liegt die schwarze Straße?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Was haben sie darüber gesagt?«
    »Sie haben sie lauthals verflucht. Das war alles.«
    Ich blickte hinab und sah einen Rest Wein in der Flasche. Ich bückte mich, schenkte zwei letzte Gläser voll und reichte ihr eins.
    »Auf unser Wiedersehen«, sagte ich und lächelte.
    »... Auf das Wiedersehen«, wiederholte sie, und wir tranken.
    Sie begann unser Lager aufzuräumen, und ich half ihr. Plötzlich machte sich wieder das Gefühl bemerkbar, daß mir die Zeit zwischen den Fingern hindurchrinne.
    »Wie lange soll ich warten, bis ich mich mit dir in Verbindung setze?« fragte sie.
    »Drei Monate. Laß mir drei Monate Zeit.«
    »Wo wirst du dann sein?«
    »Hoffentlich in Amber.«
    »Wie lange bleibst du hier?«
    »Nicht sehr lange. Offen gesagt muß ich auf der Stelle einen kleinen Ausflug unternehmen. Bis morgen müßte ich zurück sein. Und dann bleibe ich wahrscheinlich nur noch ein paar Tage.«
    »Ich wünschte, du bliebest länger.«
    »Ich auch. Es würde mir sicher Spaß machen, wo ich dich jetzt kenne.«
    Sie errötete und schien sich ganz auf den Korb zu konzentrieren, den sie packte. Ich suchte unsere Fechtsachen zusammen.
    »Kehrst du jetzt zum Haus zurück?« fragte sie.
    »In die Ställe. Ich reite sofort los.« Sie nahm den Korb auf.
    »Dann gehen wir zusammen. Mein Pferd steht in dieser Richtung.«
    Ich nickte und folgte ihr zu einem Pfad, der sich rechts von uns entlangzog.
    »Wahrscheinlich wäre es das beste, wenn ich niemandem etwas sage, und schon gar nicht Großvater, nicht wahr?«
    »Das wäre ratsam.«
    Das Plätschern und Gurgeln des Flüßchens auf seinem Wege zum Meer verhallte, nur noch das Quietschen des Mühlrads, welches die Wasserfläche zerteilte, war eine Zeitlang zu hören.
     

6
    Meistens ist das gleichmäßige Vorankommen wichtiger als Geschwindigkeit. Solange es eine regelmäßige Folge von Anreizen gibt, in die sich der Geist nacheinander verbeißen kann, ist auch Platz für eine laterale Bewegung. Hat dieser Vorgang erst einmal begonnen, ist das Tempo eine Sache des persönlichen Geschmacks.
    Ich bewegte mich also langsam, doch gleichmäßig voran und setzte mein Urteilsvermögen ein. Es wäre sinnlos gewesen, Star unnötig zu ermüden. Schnelle Veränderungen fallen schon einem Menschen ziemlich schwer. Tiere, die sich nicht leicht etwas vormachen, haben größere Schwierigkeiten damit und drehen manchmal sogar durch.
    Ich überquerte den Fluß auf einer kleinen Holzbrücke und bewegte mich eine Zeitlang parallel zu ihm. Ich hatte vor, die eigentliche Stadt zu umgehen und der ungefähren Richtung des Wasserlaufes zu folgen, bis ich in Küstennähe war. Es war ein schöner Nachmittag. Mein Weg lag im kühlen Schatten. Grayswandir hing an meiner Hüfte.
    Ich ritt nach Westen und erreichte schließlich die Hügel, die sich dort erhoben. Ich wollte mit der Verschiebung erst beginnen, wenn ich eine Stelle erreicht hatte, von der ich auf die große Stadt hinabblicken konnte, die

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