Die Prinzen von Amber
Eric-Julian-Caine-Trio. Ich berichtete, was Brand über meine Rückehr und seine Gefangennahme durch die ehemaligen Mitverschwörer gesagt hatte. Sie erkannten, warum die Überlebenden beider Parteien – Fiona und Julian – geflohen waren; zweifellos um ihre Streitkräfte zu rufen, die sie möglicherweise im Kampf gegeneinander aufreiben würden – was aber nur eine Hoffnung war; vermutlich würde es anders kommen. Aber das war kein unmittelbares Problem. Wahrscheinlich würde der eine oder der andere zunächst den Versuch machen, Amber zu erobern.
»Sie werden eine Nummer ziehen und warten müssen, bis sie an der Reihe sind, wie wir anderen«, hatte Random daraufhin gesagt.
»Das stimmt nicht ganz«, erwiderte ich. »Fionas Verbündete und die Wesen, die über die schwarze Straße kommen, sind identisch.«
»Und der Kreis in Lorraine?« hatte sich Ganelon erkundigt.
»Ein und dasselbe. Auf diese Weise haben sich die Erscheinungen eben in jenem Schatten manifestiert. Sie haben einen weiten Weg hinter sich.«
»Allgegenwärtige Teufel!« knurrte Random.
Ich hatte genickt und die Lage zu erklären versucht.
... Und so kam ich nun nach Tir-na Nog´th. Als der Mond aufstieg und das Phantom Ambers schwach am Himmel erschien, durchstochen von Sternen, mit schwachen Höfen um die Türme und winzigen Bewegungspunkten auf den Mauern, wartete ich, wartete mit Ganelon und Random, wartete auf der höchsten Weide Kolvirs, an der Stelle, wo die drei Stufen ins Gestein gehauen sind ...
Als das Mondlicht sie berührte, begannen die Umrisse der gesamten Treppe zu erscheinen, einer Treppe, die den mächtigen Abgrund bis zu der Stelle über dem Meer bewältigte, den die Visionsstadt einnahm. Als das Mondlicht darauf fiel, gewann die Treppe soviel Substanz, wie sie jemals besitzen würde, und ich stellte den Fuß auf den Stein ... Random hatte einen vollen Satz Karten bei sich, und ich hatte meine Trümpfe in der Jacke. Grayswandir, hier an diesem Ort bei Mondlicht geschmiedet, besaß Macht in der Stadt des Himmels; deshalb nahm ich die Klinge mit. Ich hatte mich den ganzen Tag ausgeruht und hielt nun einen Stab in der Hand, um mich darauf zu stützen. Illusion der Ferne und der Zeit ... Die Stufen durch den Corwin-ignorierenden Himmel nahmen irgendwie an Größe zu; sobald die Bewegung begonnen hat, gibt es auf dieser Treppe keine einfache arithmetische Progression. Ich war hier, ich war dort, ich hatte ein Viertel des Weges zurückgelegt, noch ehe meine Schulter den Griff von Ganelons Hand vergessen hatte ... Wenn ich irgendeinen Teil der Treppe zu intensiv ansah, verlor er seine schimmernde Undurchsichtigkeit, und ich sah tief unter mir den Ozean wie durch eine milchige Linse ... Obwohl es einem hinterher nicht lange vorkommt, verlor ich jedes Zeitgefühl ... Rechts von mir, in einer Tiefe unter den Wellen, die bald der Höhe entsprechen würde, die ich über das Meer emporstieg, erschienen die Umrisse Rebmas funkelnd und sich windend unter dem Wasser. Ich dachte an Moire und fragte mich, wie es ihr ging. Was würde aus unserem unterseeischen Double werden, wenn Amber fiel? Würde das Abbild unzerstört im Spiegel verharren, oder würden Gebäude und Menschen gleichermaßen duchgeschüttelt, wie Würfel in den unterseeischen Kasinosälen, über die unsere Flotten dahinziehen? Keine Antwort in den menschenfordernden Corwin-verfluchenden Gewässern, wenn ich auch einen Stich in der Seite spürte.
Oben an der Treppe trat ich ein, betrat die Geisterstadt, ähnlich wie man Amber erreicht, nachdem man die große Außentreppe an Kolvirs seewärtigem Hang erstiegen hat.
Ich stützte mich auf das Geländer, blickte auf die Welt hinaus.
Die schwarze Straße führte nach Süden. Nachts konnte ich sie wegen der Dunkelheit nicht sehen, aber das machte nichts. Ich wußte inzwischen, wohin sie führte, beziehungsweise, wohin sie nach Brands Aussage führte. Da er meinem Eindruck nach ein ganzes Menschenalter an Gründen zum Lügen aufgebraucht hatte, glaubte ich durchaus, daß er wußte, wohin sie führte.
Ganz hindurch.
Ausgehend von dem Glanz Ambers, von der Macht und der schimmernden Pracht der benachbarten Schatten durch die immer dunkler werdenden Scheiben von Abbildern, die in jede Richtung führen, immer weiter fort, durch verzerrte Landschaften, und immer weiter, hindurch durch Orte, die nur sichtbar werden, wenn man betrunken ist, im Delirium liegt oder träumt – aber dennoch weiter, hinaus über den Punkt, da ich Schluß
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