Die Prinzen von Amber
wieder im Geschäft. Die Dinge halten zusammen. Das Leben geht weiter.«
»Und was ist mit dem Chaos?«
»Das neue Muster wird makellos sein. Unsere Gegner verfügen dann nicht mehr über die schwarze Straße, die ihnen Zugang zu Amber verschafft.«
»Wie sollte das neue Amber geführt werden, nachdem Vater nun tot ist?«
Er lächelte schief. »Für meine Mühen steht mir doch sicher etwas zu, meinst du nicht? Ich riskiere immerhin mein Leben, und die Chancen stehen nicht besonders gut.«
Ich erwiderte sein Lächeln.
»Wenn ich mir so ansehe, was dabei herauszuholen ist
– warum gehe ich dann nicht das Risiko allein ein?« fragte ich.
»Weil du an dem scheitern würdest, was auch Vater zu Fall gebracht hat – an den Kräften des Chaos. Wenn eine solche Aktion beginnt, werden sie aus einer Art kosmischem Reflex heraus zusammengerufen. Meine Erfahrungen mit ihnen sind größer als die deinen – Du hättest keine Chance. Ich – vielleicht.«
»Nun wollen wir einmal annehmen, daß du mich belügst, Brand. Oder kleiden wir es in die freundlicheren Worte, daß du bei all dem Durcheinander keinen klaren Eindruck gewinnen konntest. Was ist, wenn Vater Erfolg gehabt hätte? Wenn bereits ein neues Muster bestünde? Was würde geschehen, wenn du hier und jetzt ein neues schüfest?«
»Ich ... so etwas hat es noch nie gegeben. Woher soll ich das wissen?«
»Ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Könntest du auf diesem Wege trotzdem deine eigene Version der Realität erreichen? Handelte es sich um die Absplittung eines neuen Universums – Amber und Schatten – nur für dich? Würde unser Universum dadurch ausgeschaltet? Oder wäre die neue Schöpfung etwas Zusätzliches? Vielleicht gäbe esauch eine gewisse Überlagerung? Was meinst du angesichts unserer Situation?«
Er zuckte die Achseln.
»Ich habe dir bereits geantwortet. Niemand hat so etwas bisher getan. Woher sollte ich es wissen?«
»Aber ich glaube, daß du es weißt oder es dir zumindest ausmalen kannst. Und ich glaube, genau das hast du im Sinn, genau das willst du versuchen – weil dir nichts anderes übrigbleibt. Dein Vorgehen ist für mich ein Anzeichen dafür, daß Vater doch Erfolg gehabt hat und du nur noch einen Trumpf ausspielen kannst. Aber dazu brauchst du mich und das Juwel. Beides sollst du nicht bekommen.«
Er seufzte. »Ich hatte eigentlich mehr von dir erwartet. Aber schön. Du irrst dich zwar, aber lassen wir es darauf beruhen. Hör mir wenigstens gut zu. Anstatt alles untergehen zu lassen, will ich das Reich mit dir teilen.«
»Brand«, antwortete ich, »verzieh dich! Du bekommst das Juwel nicht, und helfen werde ich dir auch nicht. Ich habe mir deine Vorschläge angehört, und ich glaube, du lügst.«
»Du hast Angst«, sagte er, »Angst vor mir. Ich werfe dir nicht vor, daß du mir nicht vertrauen willst. Aber du machst einen großen Fehler. Du brauchst mich.«
»Jedenfalls habe ich meine Entscheidung getroffen.«
Er machte einen Schritt in meine Richtung. Und noch einen.
»Was immer du haben willst, Corwin. Ich kann dir alles geben, was du dir wünschst.«
»Ich war mit Benedict in Tir-na Nog´th«, sagte ich, »als du ihm dasselbe Angebot machtest: ich schaute durch seine Augen und hörte mit seinen Ohren zu. Ich will davon nichts wissen, Brand. Ich werde meine Mission fortsetzen.
Wenn du glaubst, du könntest mich daran hindern, ist der jetzige Zeitpunkt ebenso günstig wie jeder andere.«
Ich ging auf ihn zu. Ich wußte, ich würde ihn töten, wenn ich ihn erreichte. Ich ahnte auch, daß ich nicht an ihn herankommen würde.
Er erstarrte. Er wich einen Schritt zurück.
»Du machst einen großen Fehler!« warnte er mich.
»Das glaube ich nicht. Ich finde, ich tue genau das Richtige.«
»Ich werde nicht gegen dich kämpfen«, sagte er hastig. »Nicht hier, nicht am Abgrund. Du hast deine Chance aber gehabt. Wenn wir uns das nächstemal begegnen, nehme ich dir das Juwel ab.«
»Was soll es dir nützen, wo du doch nicht darauf eingestimmt bist?«
»Vielleicht gibt es noch einen Weg, damit umzugehen – schwieriger, aber immerhin denkbar. Du hast deine Chance vertan. Leb wohl!«
Er zog sich in den Wald zurück. Ich folgte ihm, doch er war verschwunden.
Ich verließ jenen Ort und ritt auf der Straße im Nichts weiter. Die Möglichkeit, daß Brand vielleicht die Wahrheit gesagt hatte – oder zumindest zum Teil –, wies ich weit von mir. Trotzdem quälten mich seine Worte. Wenn es Vater nun wirklich nicht geschafft
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