Die Prinzessin
Südseeinsel handelte.
Eine einzelne Palme stand am Strand. Langsam erhob sich Aria und schleppte sich mühsam dorthin.
Dabei richtete sie sich erstaunlich gerade auf, denn eine gebeugte Haltung war einer Prinzessin unwürdig. Die Anstrengung brachte sie schier um, aber eine Prinzessin konnte es sich wirklich nicht leisten, sich gehenzulassen. Immer hatte Mama gesagt: »Gleich, wo du dich aufhältst, ob dich jemand sieht oder nicht — denke immer daran, daß du eine Prinzessin von königlichem Geblüt bist. Wenn du dies vergißt, werden die anderen Menschen es sofort ausnützen.«
>Ausnützen<, dachte sie beim Gehen, >genau das hat der Mann heute morgen getan. Mit welchem Koseworten er mich bedacht hat! Wie er mich berührt hat!< Die Erinnerung daran trieb ihr die Schamröte ins Gesicht — so etwas hatte noch niemand gewagt —, und sie preßte in einer jähen Bewegung die Hände an die Wangen. Verstand er denn nicht, daß es gewöhnlichen Menschen nicht erlaubt war, einer königlichen Prinzessin nahe zu kommen?
Sie setzte sich in den Schatten der Palme. Eigentlich wollte sie sich gegen den Stamm lehnen, um ein wenig auszuruhen, aber das wagte sie nicht. Vielleicht schlief sie ja ein, bevor er mit dem Essen zurückkam — er durfte sie nicht noch einmal so hilflos sehen.
Sie setzte sich aufrecht hin, blickte aufs Meer hinaus und ließ die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden an sich vorüberziehen.
Die vergangene Nacht gehörte zu den schlimmsten in ihrem Leben. Vor drei Tagen hatte sie Lankonien verlassen, um einen Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten zu absolvieren. Während die Politiker sich trafen, um über den Verkauf des Rohstoffes Vanadium zu verhandeln, hatten die Amerikaner für sie eine Reihe von offiziellen Terminen vorgesehen. Ihr Großvater, der König, hatte ihr erklärt, daß sie zwar
nicht direkt etwas mit dem Verkauf dieses Metalls zu tun hätte, aber er hoffte, daß sie ihr Land würdig repräsentieren und internationale Erfahrungen sammeln würde, und so ihre Kenntnisse im Umgang mit Menschen vertiefen könnte.
Es war eine lange, ermüdende Reise gewesen, zuerst per Eisenbahn, dann war sie in ein altes Militärflugzeug umgestiegen, das hastig mit antiken Stühlen und Brokatbehängen ausgestattet worden war. Die Wandverkleidungen waren nicht fest genug angebracht worden, und Aria hatte unter den kostbaren Stoffen einige Pin-up-Fotos entdeckt, aber nichts darüber verlauten lassen. Das war ein guter Witz, und sie wollte daheim mit ihrer Schwester darüber lachen.
Die Amerikaner hatten sich zuerst recht manierlich benommen, aber zuweilen fand sie ihr Gehabe befremdend — in der einen Minute verneigten sie sich tief vor ihr, und in der nächsten ergriff irgendein Mann ihren Ellbogen und sagte: »Vorsicht Stufe, meine Liebe.«
Sie landeten in einem Ort namens Miami. Sofort wurde sie zu einem kleineren Flugzeug geführt, das sie zum südlichsten Punkt der USA brachte — nach Key West. Hier wurde Aria durch die große Marinebasis geführt. Sie besichtigte die Docks, in denen Kriegsschiffe repariert wurden. Leider waren für ihre zweiwöchige Visite nur Besuche geplant. Entweder auf Marinestützpunkten oder in Lazaretten oder bei irgendwelchen Frauenverbänden. Viel lieber hätte sie einen Nachmittag frei gehabt, um zu reiten — doch für solche Vergnügungen blieb keine Zeit. Die Amerikaner wollten sie unbedingt überzeugen, daß das lankonische Vanadium in den USA dringend benötigt wurde — zumindest hatte das ihr Großvater gesagt —, und aus diesem Grund waren ihre Besichtigungen der militärischen Anlagen sehr wichtig.
Als sie das Flugzeug verließ, erwartete sie ein roter Teppich und ein paar übergewichtige Damen, die alle in pastellfarbenem Chiffon gekleidet waren. Sie überreichten ihr Blumensträuße, die Aria lächelnd entgegennahm, obwohl ihr gar nicht danach zumute war. Ihre Füße schmerzten, und die hochsommerlichen Temperaturen in Key West bereiteten ihr Kopfschmerzen. Dreimal hatte sie ein Gähnen unterdrücken müssen, als sie die Sträuße ihrer Hofdame hinüberreichte. Das Zimmer, das sie während ihres Aufenthalts auf dem Stützpunkt bewohnen sollte, war grauenvoll. Man hatte anscheinend alle vergoldeten Möbel wahllos zusammengestellt, die man in der Umgebung nur auftreiben konnte, und das so entstandene Sammelsurium verletzte nicht nur alle Regeln des guten Geschmacks, sondern auch die des Anstands. Sie befürchtete, daß sie in diesem Raum Alpträume
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