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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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mindestens 30 IQ-Punkten klaffen – oder überhaupt keine. Gaspard, können Sie das Problem aufgrund Ihrer Erfahrungen nicht noch etwas erhellen? Wie dumm ist Heloise Ibsen?«
    Gaspard versuchte die Frage nach besten Kräften zu ignorieren, was ihm nicht ganz gelang – es gab ihm ein dumm-hochnäsiges Aussehen –, und sagte: »Ich will ja nicht den Flegel spielen, Zane, aber müßte denn deine Beziehung mit Miß Rosa unbedingt in eine Ehe münden?«
    »Ich bin wirklich kein Unschuldslamm«, erwiderte Zane, »aber die Antwort ist ja. Im Gespräch unter fünf Augen kann ich zugeben, daß es viele Roboter nicht so genau nehmen, wenn sich die Gelegenheit bietet – und, bei St. Henry, wer soll es ihnen verübeln? –, aber ich bin nicht so. Ich empfinde jedes Abenteuer als unvollständig und unbefriedigend, solange nicht eine anhaltende Beziehung auf allen Ebenen des Denkens, Fühlens und Handelns besteht – kurz, ein gemeinsames Leben.
    Abgesehen davon ist mein Fall von einer sehr praktischen Überlegung bestimmt: Ich muß an meine Leserschaft denken! Der Held eines Buches von Zane Gort ist stets ein monogamer Roboter. Hier und da taucht natürlich die Silberne Vilya auf und läßt ihre wahnsinnigen Reize spielen, aber Dr. Tungsten gibt ihr am Ende doch immer zugunsten Blandas, seines Goldenen Mädchens, den Laufpaß.«
    »Zane«, sagte Schwester Bishop, »haben Sie schon einmal daran gedacht, daß Miß Rosa vielleicht gar nicht so dumm ist wie sie tut? Menschliche Robixe haben sich oft genug dumm gestellt, um einem Mann zu schmeicheln, für den sie sich interessierten.«
    »Halten Sie das für möglich?« fragte Zane aufgeregt. »Bei St. Hank, ich glaube ja! Vielen Dank, Schwester. Da habe ich jetzt wirklich etwas zum Nachdenken.«
    »Oh, bitte sehr. Und über den Puritanismus würde ich mir keine großen Gedanken machen; es gehört zur alten menschlichen Überlieferung, daß sich die meisten puritanischen Frauen als überaus sexy erweisen und durchaus ihre Ansprüche stellen. O Himmel, es wird Zeit, daß ich die Bälger drehe und umsetze.« Sie begann die Podeste nach einem unerfindlichen Plan herumzuschieben, wobei sie von Zeit zu Zeit ein Silberei auf einem der größeren Tische abstellte. Wenn sie ein Ei schließlich wieder in Positur gebracht hatte, war es in eine neue Richtung geneigt.
    »Was soll das?« fragte Gaspard.
    »Das Umsetzen verändert den Druck auf ihr Gehirngewebe und bringt ein bißchen Abwechslung«, sagte sie über die Schulter. »Jedenfalls ist es eine von Zukies Vorschriften.«
    »Hat Zukertort …«
    »O ja, Mr. Daniel Zukertort hat eine komplette Fibel über die Versorgung der Gehirne und ihre Beziehungen miteinander hinterlassen, die Schlafsaalbibel, könnte man sagen. Und da wir noch nie einen Ausfall hatten – wozu es auch nicht kommen dürfte, wenn wir vorsichtig sind, da nach Zukies Auffassung Nervengewebe praktisch unsterblich ist –, richten wir uns natürlich bis zum letzten Buchstaben nach den Anweisungen.«
    Zane Gort musterte sie eindringlich. Nach einer Weile sagte er zögernd: »Entschuldigen Sie, Schwester, aber … würden Sie mich mal eins halten lassen?«
    Sie fuhr verwirrt herum. Dann erschien ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. »Aber natürlich«, sagte sie und reichte ihm das Silberei, das sie gerade in der Hand hielt.
    Er drückte es an seine blaustählige Brust, blieb reglos stehen und surrte leise vor sich hin. Es war schon eine recht seltsame Szene, und Gaspard mußte an Zanes geheimnisvolle Bemerkung über robotische Vermehrung denken. Die Vorstellung, daß ein Roboter einen anderen Roboter gebar – abgesehen von einer effektiven Herstellung außerhalb seines Körpers –, kam ihm absolut unmöglich oder zumindest technisch absurd vor, und doch …
    »Wenn ein Mensch und ein Roboter miteinander Kinder zeugen könnten«, sagte Zane leise, »könnten die Nachkommen doch so aussehen – zumindest im Anfangsstadium, meinen Sie nicht auch?« Und er begann das Ei sehr sanft hin und her zu wiegen, während er das Schlaflied aus Schuberts Schöner Müllerin summte.
    »Das reicht«, sagte Schwester Bishop entschlossen und ein wenig besorgt. »Das sind keine Babys mehr, sondern sehr alte Leute.« Zane nickte und stellte das Ei unter ihrer Aufsicht vorsichtig in den schwarzen Kragen auf dem neuen Podest. Dann glitt der Blick des Roboters über die anderen Eier.
    »Greise oder Kleinkinder – sie sind auf jeden Fall eine Brücke zwischen Mensch und Roboter«, sagte er

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