Die Propeller-Insel
Angestellte, Seeleute und Milizen sind heute von jedem Dienste frei, nur die Zollwächter dürfen die gewohnte Aufmerksamkeit nicht aus den Augen lassen.
Die Witterung ist herrlich; ein leichter Seewind erfrischt die Luft; man könnte fast sagen: »Die Sonne selbst nimmt an dem großen Tage theil.«
»Jedenfalls, ruft Pinchinat, scheint es, als ob das Strahlengestirn sich den Befehlen unsrer Rentiers fügt. Und wenn sie, wie einst Josua, von ihm verlangten, länger zu verweilen, es würde ihnen gehorchen!… O du ewige Allmacht des Goldes!«
Mit Eifer widmeten sie sich dem Spiele. (S. 344.)
Bei den einzelnen Nummern des sensationellen Programms, wie es der Oberintendant von Milliard-City aufgestellt hat, brauchen wir uns nicht weiter aufzuhalten. Von drei Uhr ab strömen alle Bewohner, die des Landes, wie die der Stadt und der Häfen, im Park längs der Ufer des Serpentineflusses zusammen. Die Notabeln mischen sich zwangslos unter die Menschenmenge. Mit großem Eifer widmen sich viele den Spielen, deren hohe Preise wohl nicht wenig zu dem Andrang der Leute beigetragen haben mögen. Unter freiem Himmel werden Tanzbelustigungen veranstaltet. Der glänzendste Ball findet aber in den Prachträumen des Casinos statt, wo die jungen Herren, die jungen Frauen und die jungen Mädchen ebensoviel Grazie wie Lebhaftigkeit entfalten. Yvernes und Pinchinat betheiligen sich an den Tänzen und treten vor niemand zurück, wenn sie als die Cavaliere der schönsten Milliardeserinnenerscheinen können. Niemals ist Seine Hoheit so liebenswürdig, niemals so geistreich gewesen und hat nie vorher solche Erfolge errungen, so daß er, als eine seiner Tänzerinnen nach einem wirbelnden Walzer sagt: »Ach, mein Herr, ich ströme in Wasser!« die Antwort gab: »In Wasser von Vals, meine Gnädige, in reinem Wasser von Vals!« (Ein unübersetzbares Wortspiel, weil Vals ein Badeort Frankreichs, ebenso ausgesprochen wird, wie
»valse«,
der Walzer.)
Frascolin, der diese Worte hört, erröthet bis hinter die Ohren, und Yvernes fragt sich, ob nicht der Wetterstrahl des Himmels auf den Kopf des Schuldigen niederschmettern wird.
Binnen Kurzem stürzten drei-bis viertausend Wilde hervor. (S. 350.)
Die Familien Tankerdon und Coverley sind natürlich vollzählig anwesend und die lieblichen Schwestern der Braut zeigen sich höchst erfreut über deren Glück. Miß Dy lustwandelt am Arm Walters, was nicht anstößig erscheint, wenn es sich um Kinder des freien Amerikas handelt. Alle beglückwünschen das treffliche Paar, bieten ihm Blumen an und sparen nicht an Lobpreisungen, die die Verlobten mit liebenswürdiger Leutseligkeit entgegennehmen.
In den nächsten Stunden tragen die reichlichst vertheilten Erfrischungen zur Erhaltung der Festfreude das ihrige bei.
Am Abend erglänzt der Park von elektrischen Flammen, die ein wahres Lichtmeer hinabgießen. Die Sonne hat klug daran gethan, daß sie unterging, denn sie hätte sich schämen müssen vor dem künstlichen Lichte, das die Nacht zum Tage verwandelt.
Zwischen neun und zehn Uhr wird die Cantate gefangen – mit welchem Erfolge, das schickt sich um des Dichters und des Componisten willen nicht, hier näher zu beleuchten. In dieser Minute aber fühlte der Violoncellist doch vielleicht sein ungerechtes Vorurtheil gegen das Juwel des Stillen Oceans ein wenig schmelzen…
Mit dem Glockenschlag elf ordnet sich ein langer Zug nach dem Stadthause. Walter Tankerdon und Miß Dy gehen in der Mitte ihrer Angehörigen. Die ganze Einwohnerschaft begleitet sie längs der Ersten Avenue hinaus.
Im großen Saale des Rathhauses harrt der Gouverneur Cyrus Bikerstaff ihres Erscheinens. Jetzt soll er die schönste Ehe schließen, die ihm während seiner Thätigkeit als Standesbeamter vorgekommen ist.
Plötzlich ertönt lautes Geschrei von der Backbordseite her.
Der Zug hält mitten auf dem Wege an.
Fast gleichzeitig krachen von derselben Seite einige Gewehrschüsse.
Gleich darauf kommen mehrere Zollwächter – verschiedne davon verwundet – nach dem Square des Stadthauses gestürzt.
Die Angst steigt auf den Gipfel, die Menge erfaßt jener sinnlose Schrecken, den eine unbekannte Gefahr gewöhnlich hervorruft…
Cyrus Bikerstaff erscheint auf der Rampe des Gebäudes; ihm folgen der Commodore Simcoë, der Colonel Stewart und einige Notabeln.
Auf die an sie gerichteten Fragen antworten die Zollwächter, daß Standard-Island von einer Rotte Neu-Hebridier – drei-bis viertausend Mann stark –
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