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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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aufrecht halten, er war nahe daran, sich nochmals zu übergeben. Er wagte nicht, noch einen Blick auf Henri zu werfen, und ließ sich vom Erzengel zum Ausgang führen. Wieder benutzte Cal den Glasschlüssel und die Mauer glitt zur Seite. Henris Verlies drehte sich, bis die innere Türöffnung wieder deckungsgleich mit der äußeren war und der Mechanismus knirschend zum Stehen kam.
    Sie traten auf den Korridor, und bevor sich die Türe schloss, schnippte Cal mit den Fingern, und der Raum dahinter versank erneut in Dunkelheit.
    Nur eine halbe Stunde später stand Ruben inmitten einer Halle, durch deren schmale, hohe Fenster blendendes Sonnenlicht brach. Vor ihm saßen sieben Seraphim in weißen Roben auf thronartigen Stühlen zu beiden Seiten des Erzengels an einem langen Tisch. Durch das in Streifen einfallende Licht wirkte es, als strahlten die Ratsmitglieder in überirdischem Glanz.
    Alle Blicke hatten sich ihm zugewandt. Ruben bemühte sich, gelassen zu wirken, war jedoch so aufgeregt, dass er kaum den Worten seines Vaters folgen konnte, der jetzt aufgestanden war und ihn als seinen Sohn vorstellte, den er nach langen Jahren wiedergefunden hatte. Die Seraphim klatschten in die Hände, um ihn willkommen zu heißen. Verlegen sah er in die Runde und kam sich unzureichend vor in seiner Alltagskleidung.
    Doch nun trat Villeraux aus einem Seitenraum und brachte zuerst Cal und dann auch ihm eine weiße Robe, die er ihm auf Knien überreichte. Ruben streifte sich das Gewand über, der Stoff glitt kühl über sein Gesicht. Danach verließ Cal seinen Platz und trat vor ihn. Er sagte etwas in einer dunklen, fremden Sprache und vollführte komplizierte Gesten mit den Händen. Darauf steckte er Ruben einen schweren Ring aus schwarzem Obsidian an den rechten Daumen und hob seinen Arm, um allen zu zeigen, dass er in den Rat aufgenommen war.
    Die Seraphim öffneten ihre Münder und gaben lang gezogene, klare Töne von sich, die sich unter der gewölbten Decke ineinander verwoben, bis die weite Halle von einem Gespinst aus Klängen erfüllt war. Ruben fühlte sie tief in sich, und dann öffnete sich auch sein Mund und er stimmte ein. Wie von selbst formten sich die fremden Laute in ihm.
    Als es endete, war er ganz betäubt, aber er hatte sich noch nie so wohlgefühlt. Endlich war er dort, wo er hingehörte!
    Nun führte ihn sein Vater vor jeden einzelnen der Seraphim und stellte ihn vor. Er versuchte, sich alle Namen und Gesichter zu merken: Agenor mit langem Haar und schwarzem Bart; Eris, eine ältere Frau mit einem Turm roter Locken; Perses, dessen harte Gesichtszüge durch den rasierten Schädel noch hervortraten; Glaukos, ein beinahe mädchenhaft wirkender Jüngling mit kurzen blonden Locken; Tethys – so nannte Cal die Comtesse d’Ardevon –; Aison, ein breitschultriger junger Mann mit kurzem, hellbraunem Haar und dessen Schwester Leda, die aussah wie ein junges Mädchen, kaum älter als Ruben selbst.
    Anschließend wies ihm Cal den freien Sessel neben seinem eigenen zu, und während er sich etwas entspannte, fragte sich Ruben, ob alle Seraphim ihr scheinbares Alter beliebig verändern konnten. Ein paar Jahre älter zu wirken, hätte ihm gefallen.
    Sein Vater setzte sich neben ihn und ergriff erneut das Wort. »Ich habe euch zusammengerufen, um zu berichten, wie unsere Pläne sich entwickeln. Paris ist in der Hand der Cherubim, und der König hat mir die Befehlsgewalt über die gesamte Armee verliehen.« Er machte eine Pause, um den Beifall der Ratsmitglieder entgegenzunehmen, bevor er weitersprach: »König Louis hat sich als wahrer Freund der Erneuerer erwiesen und ist bereit, unsere Pläne voll und ganz zu unterstützen – auch wenn ihm das nicht bewusst ist.«
    Als erster erhob sich Agenor, eine Hand an dem Schwert, das er um die Robe gegürtet trug. »Welche werden unsere nächsten Schritte sein, Kronos?«
    Cal stützte die Hände auf den Tisch, sein Rücken wölbte sich, was die Flügelstummel unter der Robe deutlich hervortreten ließ. »Du und ihr alle wisst, dass wir uns nicht damit begnügen wollen, die alte Ordnung wiederherzustellen. Ich werde die Seraphim zu ihrem alten Glanz zurückführen, und schon bald werden die Menschen uns als Gesandte Gottes anbeten und sich unserem Willen unterwerfen.« Cal lächelte verächtlich. »Die Zeiten, in denen wir Ausgestoßene waren, in denen die Tür des Ursprünglichen Reichs uns verschlossen war, sind vorbei. Uns die Welt untertan zu machen, in die wir verbannt wurden,

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