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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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Lichts war, und wenn das Licht tatsächlich magisch war, dann war auch sie selbst mit einem Schlag nicht mehr diejenige, für die sie sich ihr Leben lang gehalten hatte. Vielmehr war sie jemand, der Dinge vollbringen konnte, von denen andere Menschen nur träumten. Sie musste herausfinden, ob ihr das gefiel.
    »Wo warst du bloß so lange?« Gabrielle Lagarde, Julies Mutter, wandte sich nicht um, sondern stocherte weiter mit dem Schürhaken im Feuerloch des Herdes herum. Die Lagardes litten wahrhaftig keine Not: Aus dem Topf auf der Herdplatte stieg ein köstlicher Geruch nach Gemüse und Hühnerfleisch auf, doch Julie war nicht hungrig.
    »Ich war nur ein wenig spazieren«, sagte sie und umarmte ihre Mutter von hinten. Sie drückte ihre Nase in das Schultertuch, sog Gabrielles warmen Brotgeruch ein und wurde augenblicklich ruhig.
    »Du sollst doch nicht rausgehen. Zurzeit ist es so unruhig auf den Gassen, da hast du dort nichts verloren.« Der harsche Tonfall konnte ihre Besorgnis nicht überdecken.
    »Allerbeste Maman «, murmelte Julie. Sie fühlte, dass ihre Mutter lächelte – das ärgerliche Grün um Gabrielle wechselte zu seinem üblichen Goldgelb.
    »Du kannst den Tisch decken und dann deinen Vater holen«, sagte Gabrielle und drehte sich um. Ihr Lächeln verschwand, als sie Julie erblickte. »Du liebe Zeit, was ist mit dir passiert?«
    Ihrer Miene entnahm Julie, dass sie wirklich schlimm aussehen musste.
    »Es gab ein kleines Durcheinander vor der Kirche«, entgegnete sie und kratzte sich verlegen an der Nase.
    »Du warst wieder mit dem jungen Guyot unterwegs. Julie, das muss aufhören! Du kannst nicht mehr herumstreunen wie ein Gassenjunge. Die Leute reden schon über dich.«
    »Was kümmert es mich?«, erwiderte Julie kratzbürstiger als beabsichtigt.
    »Du genießt viele Freiheiten, aber ich erwarte, dass du mir und deinem Vater keine Schande machst. Jetzt geh nach oben und wasch dich, bevor wir essen.«
    Julie stapfte die Treppe hinauf unters Dach, wo ihre Kammer lag. Wie sie es hasste, wenn ihre Mutter anfing, anständiges Be nehmen zu predigen! Sollten die Klatschweiber sich doch das Maul zerreißen!
    Nachdem sie ihre Haare wieder aufgesteckt hatte, zog sie eine frische Haube darüber und wusch sich flüchtig Gesicht und Hände mit Wasser aus der Waschschüssel, das wegzuschütten sie am Morgen zu faul gewesen war. Songe, die ihr die ganze Zeit über nicht von der Seite gewichen war, hatte sich auf dem Bett zusammengerollt und sich die Schwanzspitze über die Nase gelegt. Sie schien zu schlafen, aber Julie wusste genau, dass die Katze sie beobachtete.
    Sollten deine Eltern nicht erfahren, was passiert ist?
    Ich erzähle es ihnen schon noch , sagte Julie und streckte sich neben Songe aus. Sie war so unendlich müde … Erst muss ich herausfinden, was es mit dem blauen Licht auf sich hat. Wolltest du mir vorher nicht etwas erzählen?
    Wirklich? Ich kann mich gar nicht erinnern. Songe begann sich gründlich zu putzen. Am besten lässt du das Amulett an seinem Platz und denkst nicht mehr daran.
    Von unten rief Gabrielle nach Julie. Nur widerwillig erhob sie sich, denn es gab so vieles, worüber sie nachdenken musste. An der Tür wandte sie sich zu Songe um und sagte: »Du willst mir also nicht verraten, was mit mir los ist? Das ist gemein!«
    Manchmal ist es besser, nicht zu viel zu wissen , erwiderte die Katze, glitt vom Bett und sprang Julie voran die Treppe hinunter.
    Julie liebte die Werkstatt ihres Vaters, die zugleich sein Laden war. Obwohl im selben Haus, gab es keine Verbindung zur Wohnung, und sie musste auf die Straße gehen und den Ladeneingang benutzen. Wie immer blieb sie kurz im Verkaufsraum stehen, um dem Ticken der unzähligen Taschenuhren zu lauschen, die rundherum an den Wänden in offenen Regalen lagen. Das Ticken einer Uhr alleine war kaum hörbar, aber alle zusammen erzeugten einen Klang, der Julie fühlen ließ, was Zeit war und in welch rasender Geschwindigkeit sie verging.
    Jacques Lagarde fertigte und reparierte Taschenuhren – und man behauptete, er sei der beste Uhrmacher in ganz Paris. Julie war stolz auf die Kunstfertigkeit ihres Vaters, die viele reiche Bürger und Adelige nach St. Marcel zog.
    Im Augenblick waren jedoch keine Kunden anwesend, und so schlug Julie den Vorhang beiseite, der die Werkstatt vom Laden trennte. Ihr Vater saß mit dem Rücken zu ihr an seinem Arbeitstisch. Durch das darüberliegende Fenster fiel helles Tageslicht auf den Papierbogen, auf den er

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