Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
Safttüte, einen Joghurtbecher und einen Teller mit zwei angefaulten Erdbeeren. Sie musste dringend für Nachschub sorgen, außerdem hatte sie das Gefühl zu ersticken, wenn sie nicht bald an die frische Luft kam.
Sie ging ins Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel, erschrak über ihr hohlwangiges Gesicht. Zog sich die Mütze vom Kopf und versuchte, mit ein paar Handgriffen ihr Haar zu richten, dann malte sie sich die Lippen an und trug Rouge und Mascara auf.
Doch so gefiel sie sich erst recht nicht, sie war sich selber fremd. Sie schnitt vorm Spiegel eine Grimasse und wischte alles wieder ab, hielt das Gesicht lange unter kaltes Wasser. Sie trocknete sich ab, verließ das Bad, schlüpfte in ihre Flipflops, nahm den Schlüssel vom Haken und wollte gerade die Schlösser an der Tür öffnen, als ihr das Handy einfiel.
Es wäre besser, es mitzunehmen, so könnte sie im Notfall jederzeit Hilfe rufen. Sie holte es aus dem Schlafzimmer, schaltete es ein, steckte es in ihre Handtasche und ging.
Sie befand sich noch im Treppenhaus, als sie den Signalton vernahm.
Zunächst überlegte sie, ob sie ihn einfach ignorieren sollte. Doch dann zog sie das Telefon hervor und schaute nach, von wem die Nachricht kam. Als Absender wurde Milan Korch angegeben.
Sie tippte auf das Display und erstarrte.
Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen.
Sie taumelte und stützte sich an der Wand ab.
»Aber ich bin doch hier diejenige, die helfen muss«, flüsterte Jana an seiner Schulter.
Er roch ihr Parfüm, den Duft ihrer Haut, ihr Haar kitzelte ihn. Er war ihr so nah.
»Sie können nicht immerzu stark sein«, sagte er. »Niemand kann das.«
»Ich habe Angst.«
»Wovor?«
Sie löste sich halb aus seiner Umarmung und sah ihn schweigend an.
Der Federmann, dachte er.
»Er wird zurückkommen«, sagte sie leise.
»Er ist tot.«
»Ist er nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass er noch lebt.«
»Ich werde auf Sie aufpassen, versprochen.«
Sie weinte und lächelte zugleich. »Aber Sie sind doch mein Patient.«
Jetzt küss sie, dachte er. Vergiss diese verdammte Therapie und tu es endlich.
Ihre Lippen öffneten sich, in ihren Augen war ein Funkeln. Er neigte den Kopf zu ihr hin, spürte warm und lockend ihren Atem auf seinen Wangen. Seine Brust dehnte sich, und ihm war, als würde alle Last der vergangenen Tage von ihm abfallen. Er fuhr mit seiner Hand in ihren Nacken und zog sie zu sich heran.
In diesem Moment begann das Handy in seiner Hosentasche zu läuten. Er verfluchte es in Gedanken, wollte es ignorieren, doch schon spürte er, wie sie sich innerlich verkrampfte.
Nur kurz darauf hatte sie sich ihm entwunden. »Nun gehen Sie schon ran. Es ist sicherlich wichtig.«
Er blickte sie fassungslos an.
»Wahrscheinlich werden Sie zu einem Einsatz gerufen.«
Mit dem Handrücken rieb sie sich die Tränen aus dem Gesicht.
»Immerzu sind Sie im Einsatz.«
In seinem Kopf war Leere. Das Mobiltelefon schrillte unablässig. Schließlich fingerte er es hervor und drückte die grüne Taste.
Es war Josephin Maurer.
»Herr Trojan«, sagte sie mit dünner Stimme, »Sie müssen zu mir kommen, es ist etwas Schreckliches geschehen.«
Aufgelöst eilte sie in ihrer Wohnung umher.
Immer wieder schaute sie zur Uhr. Der Kommissar hatte versprochen, sich zu beeilen, doch es dauerte einfach zu lange.
Ihr Herz raste.
Das Handy lag auf dem Küchentisch.
Kurzzeitig hatte sie gehofft, was sie auf dem Display gesehen hätte, wäre eine Ausgeburt ihrer Phantasie gewesen, ein Zeichen ihrer Paranoia. Doch je länger sie es anstarrte, desto stärker wurde die Gewissheit, dass all das nur der Wirklichkeit entsprach.
Sie lief im Flur auf und ab.
Nur wenig später war sie zurück in der Küche.
Sie blieb wie angewurzelt vor dem Tisch stehen. Dann streckte sie die Hand nach dem Mobiltelefon aus, nahm es und las die Zeilen von Milan zum x-ten Mal:
ER IST HIER. BEI MIR. ER LEBT.
An die Nachricht war ein Foto angehängt. Das Bild aus ihren Alpträumen. Es zeigte niemand anderen als sie selbst.
Und Josephin wusste, dass sie der Hölle noch längst nicht entkommen war.
DRITTER TEIL
SECHZEHN
E r lag auf seinem Bett und starrte vor sich hin.
Heute hatte er sich krankgemeldet. Eigentlich fehlte ihm ja nichts, nur dass er schrecklich müde war. Die Wechselschichten machten ihm zu schaffen. Weitaus schlimmer waren aber die Lästereien der Kollegen hinter seinem Rücken, ihre mehr oder weniger versteckten Anspielungen.
Er ertrug es einfach nicht
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