Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
den Teltowkanal heranreichten. Gleich dahinter donnerte der Verkehr auf der Stadtautobahn Richtung Flughafen Schönefeld.
Das Haus Nummer 67 war Teil einer weißgrauen Reihe, bestand aus Eingangstür, einem Fenster im Erdgeschoss, zweien im Obergeschoss, einem Flachdach, einer Satellitenschüssel und einem Schornstein. Der Vorgarten war handtuchgroß, der Rasen von der Augustsonne verbrannt.
»Also«, sagte Stefanie, »was hast du eigentlich vor?«
»Wir müssen uns mehr auf das Umfeld von Karl Junker konzentrieren. Wenn wir uns mal von unserer Trittbrettfahrer-Theorie verabschieden, gibt es noch zwei Möglichkeiten. Entweder hatte Karl Junker damals einen Komplizen, der nun für neues Unheil sorgt. Oder aber –.«
Er nagte an seiner Unterlippe.
»Ich gebe zu, es ist ein etwas seltsamer Verdacht, doch mal angenommen, Karl Junker hatte mit der Sache von damals gar nichts zu tun –.«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an.
»Du meinst, es hat sich jemand seinen Van ausgeliehen, sich sein Basekap aufgesetzt, seinen Mantel angezogen und mal eben seinen Keller für eine Entführung benutzt?«
»Stefanie, unsere Ermittlungen sind ziemlich festgefahren, also sollten wir auch die abwegigsten Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
Sag es ihr, dachte er. Erzähl ihr von der Hypnose, du musst ihr ja nicht gleich verraten, dass du regelmäßig zu einer Psychologin gehst. Vertraue ihr, sie wird vor Landsberg dichthalten.
Ihm brach der Schweiß aus.
»Alles in Ordnung, Nils?«
Ihm war, als müsste er einen Rucksack voller Ängste mit sich herumschleppen.
Alles wird gut, versuchte er sich selbst zu beruhigen, ich bin stark, ich hab die Kontrolle, ich werde diesen vertrackten Fall aufklären!
Er berührte kurz sein Waffenholster, dann sagte er: »Ja, mir geht’s gut.«
Sie stiegen aus. Trojan wollte gerade auf den Klingelknopf drücken, als seine Hand zurückzuckte.
»Schau dir das mal an«, sagte er leise zu ihr und deutete auf das Namensschild.
Darauf stand: Junker.
»Ist doch merkwürdig, oder?«
Die Geister der Vergangenheit, dachte er.
Stefanie nickte. »Das Haus scheint im Familienbesitz geblieben zu sein.«
Sie klingelten, kurz darauf öffnete ihnen ein leicht gebückter Mann mittleren Alters, sein Haar war schütter, er trug eine abgewetzte Strickjacke mit aufgesetzten Ellenbogenschonern. Durch seine dicken Brillengläser beäugte er sie misstrauisch.
Trojan hielt ihm seinen Dienstausweis hin.
»Es geht um den Vorfall, der sich im vergangenen Sommer in diesem Haus abgespielt hat. Sind Sie darüber informiert?«
Statt einer Antwort hob er bloß die Augenbrauen.
»Wissen Sie, was hier in Ihrem Keller los war?«
»Sie meinen diese Geschichte?«
»Ganz genau.«
Er rieb sich über den Mund.
»Ist doch längst Gras drüber gewachsen.«
»Ziemlich dünnes Gras. Dürfen wir mal reinkommen?«
»Also, ich weiß nicht.«
»Wie ist denn Ihr Name?«
»Junker.«
»Und der Vorname?«
»Friedhelm.«
Allmählich dämmerte Trojan etwas. Sie hätten vorher im Melderegister nachschauen sollen.
»Dann sind Sie also der Bruder des verstorben Karl Junker?«
Er nickte.
Schließlich ließ er sie herein.
Es roch nach gedünstetem Kohl. Das Haus war eng und dunkel, ausgeblichene Teppiche, angegilbte Tapeten, schäbige Möbel.
Junker stemmte vor ihnen die Hände in die Hüften.
»Ich sag Ihnen was, die ganze Sache ist vorbei. Karl ist tot. Verreckt, krepiert. Was wollen Sie also noch?«
»Reine Routine, kein Grund zur Aufregung«, sagte Stefanie.
Er taxierte sie.
»Standen Sie und Ihr Bruder sich nahe?«, fragte Trojan.
»Nicht besonders. Aber immerhin hat er mir das Haus vermacht.«
»Ihr Bruder starb unverheiratet, hab ich das recht in Erinnerung?«
»Ja.« Plötzlich huschte ein Grinsen über sein Gesicht: »Wollen Sie den Keller sehen?«
Trojan gefiel diese Visage nicht.
»Zunächst hätten wir ein paar Fragen an Sie.«
»Also schön, aber beeilen Sie sich, mein Mittagessen steht auf dem Herd.«
»Hat Ihr Bruder hier allein gelebt?«, fragte Stefanie.
Er bedachte sie mit einem abschätzigen Blick.
»Soviel ich weiß, ja.«
»Gab es niemanden in seinem Leben, der hier mal eine Zeit lang gewohnt hat?«
Junker wandte sich wieder Trojan zu.
»Wenn Sie auf Frauengeschichten hinauswollen, Karl war nicht gerade der Typ dafür.«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, so wie ich es sage.«
»Keine gelegentlichen Affären?«
Er kratzte sich am Kopf. »Irgendwann war er mal mit so einer Braut zusammen, das hat
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