Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
weg.«
»Ich hab Schule.«
»Ich weiß. Lässt sich da womöglich was mit einer Beurlaubung machen?«
»Bestimmt nicht.«
»Also in den Herbstferien. Ganz sicher.«
Sie schwieg. Er nagte an seiner Unterlippe.
»Emily?«
»Ja.«
»Dein Zornesausbruch neulich – ich wollte dir nur sagen, dass ich dich niemals im Stich lassen werde. Hörst du? Niemals. Du bist mir das Wichtigste auf der Welt, und ich werde immer für dich da sein.«
»Weiß ich doch, Pa.«
»Ich werde mit Landsberg reden, er muss mir endlich die Möglichkeit geben, meine unzähligen Überstunden abzubummeln, und dann hab ich auch mehr Zeit für dich.«
Sie seufzte. »Und wohin fahren wir?«
»Wir könnten irgendwohin fliegen, wo es noch warm ist. Ganz wie du willst.«
»Ich überleg mir was.«
»Schön.«
Sie schwiegen eine Weile.
Dann sagte sie: »Ich muss jetzt Schluss machen. Mama ruft, sie hat gekocht.«
»Ist Flo da?«, fragte er vorsichtig.
»Hmm.«
Er holte tief Luft.
»Ist alles in Ordnung bei dir, Paps?«
»Ja, alles bestens«, sagte er wenig überzeugend.
»Ich hab dich lieb, Paps.«
»Ich hab dich auch lieb.«
Sie legten auf, und er sah von seinem Bett zum Fenster hinaus.
Er grübelte über seine Exfrau und diesen Florian nach. Er dachte an Emily, und plötzlich war er wieder bei seinem Vater.
Sollte er ihm wirklich glauben?
Warum hatte er das Polaroid verbrannt? Um ihm einen Gefallen zu tun?
»Lass die Vergangenheit ruhen.«
Oder wollte er ein Beweismittel vernichten?
Er war doch sein Vater. Wie konnte er ihn nur verdächtigen!
Vielleicht hatte Richard Trojan recht in dem, was er sagte, vielleicht phantasierte er sich wirklich etwas zusammen.
Doch woher kamen nur diese Zweifel in ihm?
Seine Gedanken kreisten weiter, um Josephin Maurer, ihren Spaziergang, die Fahrt nach Lankwitz, und wieder stieg ihm die Hitze in Gesicht, als er sich seinen peinlichen Versprecher bei Doro ins Gedächtnis rief.
Schließlich wählte er erneut eine Nummer auf seinem Handy.
Wie schon die ganze Woche über meldete sich nur der Anrufbeantworter.
»Jana«, sagte er nach dem Signalton. »Melde dich doch bitte.«
Er wartete, ob sie nicht doch vielleicht abhob. Aber nichts geschah, darum sprach er einfach weiter.
»Also, meine Einladung zum Essen steht noch. Ich rufe als dein Patient und als dein Freund an. Ich weiß, das ist ein Widerspruch. Aber ist das ganze Leben nicht widersprüchlich?«
Sein Gefühl sagte ihm, dass sie zu Hause war und mithörte.
»Ich war bei Josephin in der Klinik. Hoffen wir, dass sich ihr seelischer Zustand bald stabilisiert. Ich werde mich um sie kümmern, das habe ich ihr versprochen. Auf jeden Fall ist sie in Sicherheit.«
Er machte eine Pause.
»Und ich war heute bei meinem Vater.«
Er seufzte.
»Wäre schön, wenn du zurückrufst. Wenn du magst, können wir uns auch wieder siezen. Hauptsache, du rufst an.«
Er horchte noch eine Weile in den Hörer hinein, dann legte er auf.
Als er hochschreckte, war es dunkel im Zimmer. Die Fenster standen noch immer offen, doch es war still unten auf der Straße, tiefe Nacht.
Er überlegte, was ihn geweckt haben könnte, erst in diesem Moment wurde ihm bewusst, wie erholsam sein Schlaf gewesen war, endlich, nach langer Zeit, und dann sah er, dass das Display seines Handys aufleuchtete.
Er nahm es vom Nachttisch und las die SMS:
WAS HÄLTST DU DAVON, WENN ICH FÜR UNS KOCHE? FREITAGABEND BEI MIR? AKAZIENSTRASSE 41.
JANA.
Zunächst traute er seinen Augen nicht.
Schon klickte er auf »antworten«.
GERNE. ICH FREUE MICH.
NILS.
Er legte das Handy weg, klopfte sein Kissen auf und drehte sich auf die Seite.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er weiter.
Und ganz allmählich fiel die Last der vergangenen Tage von ihm ab.
Originalausgabe
Page & Turner Bücher erscheinen im
Wilhelm Goldmann Verlag, München,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe
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1. Auflage
Copyright © 2012
by Page &Turner/Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Gesetzt aus der Janson-Antiqua
eISBN 978-3-641-08059-4
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