Die Rache der Horden
nur eine Lästerung, die das Vieh verübte!«, rief er, und die Stimme trug über das Feld bis zu den Tausenden von Kriegern, die auf den Feldern ausfächerten und jetzt innehielten. »Ich, Jubadi, nehme die Jurten des Viehs in Besitz. Ich, Jubadi, lebe immer noch und bin der Qar Qarth, und ich spucke auf die gerösteten Gebeine unseres Feindes, des Viehs!«
Er hielt die Fackel mehrere Sekunden lang an die Unterkante des Banners, bis es in Flammen aufging. Er wich zurück.
Hulagar blickte wieder über das Feld hinaus.
Wie?
Die Einsicht erfolgte schlagartig: das Schoßtier Juri.
Sein Blick zuckte zu Tamuka hinüber, der die Zeremonie verfolgte, während ein schmales Lächeln über seine Züge spielte.
Juri schob das graue Segeltuch ein Stück weit zur Seite und blickte forschend hinaus. Mehrere Merki waren direkt über ihn hinweggeritten, als die erste Welle ausfächerte. Ein Pferd war auf den glatten Steinen ausgerutscht, und der Reiter hatte so heftig geflucht, dass Juri über dessen Unbehagen beinahe lachen musste. Dann waren die Merki weitergeritten, ohne dass sie Juris getarnte Stellung entdeckt hätten.
Ja, jetzt war es so weit!
Er kroch aus der kleinen Höhle hervor, die er zwischen den Steinen gegraben hatte, und spähte ganz vorsichtig über die Kante zwischen den Bäumen hervor. Er versuchte, sein Zittern zu beherrschen, und wusste gar nicht, ob es nun an der Angst lag oder daran, dass er den ganzen Tag lang in der klammen Höhle versteckt gelegen hatte.
Er hob das Teleskop, zog es auf volle Länge aus und schob es durch den Segeltuchvorhang, um die Reiterkolonne zu betrachten, die der Straße folgte. Es fiel ihm nicht schwer, Jubadi zu entdecken: die breiten Schultern, diese Art zu reiten. Es war kein Doppelgänger, wie ihn Jubadi schon in Schlachten benutzt hatte. Nein, er war es eindeutig selbst.
Allein diese Kenntnisse hatten sich in der Auseinandersetzung mit Keane als entscheidend erwiesen. Nur Juri konnte Jubadi mühelos erkennen. Manche Carthas hatten den Qar Qarth auch schon gesehen, aber gewöhnlich nur für kurze Augenblicke. Nur eine einzige Person war der jetzigen Aufgabe gewachsen. Juri war als Schoßtier des Schildträgers von Jubadis Sohn zwanzig Jahre hinter ihm geritten. Juri allein konnte Jubadi erkennen, egal wo, egal ob in voller zeremonieller Rüstung und von Standarten umgeben oder so wie jetzt, in Kampfrüstung und so wenig auffällig wie seine Zungenlosen.
Dort war Hulagar, und Juri empfand einen Stich von Bedauern. Der Schildträger hielt an und wendete das Pferd, um zurückzublicken.
Rief sein Tu nach ihm? Juri erstarrte, und sein Atem ging flach. Er verschob das Teleskop, um Hulagar nicht mehr direkt zu betrachten, aus Furcht, der innere Geist könnte diesem eine Warnung zurufen.
Er spürte beinahe das Sondieren, den Blick nach außen. Juri hatte viel zu oft Beispiele für diese Art von Wahrnehmung erlebt, um nicht an ihre Macht zu glauben. Er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufrichteten.
Erwartete.
Hulagar wendete das Pferd von neuem und setzte den Weg fort, überquerte hinter Jubadi Qar Qarth die Brücke.
Langsam streckte Juri die Hand aus und zog den langen Lederbehälter heran. Er band die Schnüre auf und holte die Waffe hervor, das lange Messingrohr, kaum zu sehen in der Dunkelheit der schmalen klammen Höhle, die ihrerseits erfüllt war vom Geruch des Öls, des Metalls und des polierten Holzes.
Er beruhigte seinen Atem. Noch blieb ein wenig Zeit.
Fünf Herzschläge lang die gleiche Stelle, hatte ihm Andrew erklärt.
Er spähte erneut unter dem Vorhang hervor. Der Himmel war dunkelblau und ging allmählich in den frühen Abend über.
Weiter südlich war es jetzt warm. Die Jurten der Horde wurden in ihren Clankreisen aufgestellt. Die Sonnenwächter bereiteten sich darauf vor, die Lieder der Abendgebete anzustimmen.
»Vu Bac Nov domicak gloriang, nobis cu! (Hört, oh Ahnen, beginnt euren Ritt über den Nachthimmel!)«
Er flüsterte die Worte lächelnd.
Keane hatte Recht. Er, Juri, war inzwischen viel eher einer von den Horden als ein Mensch, ein Stück Vieh. Er war stolz gewesen auf seinen Herrn, den Schildträger des Zan Qarth. Und ja, er hatte von ihrer Tafel gegessen.
Und er hatte es mit der Zeit gemocht.
Andrew hatte das gespürt. Deshalb hatte Andrew ihm nie gestattet, sein Kind in die Arme zu nehmen.
Sein Kind. Meine Kinder.
Da war mein Kind Olga. Ihre Mutter. Er lächelte. Ein Mädchen der Chin, weich, zierlich, mit ovalem Gesicht, fast
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