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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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unauffällig, wie sie erschienen war.
    Sano schaute nachdenklich zur Tür und fragte sich, ob Aois Ritual ihn wirklich zum Mörder führen konnte. Dann rief er seinen Diener zu sich und befahl ihm, sein Pferd zum Tor zu bringen.
    Als Sano das Haus verließ, war er von gespannter Erwartung erfüllt, die jedoch nichts mit seinem Auftrag zu tun hatte. Er stellte fest, daß er sich zum erstenmal auf einen Abend im Palast freute.

3

    I
    m Osten des Palasts von Edo, auf einem schmalen Landstück, das zwischen den riesigen Anwesen der Daimyō und dem Fluß Sumida eingezwängt war, lag das Kaufmannsviertel Nihonbashi, in dem reger Handel und Verkehr herrschten. Zu beiden Seiten der schmalen, gewundenen Straßen wurden in offenen Ladeneingängen die Waren feilgeboten. In einem Teil des Viertels befanden sich die Geschäfte, in denen Öl verkauft wurde, in dem anderen die Läden für Reiswein oder Sojasoße, in wieder einem anderen die Läden für Keramik, Metallwaren oder Weidenkörbe. Der Geruch von Holzkohle, Kochdünste und der Duft von Sägemehl vermischten sich mit dem Gestank der öffentlichen Aborte und des Pferdedungs auf den Straßen. Händler saßen auf den erhöhten Fußböden ihrer Läden und feilschten mit Kunden oder versuchten, die Menge der Vorüberschlendernden durch Rufe anzulocken.
    »Hier bekommt ihr das beste Soja zum niedrigsten Preis!«
    »Erstklassige Weidenkörbe! Kommt her, Leute, und schaut sie euch an!«
    Bettler schlurften durch die Menschenmengen und hielten den Leuten ihre geflochtenen Körbe hin, um Almosen zu erbitten. Am Boden tollten kreischende Kinder. Als Sano zum Schauplatz des Mordes an Kaibara Tōju ritt, mußte er sein Pferd behutsam durch das Gewühl der Kauflustigen lenken. Doch als er sich dem Apothekerviertel näherte, stellte er fest, daß hier nicht die gewohnte Betriebsamkeit herrschte. Die Ladeninhaber und ihre Kunden kümmerten sich nicht um den Kauf und Verkauf ihrer Waren, sondern standen in den Eingängen der Geschäfte und unterhielten sich aufgeregt. Sano konnte sich den Grund dafür denken; dennoch überraschte und beunruhigte ihn der Anblick, der sich ihm bot, als er um die Straßenecke ritt.
    Vor der größten Apotheke hatte sich eine erregte Menschenmenge gebildet. In Edo verbreiteten sich aufregende Neuigkeiten rasch. Es waren erst einige Stunden vergangen, seit man Kaibaras Leiche gefunden hatte, doch jetzt schon drängten sich Samurai, Handwerker in schmutziger Arbeitskleidung und Bauern, die ihre Bündel auf dem Rücken trugen, am Tatort. Sie alle reckten die Hälse, um einen Blick auf den Schauplatz des Mordes zu werfen. Schreie ertönten. »Was ist?« – »Was gibt’s denn dort zu sehen?« – »Laßt mich auch mal schauen!« Nachrichtenverkäufer brachten eilig gedruckte Flugblätter unter die Leute und sorgten dafür, daß die Neuigkeit bald auch zu jenen Einwohnern Edos gelangte, die noch nicht von dem Verbrechen gehört hatten.
    »Alles über den bundori- Mord! Lest die neuesten Nachrichten!« riefen die Zeitungsblattverkäufer.
    Also hatte der Fall bereits einen reißerischen Namen, der ihn noch bekannter machen würde. Sano verspürte eine Mischung aus verschiedensten Empfindungen: Angst, Entsetzen, Aufregung. Der Shōgun war höchst besorgt gewesen, was die möglichen politischen Auswirkungen des Mordes betraf, doch nun erkannte Sano, daß es einen noch wichtigeren Grund gab, den Mörder schnellstmöglich zu fassen: Es bestand die Gefahr einer Massenpanik unter den Stadtbewohnern.
    Wo war die Polizei? Warum hatte man noch keine Schritte unternommen, um die Menschenmenge unter Kontrolle zu bringen oder wertvolle Beweismittel zu sichern? Eilig stieg Sano vom Pferd, band den Zügelstrick um einen Pfosten, bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge – und blieb wie angewurzelt stehen.
    Eine Gruppe von Männern lehnte müßig an einer Wand des Ladens und ließ den Blick über die erregte, brodelnde Menge der Gaffer schweifen. Einer der Männer – ein Samurai Ende Vierzig – trug einen kunstvoll gearbeiteten Waffenrock über einem prächtigen Seidenkimono und einer weiten Hose, dazu einen Überrock mit dem Wappen der Tokugawa sowie einen mit Lackarbeiten verzierten Helm. Voller Abscheu erkannte Sano, daß es sich bei diesem Mann um einen einstigen Kollegen und Widersacher handelte: yoriki Hayashi, jener Polizei-Bezirksvorsteher, der dazu beigetragen hatte, daß Sano seines Postens enthoben worden war. Zwei der anderen Männer waren dōshin –

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