Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
sage, machst du Lärm.«
    »Was denn für Lärm?«
    »Was weiß ich. Schmeiß Sachen auf den Boden, mach Schubladen auf und zu, stampf mit den Füßen.«
    Galluzzo setzte sich Richtung Treppe in Bewegung. »Und wir zwei gehen in dein Zimmer.«
    »Ich lag im Bett«, sagte Grazia, als sie eintrat. »Dann tu das.«
    »Ich hatte nichts an.«
    »Das ist nicht nötig. Zieh nur die Schuhe aus.«
    Grazia legte sich barfuß auf das ungemachte Bett. »War die Tür offen oder zu?«
    »Zu.«
    Bevor er sie schloss, schrie der Commissario: »Galluzzo, fang an!«
    Laut und deutlich drang Galluzzos Gepolter zu ihnen, kein Wunder, dass Grazia besorgt gewesen war.
    »Jetzt tu, was du getan hast.«
    Das Mädchen stand auf, nahm einen Morgenmantel, der an einem Haken hing, und öffnete die Tür. »Das reicht. Du hör auch auf, Galluzzo!«
    Sie verließen das Zimmer und gingen ins Wohnzimmer. Galluzzo wartete oben an der Treppe. »War das Licht im Wohnzimmer, als du aus deinem Zimmer kamst, an oder aus?«
    »Aus.«
    »Du bist also im Dunkeln hochgelaufen.«
    »Ich kenne das Haus wie meine Westentasche.«
    »Hast du gesehen, ob die Haustür offen oder zu war?«
    »Darauf habe ich nicht geachtet. Aber sie muss offen gewesen sein, denn als.«
    »Dazu kommen wir später. Galluzzo, geh in dein Zimmer zurück.«
    »Soll ich noch mal Krach machen?«
    »Vorerst nicht, du musst nur aus dem Weg. Grazia, du gehst wieder in dein Zimmer. Mach die Tür zu. Wenn ich es dir sage, läufst du genauso rauf, wie du zu deinem Onkel raufgelaufen bist.«
    Er schloss Fenster, Fensterläden, Türen und konnte eine fast vollkommene Dunkelheit herstellen. »Komm, Grazia!«
    Schemenhaft sah er, wie die Tür aufging, wie ein Schatten, der sich kaum von der Finsternis abhob, sich schnell bewegte und die Stufen hinauflief und dabei immer mehr zu einer menschlichen Gestalt wurde, weil durch das Schlafzimmerfenster, das nicht verdunkelt war, Licht hereinfiel. »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte Galluzzo von oben.
    »Wartet.«
    Montalbano ließ Fenster und Türen geschlossen, öffnete die Haustür und ging dann nach oben. »Bist du sicher, dass die Tür offen war, als du hereinkamst?«
    »Ganz sicher. Ich hab schon auf der Treppe gesehen, dass das Licht an war. Wenn die Tür zu gewesen wäre, hätte ich kein Licht gesehen.«
    »Was hast du als Erstes gesehen, als du hereinkamst?«
    »Meinen Onkel.«
    »Hast du das Blut gesehen?«
    »Ja.«
    »Und was hast du da gedacht?«
    »Dass er aus dem Mund blutet, weil er krank ist. Erst als ich mich über ihn beugte, hab ich gesehen, dass er tot ist.«
    »Galluzzo, geh raus auf den Flur. Und du gehst noch mal aus deinem Zimmer, rennst rauf, kommst hier herein und zeigst mir, was du gemacht hast, bis dir klar war, dass jemand deinen Onkel umgebracht hat.«
    Der Commissario trat ans Fenster, damit er dem Mädchen nicht im Weg stand. Grazia kam eine Minute später angerannt, keuchend vom Laufen und weil sie so aufgewühlt war. Sie ging zwischen der Kommode und dem Fußende des Bettes hindurch und um das Bett herum, dann beugte sie sich an der Seite, auf der Gerlando Piccolos Leiche gelegen hatte, leicht nach vorn. Auf den Rosten lagen nur noch die Matratzen, die Spurensicherung hatte alles andere mitgenommen.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Da war ein Geräusch, und ich hab aufgeschaut.«
    »Und was hast du gesehen?«
    »Einen Mann. Er kam hinter der Tür hervor, er hatte sich dort versteckt, als er mich kommen hörte.«
    »Als er dich kommen hörte? Du warst doch barfuß!«
    »Vielleicht habe ich auf der Treppe nach dem Onkel gerufen.«
    »Hatte der Mann den Revolver noch in der Hand?«
    Das Mädchen dachte eine Weile nach und meinte dann: »Das kann ich nicht sagen.«
    »Ist gut. Galluzzo! Grazia sagt dir, wie du dich hinstellen musst.«
    Das Mädchen hantierte mit Galluzzo wie eine Dekorateurin mit einer Schaufensterpuppe. Am Ende sagte sie: »Da, genau so stand er da, als ich ihn gesehen hab.«
    »Wenn er so dastand, hast du sein Gesicht nicht sehen können, er hatte dir den Rücken zugewandt.« »Deswegen hab ich sein Gesicht ja auch nicht gesehen.«
    »Geh zurück zum Bett. Sobald ich >los< sage, rennst du, Galluzzo, die Treppe runter und durch die Haustür raus, sie steht offen. Und Grazia, du zeigst mir, wie du die Waffe an dich genommen hast und hinter dem Mörder hergelaufen bist. Fertig? Los!«
    Galluzzo spurtete los, Grazia zog die Schublade des Nachtkästchens auf, nahm einen imaginären Revolver heraus und

Weitere Kostenlose Bücher