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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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danebengegangen wäre?«, fragte Fazio.
    »Inwiefern?«
    »Wenn Arqua mit Tommaseo hätte sprechen wollen?«
    »Um sich zusammenscheißen zu lassen? Weißt du, worauf Arqua sich reimt? Auf quaquaraquä, das Hinterletzte.«
    Die Bilder waren eine halbe Stunde später da. Montalbano ging eine Idee im Kopf herum, weshalb er die Fotos sofort aus dem Umschlag nahm und sorgfältig studierte. Der Fotograf von der Spurensicherung hatte gewissenhaft gearbeitet, die kleinsten Details hatte er aufgenommen. Montalbano reichte Fazio ein Bild, das das Schlafzimmer als Ganzes zeigte, mit dem toten Gerlando Piccolo auf dem Bett.
    »Stimmt das mit deiner Erinnerung überein?«
    Kritisch betrachtete Fazio das Foto. »Ich glaube, es war genau so.«
    Montalbano reichte ihm ein weiteres Foto. Es zeigte die beiden kleinen Bilder, die von der Wand gerissen waren. Sie lagen zertreten auf dem schmalen Stück Boden zwischen Kommode und Bett. Die offenen Schubladen des Möbels schränkten den Durchgang noch weiter ein. Auf dem Foto waren Myriaden glitzernder Splitter zu sehen, die von dem Rahmenglas der Bilder stammten. »Als du zu dem Toten gegangen bist, bist du da auf die Bilder getreten?«
    »Nein, Dottore. Ich hatte die Glassplitter gesehen und bin drübergestiegen. Sie sind auch drübergestiegen, als Sie ins Zimmer kamen.«
    »Ich?«
    »Ja, ganz instinktiv, deswegen können Sie sich nicht erinnern. Finden Sie diese Bilder denn so interessant?«
    »Die Bilder nicht, aber die vielen Glassplitter. Wenn jemand versehentlich» mit nackten Füßen darauf tritt, schneidet er sich doch, oder?«
    »Natürlich schneidet er sich dann.«
    »Grazia sagte, sie hätte, als sie in den oberen Stock lief, um nachzusehen, was los war, keine Schuhe angezogen, sie ist barfuß rauf.«
    Fazio wurde nachdenklich. Dann sagte er: »Das muss nichts heißen. Grazia ist ein Mädchen vom Land und gewohnt, barfuß zu laufen. Wahrscheinlich hat sie eine solche Hornhaut an den Füßen, dass nicht mal ein Messer durchgeht.«
    »Ruf Galluzzo und komm dann auch wieder.«
    Galluzzo erschien mit niedergeschlagenen Augen, er schämte sich immer noch für das, was Montalbano ihm vorgeworfen hatte.
    »Ich wollte dich was fragen: Humpelt Grazia zufällig?«
    Galluzzo riss bewundernd die Augen auf. »Sind Sie Hellseher? Richtig humpeln tut sie nicht, aber gestern nach dem Mittagessen hat sie gejammert, dass es sie in den Fußsohlen sticht. Meine Frau hat sie sich angesehen. Die Füße haben zwar nicht geblutet, aber sie waren voller
    Glassplitter. Meine Frau hat sie einzeln mit der Pinzette rausgezogen.«
    »Danke. Du kannst gehen.«
    Als Galluzzo wieder draußen war, sagten der Commissario und Fazio nichts dazu. »Wann sollen wir anfangen?«
    Montalbano sah auf die Uhr.
    »Ich würde sagen, heute Nachmittag. jetzt gehen wir ess.«
    Die Tür, die Galluzzo geschlossen hatte, flog donnernd auf. Catarella erschien.
    »Ich bitte um Verzeihung, die Hand ist mir ausgerutscht. Ich hab grad einen anonymen Anruf gekriegt. In der Contrada Pizzutello haben sie einen Toten gefunden. Und der hat mir auch ganz genau die Stelle gesagt.«
Kapitel 4
    Endlich einmal hatte Catarella die Hinweise eines anonymen Anrufers auf die genaue Stelle, wo der Tote lag, begriffen und auch richtig wiedergegeben. Contrada Pizzutello war keine fünfhundert Meter von Piccolos Haus entfernt. Dichte mediterrane Macchia, in die der Beton noch nicht vorgedrungen war, und beliebtes Ziel heimlicher Liebespaare. Durch das Hin und Her der Autos dieser Pärchen war in dem Dickicht ein Netz von Wegen und kleinen Lichtungen entstanden, ein Labyrinth, durch das der richtige Weg trotz der klaren Angaben nur schwer zu finden war. Die beiden Fahrzeuge, der Streifenwagen und das Auto des Commissario, waren mehrmals zu komplizierten Wendemanövern gezwungen und mussten wieder zurückfahren und einen anderen Weg einschlagen. Schließlich schafften sie es. Der Tote lag mit dem Gesicht am Boden, die Arme ausgebreitet. Welche Farbe seine Jacke hatte, war nicht mehr festzustellen, so getränkt war sie mit längst geronnenem Blut, das aus einer kleinen, aber deutlich sichtbaren Wunde knapp unterhalb des rechten Schulterblatts ausgetreten war. Unweit der Leiche ein Moped mit einem großen Gepäckträger. »Ich sehe zwar sein Gesicht nicht«, sagte Fazio, »aber ich glaube, ich weiß, wer es ist.«
    »Dindo, der Junge, der für den Supermarkt ausgeliefert hat. Schon gestern Abend hat Aguglia, sein Chef, gesagt, dass er nicht zur Arbeit

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