Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
musste sie einen aufgeregten Anruf nach dem anderen über sich ergehen lassen – ihre Mutter, ihre Schwester, Lily und Emily, die sich allesamt vor Aufregung kaum halten konnten. Dann leinte sie Stanley an, um mit ihm einmal schnell um den Block zu gehen, bevor der Tag zu hektisch wurde. Es war ihr ein bisschen peinlich, die Jogginghose mit der knallpinken Aufschrift BRAUT quer über dem Hinterteil anzuziehen, die sie von ihren Freundinnen geschenkt bekommen hatte, aber ein wenig stolz darauf war sie insgeheim auch. Sie stopfte ihre Haare unter eine Baseballkappe, schnürte ihre Laufschuhe und zog den Reißverschluss ihrer Patagonia-Fleecejacke hoch. Wie durch ein Wunder schaffte sie es, den Astor Courts Estate zu verlassen, ohne auch nur einer einzigen Menschenseele über den Weg zu laufen. Stanley sprang so fröhlich neben ihr her, wie es seine kurzen Beinchen erlaubten. Er zog sie bis zu den Bäumen am Rand des herrschaftlichen Anwesens, deren Herbstlaub bereits in den feurigsten Farben leuchtete. Der Spaziergang dauerte fast dreißig Minuten. Wahrscheinlich wunderten sich die anderen schon, wo sie abgeblieben war. Obwohl Andy die frische Luft und der Blick auf die welligen Wiesen guttaten und ihr vor lauter Vorfreude auf die Hochzeit fast schwindelig war, bekam sie das Bild von Miranda einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Wieso ließ diese Frau sie noch immer nicht los? Immerhin waren inzwischen fast zehn Jahre vergangen, seit Andy mit ihrem dramatischen Abgang in Paris die nervenzerfetzende Episode als Mirandas Assistentin bei Runway beendet hatte. War sie denn seit jenem Schreckensjahr nicht um einiges reifer und erwachsener geworden? Nichts mehr war so wie damals, alles hatte sich zum Besseren gewendet. In der ersten Nach- Runway -Zeit hatte sie als freie Journalistin gejobbt, woraus eine feste Mitarbeit bei dem Hochzeitsblog Happily Ever After entstanden war. Noch ein paar Jahre und zig Artikel später hatte sie sogar ihre eigene Zeitschrift gegründet, The Plunge , ein wunderschönes, anspruchsvolles Hochglanzmagazin, das sich nun seit drei Jahren am Markt behauptete und – entgegen allen Voraussagen und Erwartungen – tatsächlich Gewinn abwarf. Es war sogar schon für Preise nominiert worden, und die Anzeigenkunden rannten ihnen regelrecht die Bude ein. Und jetzt, auf dem Höhepunkt ihres beruflichen Erfolgs, würde sie auch noch heiraten! Und zwar nicht irgendwen, sondern Max Harrison, Sohn des verstorbenen Robert Harrison, Enkel des legendären Arthur Harrison, der nach der Weltwirtschaftskrise den Verlag Harrison Publishing Holdings gegründet und später zur Harrison Media Holdings ausgebaut hatte, einem der renommiertesten und ertragsstärksten Unternehmen im ganzen Land. Max Harrison, der lange als einer der begehrtesten Junggesellen gegolten hatte, der mit den heißesten Society-Girls aus New York City liiert gewesen war. Zum Hochzeitsempfang am Nachmittag wurden der Bürgermeister und Finanzmogule erwartet, die es kaum erwarten konnten, den stolzen Spross der Familiendynastie und seine junge Braut zu beglückwünschen. Aber das Schönste von allem? Sie liebte Max, und er liebte sie. Er war ihr bester Freund. Er brachte sie zum Lachen und respektierte ihren Beruf. Wie lautete noch der alte Spruch? Ein echter New Yorker lässt sich nicht so schnell binden – aber bei der Richtigen kann es nicht schnell genug gehen. Max hatte bereits vom Heiraten gesprochen, als sie sich erst wenige Monate kannten. Und nun, drei Jahre später, war es tatsächlich so weit. Andy nahm sich zusammen. Sie würde den Teufel tun und weiter über den lächerlichen Traum nachdenken.
Als sie mit Stanley in die Suite zurückkehrte, wurde sie bereits von einer Schar beunruhigter Frauen erwartet, die befürchteten, sie hätte sich womöglich im letzten Augenblick aus dem Staub gemacht. Ihr schlug ein kollektiver Seufzer der Erleichterung entgegen. Keine Sekunde später hagelte es auch schon Anweisungen von Nina, ihrer Hochzeitsplanerin.
Die nächsten Stunden vergingen wie im Rausch: duschen, fönen, heiße Lockenwickler, Wimperntusche und als Grundierung eine Lage Spachtelmasse, die selbst für das pickeligste Teenagergesicht ausgereicht hätte. Eine Frau lackierte ihr die Zehennägel, eine andere brachte ihr die Dessous, und eine dritte widmete sich der Lippenstiftfrage. Bevor sie sichs versah, half ihre Schwester Jill ihr schon in das elfenbeinfarbene Hochzeitskleid, ihre Mutter raffte den zarten Stoff im Rücken und zog den
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