Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
stieg eine Welle der Übelkeit in ihr auf. »Oh Gott, ich glaube, mir wird …«
Wie ein Magier – oder vielleicht auch nur wie eine erfahrene Hochzeitsplanerin – zauberte Nina von einer Sekunde auf die andere einen Papierkorb herbei und presste ihn Andy so fest vors Gesicht, dass sich der Rand in ihr Kinn drückte. »Ist ja gut, ist ja schon gut«, sagte Nina in einem näselnden Quengelton, der trotzdem seltsam tröstlich war. »Sie sind nicht meine erste Braut am Rande des Nervenzusammenbruchs, und Sie werden auch bestimmt nicht die letzte sein. Aber wir können unserem Glücksstern danken, dass nichts danebengegangen ist.« Sie tupfte ihr mit einem herumliegenden T-Shirt den Mund ab. Max’ ganz eigener Duft, der Andy daraus entgegenstieg, diese aufregende Mischung aus Seife und Basilikum-Minze-Shampoo, von der sie sonst nicht genug bekommen konnte, schlug ihr sofort erneut auf den Magen. Um ein Haar hätte sie sich ein zweites Mal übergeben müssen.
Wieder klopfte es an der Tür. Es waren St. Germain, der berühmte schwule Fotograf, und sein hübscher junger Assistent. »Wir wollen Aufnahmen von Max bei den Vorbereitungen machen«, verkündete er mit seinem affektierten, aber undefinierbaren Akzent. Zum Glück würdigten weder er noch sein Mitarbeiter Andy auch nur eines Blickes.
»Was ist da draußen los?«, rief Max, der noch immer ins Badezimmer verbannt war.
»Max, Sie bleiben, wo Sie sind!«, rief Nina mit befehlsgewohnter Stimme und wandte sich Andy zu, die nicht wusste, wie sie die paar Schritte zurück in die Brautsuite schaffen sollte, in der sie gestern Abend, ganz wie es sich gehörte, allein zu Bett gegangen war, obwohl sie schon seit über einem Jahr mit Max zusammenlebte. »Wir müssen Sie nachschminken und … Um Gottes willen, Ihre Frisur!«
»Ich brauche das Collier«, flüsterte Andy.
»Sie brauchen was?«
»Barbaras Diamantcollier. Augenblick noch.« Denk nach, denk nach, denk nach. Was hatte der Brief zu bedeuten? Was sollte sie bloß tun? Als Andy sich gerade zwingen wollte, sich noch einmal nach dem verhassten Matchbeutel zu bücken, ging Nina dazwischen. Sie warf ihn aufs Bett und durchwühlte ihn in fliegender Hast, bis sie zuletzt die Samtschatulle mit der Prägung Cartier herausholte.
»Meinten Sie das hier? Los, kommen Sie.«
Willenlos ließ Andy sich in den Korridor ziehen. Nachdem Nina die Fotografen noch angewiesen hatte, Max aus dem Badezimmer zu befreien, zog sie energisch die Tür zu.
Andy war fassungslos. Hasste Barbara sie wirklich so sehr, dass sie ihrem Sohn die Ehe mit ihr ausreden wollte? Und nicht nur das. Sie hatte sogar schon eine andere Braut für ihn parat. Katherine: die besser zu ihm passte, die nicht so selbstsüchtig war. Die Frau, die Max sich – zumindest, wenn man Barbara glauben durfte – durch die Finger hatte schlüpfen lassen. Andy wusste genau Bescheid über ihre Konkurrentin. Sie war eine österreichische Prinzessin und die Erbin des von-Herzog-Vermögens, die von ihren Eltern, wie Andy es sich vor einiger Zeit mühevoll zusammengegoogelt hatte, auf dasselbe Elite-Internat in Connecticut geschickt worden war, das auch Max besuchte. Katherine hatte später in Amherst Europäische Geschichte studiert. An der Uni war sie erst aufgenommen worden, nachdem ihr spendabler und gut betuchter Großvater – ein österreichischer Adliger mit Nazivergangenheit – auf dem Campus ein Wohnheim hatte bauen lassen. Max fand Katherine zu geschniegelt und gebügelt, zu »fürnehm«. Mit einem Wort: langweilig. Außerdem sei sie ein extrem konventioneller und auf Äußerlichkeiten bedachter Mensch. Warum er dann – mit Unterbrechungen – fünf Jahre lang mit ihr gegangen war, konnte er nicht ganz so gut erklären. Andy hatte schon immer vermutet, dass mehr dahintersteckte. Womit sie, wie sich nun zeigte, ganz offensichtlich richtiglag.
Als Max seine Exfreundin das letzte Mal erwähnte, hatte er sie anrufen wollen, um ihr von der Verlobung zu erzählen. Einige Wochen später traf eine wunderschöne Kristallschale von Bergdorf’s ein, begleitet von den besten Wünschen für das gemeinsame Glück. Emily, die mit Katherine über ihren Mann Miles bekannt war, garantierte Andy, dass sie von ihrer öden, zickigen Rivalin nichts zu befürchten habe. Zugegeben, sie hätte »Supermöpse«, aber in allen anderen Belangen wäre Andy ihr haushoch überlegen. Danach hatte Andy kaum noch einen Gedanken an sie verschwendet. Hatte nicht schließlich jeder Mensch eine
Weitere Kostenlose Bücher