Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
sich nicht mehr anzustarren.
»Wie kommst du ins Büro? Taxi oder U-Bahn?«
Ihr Handy meldete fünf entgangene Anrufe von Emily. »Ich springe wohl besser ins Taxi.«
Alex hob den Arm, und binnen Sekunden kam ein gelber Wagen mit kreischenden Bremsen vor ihnen zum Stehen.
»Ich glaube, so schnell habe ich in all den Jahren hier noch nie ein Taxi bekommen«, sagte Andy und fragte sich, ob er das Unausgesprochene heraushörte: zu schnell. Ich wollte mich noch gar nicht verabschieden.
Alex breitete die Arme aus, und Andy ließ sich zögerlich von ihm umfassen. Am liebsten hätte sie sich ihm an die Brust geworfen und ihr Gesicht an seinem Hals vergraben. Sein Geruch war ihr so vertraut wie seine Hand, die liebevoll über die Partie zwischen ihren Schulterblättern strich. Sie hätte den ganzen Tag so dastehen können, aber der Taxifahrer wurde ungeduldig und hupte.
»Das war schön«, sagte Alex mit einem völlig unbestimmbaren Gesichtsausdruck. »Echt schön, dich zu sehen.«
»Ging mir genauso. Und noch mal danke für das Frühstück. Das nächste Mal gehen wir zu viert aus. Ich würde deine Freundin so gern mal kennenlernen«, log Andy. Schnauze! , brüllte sie sich selbst stumm an. Hör mit auf dem Gelaber und zisch endlich ab!
Alex lachte. Es klang nicht fies, aber auch nicht allzu freundlich. »Ja, irgendwann mal vielleicht. Lass von dir hören, okay? Diesmal sollte nicht so lange Funkstille herrschen …«
Andy setzte sich auf die Rückbank und rief munter: »Klar!« Das Taxi fuhr an, bevor Alex die Tür auf Andys Seite zugeschlagen hatte. Beide winkten einander zum Abschied lächelnd zu.
Erst etliche Querstraßen weiter atmete Andy wieder aus. Ihre Hände zitterten. Als ihr Handy zum zigsten Mal klingelte, hatte sie einige Mühe, es in ihrer Handtasche ausfindig zu machen.
»Hallo?«, fragte sie – von sich selbst überrascht, weil sie dachte, es sei Alex.
»Andy? Ist mit dir alles okay? Ich hab bei dir im Büro angerufen, aber Agatha meinte, du wärst noch nicht da, und Emily hat schon die ganze Zeit versucht, dich zu erreichen.« Max.
»Mit mir ist alles bestens. Worum geht’s?«
»Wo bist du denn?«
»Was soll das, spürst du mir etwa nach?«, fragte Andy mit einem Mal unerklärlich erbost.
»Nein, ich spüre dir – doch, ja, so könnte man wohl sagen. Du bist vor zwei Stunden von zu Hause aufgebrochen, von deinem Büro höre ich, dass du noch nicht da bist und nicht an dein Handy gehst; und da habe ich mir eben Sorgen gemacht. Du kannst mich gern dafür in der Luft zerreißen.«
Andys Wut verrauchte. »’tschuldige. Ich hab bloß ein paar Besorgungen gemacht. Und jetzt sitze ich im Taxi und bin gleich im Büro.«
»Besorgungen? Zwei Stunden lang? Und du fährst doch sonst nie mit dem Taxi zur Arbeit.«
Andy seufzte so demonstrativ, wie sie nur konnte. »Max, ich habe ein bisschen Kopfweh«, sagte sie mit schlechtem Gewissen, weil das Kopfweh gelogen war und sie ihm nichts von Alex gesagt hatte, aber sie wollte das Gespräch dringend beenden. Hatte Max dasselbe Gefühl gehabt, als er beschloss, ihr nichts von der Zufallsbegegnung mit Katherine auf den Bermudas zu erzählen? Dass manches besser ungesagt blieb, vor allem wenn im strengeren Sinn nichts Verwerfliches vorgefallen war: dass dir beim Anblick dieses Menschen immer noch wolkig im Magen wird, du immer noch das Gleiche empfindest, wenn er oder sie dich beim Arm fasst oder über einen Scherz von dir lacht. Die erste Liebe ist etwas Gewaltiges und zutiefst Intimes, und sie bleibt dir lange Zeit. Ein Leben lang. Auch wenn du deinen derzeitigen Partner über alles liebst, ein kleines geheimes Plätzchen in deinem Herzen ist immer dem vorbehalten, der deine erste Liebe war. So ging es ihr mit Alex, und – das wurde ihr mit einem Mal klar – so ging es Max wohl auch mit Katherine.
Sie beruhigte sich. »Weswegen rufst du denn nun an, mein Schatz?«
»Ich wollte dir einfach nur viel Glück wünschen! Heute stehen ja große Entscheidungen an.«
Elias-Clark. Deswegen hatte Max sich ans Telefon gehängt und sie aufgespürt. Vermutlich im Auftrag von Emily. Schon wieder verbündeten die beiden sich. Andy holte tief Luft, um ihrer Verärgerung Herr zu werden.
»Danke, Max«, sagte sie und hörte selbst, wie förmlich und verstimmt sie klang. »Emily ruft gerade an, zum gefühlt tausendsten Mal. Ich melde mich später wieder, okay?« Sie beendete das Gespräch, ohne sich zu verabschieden.
»Hey«, sagte sie.
»Wo zum Geier steckst
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