Die Raeuber
Schiller , 1955). Sch. selbst bestätigt dies, etwa wenn er sagt: »Der Fleiß […] gibt nicht nur die Mittel des Lebens, sondern er gibt ihm auch seinen alleinigen Wert« (an Körner, 1802). Dies galt sogar noch für die letzten Wochen seines Lebens, als er sich unmittelbar nach der Arbeit am Wilhelm Tell an Überlegungen, Entwürfe und Sammlungen zum Demetrius machte, »dem wohl gewaltigsten Entwurf seines Lebens, der mit allen seinen Implikationen und ungeheuren Anforderungen seinen Geist produktiv aufflammen ließ, während sein Körperliches am knappsten Rande der Lebensmöglichkeit schwebte« (Thomas Mann). Mitten in diesen Vorarbeiten zum Demetrius finden sich unter den Gründen, die gegen das Schreiben des Stückes sprechen, die Worte: »Die Größe der Arbeit«. Es ist schwer nachzuvollziehen, in welchem Maße in diesen letzten Wochen seines Lebens das Bewusstsein von der Tragik des Demetrius und des eigenen Lebens ineinanderflossen, bis die Natur den Abwehrkräften seines Körpers gegen die Krankheit ein Ende setzte. Goethe war nach der Nachricht von Sch.s Tod krank geworden, schrieb aber schon bald die erste Fassung des Gedichts Epilog zu Schillers Glocke , das erstmals bei der Totenfeier in Lauchstädt (August 1805) und fortan (1815 erweitert) alle fünf Jahre vorgetragen wurde. 1827 wurden die Gebeine Sch.s von ihrer ersten Grabstelle im Kassengewölbe auf dem alten Friedhof der Jakobskirche in die herzogliche Familiengruft auf dem neuen Weimarer Friedhof umgebettet. In dieser Zeit hatte Goethe Sch.s Schädel mehrere Monate bei sich in der Wohnung, zumindest das, was er dafür hielt – eine Reliquie von zweifelhafter Herkunft, wohl dem Kassengewölbe entnommen, aber kaum der authentische Schädel Schillers (Albrecht Schöne). In einem Gedicht auf den Schädel verehrte er »die gottgedachte Spur, die sich erhalten«.
Als Goethe wenig später (1828/29) seinen Briefwechsel mit Sch. herausgab, spottete August Wilhelm Schlegel in einem scharfen Epigramm über »den blassen Wagner und den kräftigen Faust«; auf Eduard Mörike dagegen hatte »der Geist dieser beiden Männer« eine ganz andere Wirkung: »Mein Kopf war aufs äußerste angespannt – meine Gedanken liefen gleichsam auf den Zehenspitzen, ich lag wie über mich selbst hinausgerückt und fühlte mich neben aller Feierlichkeit doch unaussprechlich vergnügt. Statt mich niederzuschlagen, hatte der Geist dieser beiden Männer eher die andere Wirkung auf mich. Gar manche Idee – das darf ich Dir wohl gestehen – erkannte ich als mein selbst erworbenes Eigentum wieder, und ich schauderte oft vor Freuden über seiner Begrüßung.« 1830 leitete Wilhelm von Humboldt seinen Briefwechsel mit Sch. mit einem ungewöhnlich scharfsinnigen Essay ein: Über Schiller und den Gang seiner Geistesentwicklung. Humboldts hier getroffene Feststellungen haben bis heute Gültigkeit behalten, weil sie in ihrer »Nähe zum Gegenstand« nicht übertroffen werden können. Der »dynamischen« Seite Sch.s setzte Heinrich Heine im ersten Buch der Romantischen Schule 1833 ein Denkmal: »Schiller schrieb für die großen Ideen der Revolution, er zerstörte die geistigen Bastillen, er baute an dem Tempel der Freiheit […].« Sch.s Selbstverständnis ist in lapidarer Kürze einem Stammbuchblatt für einen Unbekannten zu entnehmen: »Alles unser Wissen ist ein Darlehn der Welt und der Umwelt. Der thätige Mensch trägt es an die Mitwelt und Nachwelt ab, der unthätige stirbt mit einer unbezahlten Schuld. Jeder, der etwas Gutes wirkt, hat für die Ewigkeit gearbeitet« (22. September 1790).
Werkausgaben: Sämtliche Werke. Hg. von Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert. 5 Bde. München 1958/59. – Nationalausgabe. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Norbert Oellers. Stuttgart/Weimar 1940ff.
Klaus Ehlert
Aus: Metzler Lexikon Weltliteratur. Herausgegeben von Axel Ruckaberle (ISBN 978-3-476-02093-2). © 2006 J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart
Impressum
Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart
Coverabbildung: »Aquarell, um 1785, nach dem Bühnenbild der Uraufführung in Mannheim 1782« © Picture Alliance / akg-images
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