Die Reisen des Mungo Carteret
ist.«
»Bedauernswerte Geschöpfe, wir«, sagte Carteret. »Aber immerhin; wenig ist besser als nichts.«
Sie schien ihn nicht gehört zu haben. »Beachten Sie diese – wie soll man sagen, Knopfleiste. Das ist das Geheimnis der Fortpflanzung der Kaliban. Wenn alle fünf Genera sich zusammenfinden, schwellen die verkümmerten Knöpfchen an und sondern ein Sekret ab. Man könnte von Harzdrüsen und einem von diesen produzierten Harzhumus sprechen. In diesem Humus, einer erdigen Gerinnungsmasse, werden die von allen Genera produzierten Sporen befruchtet und lebensfähig stabilisiert. Wie gesagt: Diese Absonderung der Harzdrüsen findet nur bei einem vollkommenen Penton statt. Und nach Aussagen der Kaliban ist die gemeinsame Absonderung des Harzes die allerhöchste Lust. Das heißt, nicht eigentlich die Absonderung, sondern die Wirkung des abgesonderten Sekrets nach Gerinnung auf der Körperoberfläche.« Sie holte wieder tief Luft, rutschte unruhig hin und her und ergänzte ihre Ausführungen durch eine Reihe Beschreibungen dessen, was mit den kalibanischen Geschlechtsorganen, Tentakeln, Sprech- und Atemöffnungen, Wurzelhöhlen und so weiter möglich war: streicheln, stülpen, stoßen, malmen, reißen, reiben, saugen, vibrieren, zwicken, pendeln … Carteret nahm eine Serie kalibanischer Verben (wenn es solche waren) zur Kennt nis: tiqtus , qatifnes , khoqorretas , khukhuqtus , piqosnis …
»Das macht mich ganz – nervös«, sagte er schließlich leise.
Aviva Tschitschagow blinzelte. »Ich habe heute nachmittag drei Vorlesungen.« Sie hüstelte. »Wollten Sie mich eben fragen, ob ich Sie heute abend in Ihrem Hotel besuche?«
»Ich werde heftig duschen.« Carteret lächelte und warf einen Blick auf seine Notizen. »Ich bin ganz wild darauf, Ihre qintuqfit mit meinem khunif zu erforschen.«
Nachts erzählte sie von ihren Eindrücken bei der Betrachtung eines Films, auf dem zu sehen war, wie bei einem Tetron ohne funup der qukiqurrup eines kharep den passi ven paqukhat eines khelap einer langwierigen qatifnes -Behandlung unterzog, während gleichzeitig das tefep im kholpelef des khelap herumkhuk-huqtuste , das kinip den qukiqurrup des kharep ausdauernd be- piqosniste , dabei seinen halbaktiven tiqutafat mit dem aktiven des tefep in einer Mischung von qatifnes und khoqorretas verband …
»Die ultimate Pornographie«, sagte Carteret erschöpft.
»Aus diesem Blickwinkel hab ich das noch nicht betrachtet.« Sie kicherte. »Aber du hast recht. Wie wär’s denn jetzt mit ein bißchen tiqtus oder qataqutinniqus von kholpelef , qukiqurrup und khunif ?«
»Aber vorsichtig!«
Später entdeckte Aviva den Band mit Noastoa-Zitaten auf dem Nachttisch und berichtete von einer Setebos-Expedition, an der sie als Studentin teilgenommen hatte. »Biologisch«, sagte sie nachdenklich, »war das ja alles kompliziert, stimulierend und nur mit Mühe zu erfassen, aber die Geisteswissenschaftler haben mir leid getan. Eine uralte zynische Rasse, die Kaliban.« Zur Ermittlung gemeinsamer Denkkonstanten hatte man einer Gruppe älterer Kaliban, die mühelos Sprache und Schrift der Wissenschaftler aufnehmen konnten, ausgewählte Texte von Platon über Descartes und Heidegger bis zu McTusky, den Metatropikern, osirischem Exo-Zen und den gaianischen Vertretern der katalektischen Osmotik und der astrukturellen Megalyse vorgelegt. »Sie haben sich, übertragen gesprochen, vor Lachen ausgeschüttet. Marx war ein besonders guter Witz, piTanagra und Heidegger offenbar abstruse Kalauer, Luzinga und Nietzsche alberner Kitsch. Buddha ging halbwegs, Kung-tse ziemlich gut, ebenso Seneca. Erstaunlich war die Reaktion der Kaliban auf die Noastoa – das konnten sie hinnehmen. Obwohl« – sie setzte sich auf und lachte leise – »da auch Probleme auftauchten. Moment, mal sehen, ob es drin steht.« Sie blätterte in dem Buch.
»Ah. Das ist es. Kernsatz von Dorji Dyogen Bahadur. ›Der Mensch ist ein Pfuhl, in den unausgesetzt Menschen und Umstände pissen. Philosophen erklären, die Wellen seien ausgelöst durch den Einschlag des Steins der Weisen, wiewohl dieser immateriell sein müsse; Psychologen halten die Wellen für den ganzen Pfuhl; Religionen wollen die Oberfläche durch Gebet glätten und die Beimengungen fortmeditieren. Die Noastoa trinkt aus diesem Gewässer‹.«
Sie klappte das Buch zu, legte es weg und stützte sich auf den Ellenbogen. »Erklär das mal ein paar Vertretern einer Rasse, die weder orale Nahrungsaufnahme kennt noch
Weitere Kostenlose Bücher