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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Feuer des Wahnsinns. »Ich sollte nur Befehle ausführen! Dryhon schickte mich mit dem Kind des Königs, um…«
    »Des Königs Kind?« Luxon hatte das Gefühl, ein Abgrund täte sich vor ihm auf, der immer neue Scheußlichkeiten und Ungeheuerliches gebar. »Das ist das Kind des Königs? Weiß Andraiuk von…?«
    »Verzeih mir, Herr!« kreischte Malag. »Dryhon raubte es!«
    »Und du hättest es hingeschlachtet wie ein Tier, ohne mit der Wimper zu zucken!« Luxon stieß den Mann mit dem Fuß zurück. »Ich will gar nichts mehr von dir hören! Flehe die Riesen um Gnade an! Ihr paßt wahrhaftig zueinander!«
    Damit nahm er das Kind an sich und stieg in den Sattel. Malag heulte, als ob tausend Dämonen ihn quälten. Luxon warf ihm einen letzten Blick voller Abscheu zu und drückte das Kind an sich. Es lebte, doch welche Strapazen waren ihm zugemutet worden. Noch keine fünf Tage mochte es alt sein.
    Luxon brachte das Tokapi zum Laufen. So erschüttert war er von dem, was sich ihm da offenbarte, daß er die Riesen und Vogelreiter für Augenblicke völlig vergessen hatte.
    Nun bereute er diesen Leichtsinn bitter.
    In der Ferne konnte er die toten Orhaken und die Leichen ihrer Reiter am Boden liegen sehen. Ahok, Bened und Celen aber standen vor ihm und verstellten den Weg.
    Ohne das Kind hätte Luxon noch einmal versucht, eine Lücke zu finden und durchzubrechen. Doch so war dies von vornherein zum Scheitern verurteilt.
    »Nun gib uns, was unser sei!« rief Ahok. Wie die anderen beiden, blutete er aus mehreren Wunden. Doch selbst die Klingen der kampfgeschulten Shallad-Krieger hatten ihnen nichts anhaben können.
    »Leihe mir deinen Arm!« rief Bened.
    »Will Augen!« kam es von Celen.
    »Gib mir dein Herz als Pfand!« forderte Ahok.
*
    Luxon hatte keine andere Wahl mehr. Er blieb auf dem Tokapi sitzen. Noch baumelte der falsche Arm von seiner linken Schulter. Den richtigen hatte er geistesgegenwärtig zusammen mit dem Schwert schnell wieder unter dem Mantel verschwinden lassen, als er die Riesen sah. Die Maske mit den funkelnden Steinen darin hing an dem Bast um seinen Hals. Schnell drehte er den Kopf von den dreien weg und schob sie sich vors Gesicht.
    Inbrünstig hoffte er darauf, daß der Trank sein Herz schützen möchte, als er Bened den falschen Arm hinhielt.
    Der Riese betastete ihn, schien zufrieden und murmelte seine Beschwörungen. Luxon fühlte nichts mit sich geschehen und beugte sich vor, damit Celen seine Maske berührte.
    Auch dies ging vorüber.
    Doch dann streckte Ahok seine Pranke aus. Luxon stockte der Atem. Das Kind in seinem Arm, spreizte er leicht die Beine, um, falls nötig, das Tokapi im rechten Moment anzutreiben. Durch die winzigen Ritze in der Maske hindurch starrte er auf Ahoks Finger, wie sie sich seiner Brust näherten.
    Wieso zögerte der Riese?
    Mach schon! flehte Luxon in Gedanken. Tu’s endlich!
    Ahoks Hand zuckte vor, und in dem kurzem Augenblick, in dem sie Luxons Brust über dem Herzen berührte, war es dem Mann aus Sarphand, als bohrte jemand einen Eiszapfen in seinen Leib. Fast schrie er auf, von plötzlicher Todesangst ergriffen. Ahoks Pranke schloß sich, als ob sie etwas ganz fest umklammern und fortreißen wollte. Noch einmal fühlte Luxon die Eiseskälte in seinem Herzen. Doch es schlug in seiner Brust, als wäre nichts geschehen. Der Spuk ging vorbei. Ahok trat zurück und hob triumphierend die Hand.
    »Du hast uns dein Pfand gegeben!« rief er aus. »Nun geh deiner Wege und kehre nie wieder hierher zurück!«
    Luxon starrte ihn an, dann Bened und Celen. Er konnte kaum glauben, daß dies tatsächlich alles gewesen sein sollte. Er lauschte in sich hinein, doch da war nichts Fremdes in ihm. Er war wie vorher. Nichts hatte sich verändert.
    Luxon sollte seinen furchtbaren Irrtum schon bald erkennen. Jetzt hielt es ihn nicht mehr an diesem Ort. Das Tokapi gehorchte ihm diesmal sofort, und als Luxon sich am Ende des ebenen Geländes wieder umdrehte, war nichts mehr zu sehen von den drei Riesen.
    Er atmete auf und wischte sich über die Stirn.
    Bis zum Einbruch der Abenddämmerung sollte er aus der Düsterzone heraus sein. Luxon warf die Maske und den falschen Arm fort und legte die freie Hand aufs Herz. Immer wieder tat er das, und nie war er ganz zufrieden, obwohl es normal schlug.
    Weiter ritt er, immer weiter geradewegs auf die Berge zu, die jetzt klarer denn je durch den düsteren Vorhang schimmerten. Er kam gut voran und sah bald die ersten Freigelassenen links und rechts des

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