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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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geklemmt waren, unter denen sich schmale Sehschlitze befanden. Einer der Ays hatte die Steine in seinen Taschen gehabt. Ahok, Bened und Celen schienen kein Interesse an dem wenigen Hab und Gut ihrer Opfer zu haben. So hatten sie auch Luxon sein Krummschwert gelassen. Und auch jetzt machten sie keine Anstalten, es ihm zu nehmen.
    Die Ausgehungerten versteckten ihre linken Arme unter den Lumpen. Die Holzarme waren mit starkem Bast an den Schultern befestigt und konnten durch Ziehen an den Kleidern bewegt werden. Luxon nahm schnell den Trank ein und warf das Gefäß von sich.
    Luxon betrachtete die Männer und Frauen, die nun in einer Reihe vor dem Eingang standen. Die Kräftigeren stützten die Halbtoten. Und plötzlich erschien ihm seine Idee wie die eines Geisteskranken. Das konnte nicht gutgehen! Und er allein trug die Schuld, wenn die Riesen den Schwindel durchschauten.
    Sein ganzes Leben war Spiel gewesen. Immer wieder hatte er zu den gewagtesten Mitteln und Listen greifen müssen, um sich zu behaupten. Doch diesmal schien er den Bogen überspannt zu haben.
    Bened schob sich durch den Eingang und griff sich wahllos einen Gefangenen. Er zerrte ihn aus dem Turm und befühlte den Arm aus Holz und Stroh. Die »Finger« waren mit Streifen aus Kleidungsstoffen umwickelt. Luxon stockte der Atem, als Bened jeden einzelnen betastete, dann den Unter-, schließlich den Oberarm. Er erwartete, den wütenden Aufschrei des Ungetüms zu hören.
    Doch es kam anders. Bened strich nochmals über den Holzarm und murmelte dabei unverständliche Worte, die an magische Beschwörungsformeln erinnerten. Weihte er den Arm des zitternd vor ihm Stehenden jetzt schon den Mächten der Schattenzone?
    Ein zufriedenes Grinsen trat auf Beneds Gesicht. Und wahrhaftig! Jetzt reichte er den vor Angst fast Sterbenden an Celen weiter, der die Augen aus Glas vorsichtig betastete und nach kurzer Zeit die gleichen gemurmelten Beschwörungen sprach wie Bened.
    Nur Ahok stand abseits. Er wartete auf Luxons Herz, und Luxon hatte den Eindruck, daß er sich diesen Triumph bis zum Schluß aufsparen wollte.
    »Du hast uns deine Pfänder gegeben«, sagte Ahok, als Celen den Mann freigab. »Geh deiner Wege und laß dich hier nie wieder blicken!«
    Der Mann schien nicht glauben zu können, daß alles vorbei sein sollte. Er drehte sich um und starrte Luxon unsicher an.
    »Es ist gut«, sagte dieser. »Du hast es gehört! Mögen die Götter dich führen!«
    Dabei war es ihm, als spräche ein anderer mit seiner Zunge. Auch Luxon konnte es schwerlich fassen, daß die Riesen wahrhaftig so einfach auf den Schwindel hereinfielen.
    Alamog mußte es gewußt haben, wie so vieles, was er vor anderen verbarg.
    Der Mann drehte sich auf dem Absatz um und rannte davon, auf das fahle Licht im Norden zu. Das dröhnende Gelächter der Riesen folgte ihm.
    Bened zog den nächsten aus dem Turm heraus, und auch dieser überstand die Überprüfung. Nun drängten sich die Gefangenen am Eingang. Von der Hoffnung beseelt, innerhalb weniger Atemzüge frei zu sein, stellten sie sich regelrecht vor den Riesen auf, hielten Bened den falschen Arm hin und legten vor Celen den Kopf in den Nacken, auf daß dieser nur möglichst schnell zufriedengestellt war.
    Das alles kam Luxon vor wie ein Traum. Fassungslos sah er, wie ein Gefangener nach dem anderen davonrannte, nachdem Ahok seinen Spruch aufgesagt hatte. Nur er und die Schwangere waren noch übrig. Luxon mußte sich zur Ruhe zwingen, als nun die Frau auf Ahok zuging und ihm die Puppe hinhielt.
    Gierig streckte der Riese, der lange genug hatte warten müssen, seine Pranken danach aus. Ahok betastete das Pfand länger als Celen und Bened die ihrigen. Luxon schluckte. An die Außenmauer des Hungerturms gedrückt, legte sich seine Hand auf den Griff des unter dem Mantel versteckten Schwertes.
    Doch wieder geschah das Wunder. Ahok nickte zufrieden, murmelte seine Beschwörungen und sagte:
    »Du hast uns deine Pfänder gegeben. Nun geh deiner Wege und lasse dich niemals wieder hier blicken!«
    Sie schrie auf vor Erleichterung, suchte Luxons Blick und weinte. Luxon trat vor und machte ihr ein Zeichen, schnell zu verschwinden, als er Bened den falschen Arm darbot.
    Sie lief davon. Doch Bened sollte nicht dazu kommen, das falsche Pfand zu überprüfen. Noch als Luxon mit klopfendem Herzen vor ihm stand und nur den einen Gedanken hatte, ob Alamogs Trank ihn wirklich vor Ahok zu schützen vermochte, brüllte Celen ohrenbetäubend. Er fuhr herum. Was er

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