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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kopf Hauptmann Fabers. Strakuweit schielte zu dem Waldrand hinüber. Die Artillerie schwieg plötzlich. Unheildrohend. Was jetzt kommen mußte, kannte jeder Rußlandkämpfer.
    Panzer und Urräää … das Ende eines Traumes vom gewonnenen Krieg …
    »Fritz, wir müssen weg!« Strakuweit stieß Leskau in die Seite.
    »Faber lebt noch!«
    »Willste warten, bis du daneben liegst? Denk doch an Inge, du Idiot! Was du hier machst, ist falsches Heldentum! Das ist genau das, was der Goebbels schreibt: Der sich selbst vergessende deutsche Soldat! Und da hinten warten 35 T 34 auf dich! Komm, Fritz … noch können wir 'raus!«
    »Und Faber?«
    Strakuweit sah auf den stöhnenden Hauptmann. Er biß die Zähne zusammen, über sein breites, ostpreußisches Bauerngesicht zuckte es. Er wurde plötzlich blaß und starr. Mit leeren Augen, in denen das nackte Grauen stand, griff er in die Tasche seiner Uniform und holte eine 08 hervor. Er lud sie durch und richtete den Lauf auf den Kopf Fabers. Leskau umklammerte in einem schnellen Griff Strakuweits Hand.
    »Bist du verrückt, Theo?« brüllte er.
    »Er soll sterben«, schrie Strakuweit grell, »damit wir leben können! Ich kann doch auch nicht weg, wenn er nicht tot ist. Ich kann doch auch nicht weg …« Er weinte auf und heulte wie ein junger Wolf.
    »Pack an!«
    Leskau bückte sich und ergriff die Beine Fabers. Strakuweit schob seine großen Hände unter die Achsel des Hauptmanns. Als sie ihn aufhoben, schrie er auf und öffnete die Augen.
    »Laßt mich!« schrie er. Blut rann aus seinem Mund … er schluckte … er hustete und erstickte fast in dem Blutstrom, der in seiner Kehle emporsprang.
    »Los!« kommandierte Leskau.
    Sie rannten über das aufgewühlte Land, der Körper Fabers pendelte zwischen ihnen. Ab und zu schrie er tierisch auf, der Mund ward zu einer Wunde, aus der Blut herausstürzte, die Mullbinden um den Leib verschoben sich, und die Därme traten wieder hervor und quollen über die Uniform hinweg wie blutige Schlangen.
    »Laß mich ihn erschießen!« schrie Strakuweit beim Laufen. »Fritz, sei doch gnädig … mach doch ein Ende mit ihm! Ich kann es nicht mehr sehen … ich kann es nicht mehr …« Heulend, keuchend, stolpernd rannte Strakuweit weiter, dem Feldwebel nach, der den pendelnden Körper an den Beinen vorwärtsriß, mit jedem Schritt, mit jedem Sprung von den Russen weg.
    Aus dem Wald brachen die sowjetischen Panzer. Mit ihren langrohrigen Geschützen bestrichen sie das Feld, hämmerten die Reste der Gruppe Mönkeberg in den Boden, trafen den rennenden Leutnant in den Rücken und zerfetzten ihn.
    Strakuweit und Leskau lagen in einem Granattrichter. Der Kopf Fabers ruhte in Leskaus Schoß. Das Gesicht sah entspannt und gelblich aus … der Blutstrom aus dem Mund war geronnen.
    Strakuweit legte seine Hand auf Fabers Augen. Der Kopf war, als habe er im Eis gelegen.
    »Er ist ja tot, Fritz!«
    Leskau beugte sich über Faber. Er legte das Ohr auf seine Lippen. Kein Atem … das Herz stand still … sogar das Blut aus der klaffenden Wunde sickerte nicht weiter.
    Langsam legte Leskau die Hände Fabers zusammen. Den Stahlhelm deckte er über das Gesicht.
    Strakuweits Kopf zuckte über den Trichterrand. Am Waldrand erschien die sowjetische Infanterie. Ihre runden Stahlhelme flimmerten im Morgendunst … die langen Mäntel schienen über die Erde zu schleifen. Wie Geister rannten sie am Waldrand umher.
    »Wir müssen weiter, Fritz!«
    »Sofort.«
    Leskau nahm die Brieftasche Fabers an sich. Ein Bild, das Bild eines blonden, lachenden Mädchens, lag gleich obenauf. Schnell klappte Leskau das Lederetui zu und steckte es in seine Tasche. Sein Gesicht war verzerrt.
    »Komm!« schrie er in das Hämmern der russischen MGs hinein. »Wenn wir hier 'rauskommen, Theo, schwör ich dir, daß ich auf jeden schießen werde, der noch einmal das Wort Krieg wie eine Ehre ausspricht!«
    Sie schnellten sich aus dem Trichter und liefen, sprangen, robbten sich zurück.
    Nach achthundert Metern traf Leskau eine Kugel in den Rücken. Er fiel nach vorn auf das Gesicht und grub die Finger in die Erde. Strakuweit, der hinter ihm keuchte, ließ sich an seiner Seite niederfallen.
    »Fritz!« schrie er. »Fritz, mach keine Dummheiten.«
    »Lauf weiter!« keuchte Leskau. »Lauf, Theo! Und sage Inge, daß ich sie geliebt habe, so sehr, wie ich es ihr nie sagen konnte. Und nun hau ab …«
    Strakuweit kroch unter Leskau. Er stemmte sich empor, schob den Körper über seine breite Schulter und

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