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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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spielt für die Untergrundbewegung. Sie wird nach dem Krieg mit ihrem Spiel Geld für den Wiederaufbau Polens sammeln. Darum, pany … gebe ich Ihnen das Pferd. Ein Patriot hat eine Ehre.«
    Er drehte sich schroff herum und verließ den Garten der Schule. Elsbeth Holzer sah dem Schatten des Mannes nach, bis er in der Dunkelheit untertauchte.
    Dann schloß sie das Fenster und ließ sich auf das Sofa fallen. Ein Pferd! Auf einem Pferd in die Freiheit …
    Sie legte den Kopf auf den Arm und weinte.
    Und das Grollen aus der Ferne kam näher – wie der Wind …
    Am 14. Januar 1945, nach ruhigen Weihnachtstagen, stand die Rote Armee an der Weichsel! Die am 12. Januar nach einem mörderischen, fünfstündigen Artilleriefeuer eingeleitete neue Großoffensive hatte bereits am ersten Tag die notdürftig geflickte deutsche Front zerrissen. Marschall Shukows ›1. weißrussische Front‹ zerbrach den Riegel um Warschau. Die 4. deutsche Panzer-Armee, die 9. Armee, die 2. Armee wurden in einem unaufhaltsamen Angriff der sowjetischen Divisionen auseinandergerissen, zermahlt, überrannt, aufgerollt bis zu den dicht hinter die HKL herangeführten Reserven, die in dem Strudel mit versanken.
    Der Weg zur Weichsel lag frei. Schlesien lag in greifbarer Nähe … im Norden bereitete sich das Drama Ostpreußen vor.
    Auf Nasielsk zu marschierten die Sturmkolonnen der Roten Armee.
    In der Nacht zum 14. Januar 1945 brachte Pawlek Staniswortsky sein Pferd zu Elsbeth Holzer.
    Er fand sie in ihrem Zimmer, im Dunkel am offenen Fenster sitzend. Sie starrte hinauf in den Himmel, der den Feuerschein der sowjetischen Feuerwalze widerspiegelte. Sie hatte Trainingshosen an, darüber zwei Kleider und zwei Mäntel. Die langen Haare waren durch ein großes Kopftuch bedeckt. Ein gepackter Rucksack und ein Koffer standen auf der Erde, nahe der Tür.
    »Es ist soweit, pany professori«, sagte Pawlek.
    »Ich sehe und höre es. Wo soll das alles hinführen?«
    »Nach Berlin!« Staniswortskys Stimme jubelte auf. »Und nach Breslau! Polen wird größer und schöner als je auferstehen. Wir werden größer werden als Deutschland! Wir zerschlagen den deutschen Adler.«
    »Und tauscht ihn ein gegen den russischen Bären.«
    »Er kommt als Freund, pany!«
    »Und frißt eure Bienenkörbe leer.«
    »Das ist Nazipropaganda! Stalin kämpft für eine neue, freie sozialistische Welt! Er ist der größte Genius der Menschheit! Er wird die kapitalistische Welt zerschlagen, die schuld ist an allen Kriegen! Wenn der Arbeiter herrscht, der kleine Mann, wird es keine Kriege mehr geben. Das Volk liebt den Frieden … nur die daran verdienen, wollen den Krieg!«
    »So reden die Bolschewisten!«
    »So reden alle verratenen und verlorenen Völker der Erde! So reden sie auch bei Ihnen in der Heimat, pany!« Staniswortsky hob die Schultern. »Es tut uns leid, daß wir die Deutschen vernichten müssen … aber sie haben einen Fehler, der sie so gefährlich für die Weltgeschichte macht: Sie gehorchen zu gut!«
    Elsbeth Holzer raffte den Koffer vom Boden und warf den Rucksack über den Rücken. Noch einmal sah sie sich in dem Zimmer um, in dem sie über drei Jahre gelebt hatte. Dort, die Tür, führte hinüber zu dem Flur, von dem die Klassenräume abgingen. Auf der Tafel der Klasse I standen noch die Kreidebuchstaben.
    Ich gehe … du gehst … er, sie, es geht … wir gehen …
    Damals war es eine Konjugation. Heute war es Wahrheit.
    Du gehst …
    Pawlek Staniswortsky kam durch den Flur. Er lief. Deutlich vernahm man das Knattern von Maschinengewehren und die Abschüsse von Kanonen.
    »Die Panzer brechen durch, pany!« rief er. »Machen Sie schnell, ehe der Russe durchbricht!« Er sah auf den Koffer und schüttelte den Kopf. »Kein Koffer! Rucksack genügt!«
    »In dem Koffer ist meine ganze Wäsche, meine Kleider …«
    »Das Leben ist wichtiger! Lieber nackt, pany – aber lebend!«
    Er zog sie an der Hand aus dem Zimmer, über den Flur, die Eingangstreppen hinunter auf den Schulhof. Das Pferd tänzelte herum, es war an einem Fliederbaum angebunden.
    »Reiten Sie, pany professori!« Er gab Elsbeth die Hand, drückte sie fest; plötzlich beugte er sich hinab und küßte sie. »Gott sei mit Ihnen. Vielleicht sehen wir uns in einer besseren Zeit wieder …«
    »Pawlek …« Elsbeth wollte noch etwas sagen. Die Worte staken in ihrer Kehle fest. Am östlichen Stadtrand von Nasielsk quollen Feuersäulen und Rauch auf. Mit Stalinorgeln schoß der Russe die rückwärtigen Verbindungen

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