Die Rückkehr des Drachen
ihn unerreichbar machen. Das muß an ihnen nagen wie ein Schwarm Barrakudas, und sie verdienen es!« Sie schüttelte sich leicht, als habe sie mehr gesagt, als ursprünglich vorgesehen. »Ist das alles, Kind?«
»Ja, Mutter«, sagte Nynaeve. Licht, es kommt immer alles letzten Endes auf Rand an, oder? Immer der Wiedergeborene Drache. Es kostete sie immer noch Mühe, an ihn als solchen zu denken. »Das ist alles.«
Die Amyrlin rückte noch einmal ihre Stola zurecht und überblickte finster das hastige Gewusel in der Küche. »Ich muß das wiedergutmachen. Ich mußte ohne Verzögerung mit Euch sprechen, aber Laras ist eine gute Frau, und sie verwaltet Küche und Vorratskammern ganz ausgezeichnet.«
Nynaeve schniefte und sprach zu ihren Händen am Griff der Kurbel. »Laras ist ein saurer Fettkloß und viel zu schnell mit diesem Löffel zur Hand.« Sie glaubte, das nahezu unhörbar geflüstert zu haben, aber dann hörte sie, wie die Amyrlin trocken auflachte.
»Ihr könnt aber Charaktere gut beurteilen, Kind. Ihr müßt für Euer Dorf eine gute Seherin gewesen sein. Es war Laras, die zu Sheriam ging, weil sie wissen wollte, wie lange sie euch noch die schmutzigste und härteste Arbeit zumuten müsse, ohne euch etwas Erleichterung zu gönnen. Sie sagte, sie wolle nicht verantworten, den Lebensmut und die Gesundheit einer Frau zu ruinieren, gleich, was ich befehle. Ihr könnt wirklich gut Charaktere beurteilen, Kind.«
Laras trat in dem Moment wieder in die Küchentür, zögerte aber, ihr eigenes Reich zu betreten. Die Amyrlin ging ihr entgegen, und die finsteren Blicke wichen nun dem Lächeln.
»Es sieht meiner Meinung nach alles bestens aus, Laras.« Die Worte der Amyrlin waren in der gesamten Küche gut zu hören. »Ich fand nichts Ungewöhnliches -alles ist recht. Ich muß Euch loben. Ich glaube, ich werde ›Herrin der Küche‹ zu einem offiziellen Titel machen.«
Der Gesichtsausdruck der fetten Frau wandelte sich von nervös über erschrocken hin zu einem breiten Strahlen. Als die Amyrlin aus der Küche fegte, herrschte eitel Freude. Doch als sie sich dann in der Küche umsah, runzelte sie sogleich die Stirn, und die ganze Küchenbesatzung wandte sich blitzschnell wieder der Arbeit zu. Laras' grimmiger Blick traf Nynaeve.
Die drehte den Spieß wieder und lächelte die massige Frau an.
Laras' Miene verfinsterte sich noch weiter, und sie begann, sich mit dem Löffel auf die Hüfte zu klatschen. Sie hatte wohl vergessen, daß er einmal wenigstens für seinen eigentlichen Zweck benützt worden war. Auf ihrer weißen Schürze blieben Suppenflecken zurück.
Ich lächle sie an, und wenn es mich umbringt, dachte Nynaeve, aber sie mußte dabei mit den Zähnen knirschen.
Egwene und Elayne erschienen wieder, verzogen die Gesichter und wischten sich die Münder mit den Ärmeln ab. Ein Blick von Laras, und sie zischten zum Bratspieß und nahmen ihre Arbeit wieder auf.
»Seife«, knurrte Elayne undeutlich, »schmeckt furchtbar!«
Egwene zitterte, als sie Saft aus der Pfanne über die Braten kippte. »Nynaeve, wenn du uns sagst, die Amyrlin wolle, daß wir hierbleiben, dann schreie ich. Dann laufe ich wirklich weg!«
»Wir gehen, sobald der Abwasch erledigt ist«, sagte sie zu ihnen. »So schnell wir eben unsere Sachen aus den Zimmern holen können.« Sie wünschte, sie könne die Freude teilen, die sich in zwei Augenpaaren zeigte. Licht, hilf uns, daß wir nicht in eine Falle rennen, aus der wir nicht mehr entkommen können. Licht, hilf!
KAPITEL
30
Die Würfel rollen
N achdem Nynaeve und die anderen gegangen waren, verbrachte Mat den größten Teil des Tages in seinem Zimmer, von einem kurzen Ausflug abgesehen. Er plante. Und aß. Er aß fast alles, was ihm die Dienerinnen brachten, und er bat um mehr. Sie waren nur zu froh, seinem Wunsch nachzukommen. Er wollte Brot, Käse und Obst haben, und als er alles hatte, verstaute er die im Winter verschrumpelten Äpfel und Birnen, Käsestücke und Brotlaibe im Kleiderschrank. Die leeren Tabletts ließ er wieder abholen.
Um die Mittagszeit mußte er den Besuch einer Aes Sedai über sich ergehen lassen. Wenn er sich richtig erinnerte, hieß sie Anaiya. Sie nahm seinen Kopf in die Hände, und es überlief ihn kalt dabei. Es war die Eine Macht, das war ihm klar, und nicht einfach die Berührung einer Aes Sedai. Trotz ihrer glatten Wangen und der typischen Würde einer Aes Sedai war sie eine ganz einfache Frau.
»Es scheint Euch schon viel besser zu gehen«, sagte
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