Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
bewegte Vergangenheit, einen Universitätsabschluß und eine
schwangere Frau. Es war höchste Zeit, mich nach einer Stellung umzusehen. Nachdem ich ohne großen Erfolg versucht hatte, Lebensversicherungen zu verkaufen, ein Engagement als Stuntman in Hollywood zu bekommen oder über Nacht Schriftsteller zu werden, bekam ich schließlich eine Stellung als Sporttrainer an der Stanford University.
Trotz dieser glücklichen Fügung und der Geburt unserer süßen Tochter Holly quälte mich immer wieder das Gefühl, etwas Wichtiges zu versäumen. Linda gegenüber konnte ich dieses Gefühl unmöglich rechtfertigen; ich brachte es nicht einmal fertig, ihr davon zu erzählen. Und da mir auch Socrates’ leitende Hand fehlte, schob ich meine Zweifel einfach beiseite und versuchte die Rolle eines »Ehemanns« und »Vaters« zu spielen, obwohl ich mir dabei vorkam wie in einen zu engen Anzug gezwängt.
Vier Jahre vergingen. Vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs, der ersten Mondlandung und der Watergateaffäre lief mein unbedeutendes kleines Leben ab – Universitätspolitik, berufliche Pläne, familiäre Verpflichtungen.
Während des Studiums war mir mein Leben viel einfacher vorgekommen. Aber jetzt hatten die Regeln sich geändert; meine Prüfungen mußte ich im täglichen Leben bestehen, und diesen Lehrer konnte ich nicht zum Narren halten, auch wenn ich es noch so geschickt anstellte. Zum Narren halten konnte ich nur mich selbst, und das tat ich mit entschlossener Beharrlichkeit.
So gut es ging, fixierte ich mich also auf die Ideale eines weißgestrichenen Gartenzauns und zweier Autos in der Garage, gestand mir meine vagen Sehnsüchte nicht ein und beschloß, es zu etwas zu bringen. Schließlich war Linda in jeder Hinsicht eine vorbildliche Ehefrau, etwas ganz Besonderes. Und ich mußte ja auch an meine kleine Tochter denken.
So verbarrikadierte ich mich in der »Realität«, die um mich her allmählich hart und starr wurde wie Beton. Meine Erlebnisse mit Socrates und die Lektionen, die ich bei ihm gelernt hatte, begannen zu verblassen wie Bilder in einem alten Fotoalbum. Sie wurden zu nebelhaften Eindrücken aus einer anderen Zeit und einem anderen
Reich. Von Jahr zu Jahr kamen mir Socrates’ Worte von der Frau auf Hawaii, der Schule in Japan und dem Buch in der Wüste unwirklicher vor – bis ich sie schließlich ganz vergaß.
Ich bekam eine Stellung am Oberlin College in Ohio und verließ die Stanford University in der Hoffnung, daß diese Ortsveränderung meine Beziehung zu Linda verbessern würde. Aber in der neuen Umgebung wurde uns nur noch klarer, daß wir völlig verschiedene Vorstellungen vom Leben hatten. Linda kochte z. B. gern und liebte Fleisch; ich bevorzugte rohe vegetarische Kost. Sie wollte unsere Wohnung mit möglichst vielen Möbeln vollstellen; ich war mehr für zen-buddhistische Schlichtheit und hätte mich am liebsten mit einer Matratze auf dem Fußboden begnügt. Sie liebte Partys und wollte immer Menschen um sich haben; ich arbeitete lieber. Sie war eine typische amerikanische Ehefrau. Ihre Freunde hielten mich für einen esoterischen komischen Kauz, und ich zog mich immer mehr in mein Schneckenhaus zurück. Sie fühlte sich wohl in ihrer konventionellen Welt, die mich abstieß; und trotzdem beneidete ich sie um ihre Zufriedenheit.
Linda spürte, wie unwohl ich mich fühlte, und wurde immer frustrierter. Schon nach einem Jahr lag mein Privatleben in Scherben, meine Ehe wurde von Tag zu Tag schlechter. Ich konnte nicht mehr die Augen davor verschließen.
Und ich hatte gedacht, meine Ausbildung bei Socrates würde mir das Leben leichter machen! Aber es schien alles nur immer schlimmer zu werden. Die Wogen von Arbeit, Familienleben, Fakultätssitzungen und privaten Sorgen hatten fast alles davongespült, was ich bei Socrates gelernt hatte.
Trotz seiner Mahnung: »Ein Krieger muß für alles offen sein, wie ein Kind«, lebte ich nur in meiner eigenen Welt und hatte mich in einen schützenden Kokon zurückgezogen. Ich hatte das Gefühl, daß niemand mich wirklich kannte oder verstand – auch Linda nicht. Ich fühlte mich isoliert und war keine angenehme Gesellschaft mehr, nicht einmal für mich selbst.
Und obwohl Socrates mir beigebracht hatte, »alle Gedanken loszulassen und nur im Jetzt zu leben«, dröhnte und brodelte es immer
noch in mir: Zorn, Schuldgefühle, Reue und Sorgen ließen mich nicht zur Ruhe kommen.
Socrates’ befreiendes Lachen, das früher wie ein Kristallglockenspiel in
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