Die Sache mit Callie und Kayden: Callie und Kayden 1 - Roman (German Edition)
im Schatten der Bäume, wo sie mich hoffentlich nicht sehen.
»Oh mein Gott, ist das nicht Callie Lawrence?«, ruft Daisy, schirmt die Augen mit einer Hand ab und sieht in meine Richtung. »Was machst du denn hier? Müsstest du nicht auf dem Friedhof abhängen oder so?«
Ich ziehe das Kinn ein und laufe schneller, wobei ich über einen großen Stein stolpere. Einen Fuß vor den anderen.
»Oder rennst du nur vor dem Kuchen weg, den ich habe?«, brüllt sie mir lachend nach. »Was von beidem, Callie? Komm schon, verrat’s mir!«
»Lass es gut sein«, warnt Caleb sie mit einem hämischen Grinsen und beugt sich über die Verandabrüstung. Seine Augen sind so schwarz wie die Nacht. »Sicher hat Callie ihre Gründe wegzulaufen.«
Die versteckte Andeutung in seinen Worten macht mich erst recht schneller, und mein Herz rast. Ich renne über die dunkle Einfahrt, während mich ihr Lachen in den Rücken trifft.
»Was hast du denn für ein Problem?«, fragt mein Bruder, als ich die Autotür zuschlage und den Gurt anlege. Japsend wische ich mir mein kurzes Haar nach hinten. »Wieso rast du so?«
»Mom hat gesagt, dass ich mich beeilen soll.« Ich sehe nach unten auf meinen Schoß.
»Echt, manchmal verstehe ich dich nicht, Callie.« Er richtet sein dunkelbraunes Haar und lässt sich gegen die Sitzlehne fallen. »Du gibst dir wirklich ganz schön viel Mühe, alle Welt denken zu lassen, dass du irre bist.«
»Immerhin hänge ich nicht mit vierundzwanzig auf einer Highschool-Party rum«, erinnere ich ihn.
Meine Mom sieht mich streng an. »Callie, fang ja nicht so an. Du weißt genau, dass Mr. Owens deinen Bruder zu der Party eingeladen hat, so wie dich auch.«
Ich muss wieder an Kayden mit seinem zerschlagenen und geschwollenen Gesicht denken. Mir ist gar nicht wohl dabei, dass ich ihn allein gelassen habe, und beinahe will ich meiner Mom erzählen, was passiert ist, aber dann sehe ich wieder Caleb und Daisy auf der Veranda, die zu uns herschauen. Manche Geheimnisse müssen mit ins Grab genommen werden. Außerdem war meine Mom schon immer jemand, der von den hässlichen Dingen auf dieser Welt nichts hören wollte.
»Ich bin erst dreiundzwanzig. Vierundzwanzig werde ich nächsten Monat«, unterbricht Jackson meine Gedanken. »Und die sind nicht mehr auf der Highschool, also halt die Klappe.«
»Ich weiß, wie alt du bist«, sage ich. »Und ich bin auch nicht mehr auf der Highschool.«
»Was dich nicht sonderlich froh zu machen scheint.« Meine Mom zieht eine Grimasse, als sie das Lenkrad weit einschlägt, um auf die Straße zu biegen. Falten graben sich um ihre braunen Augen, denn sie versucht, nicht zu weinen. »Du wirst uns fehlen, und ich wünschte wirklich, du würdest bis zum Herbst warten, ehe du weggehst. Nach Laramie fährt man Stunden! Mir graut davor, dass du so weit weg sein wirst.«
Ich sehe hinaus auf die Straße, die sich zwischen den Bäumen hindurch über die flachen Hügel zieht. »Bedaure, Mom, aber ich bin schon eingeschrieben. Und es wäre doch auch Quatsch, den Sommer hierzubleiben und nur in meinem Zimmer herumzusitzen.«
»Du könntest dir einen Job suchen«, schlägt sie vor. »So wie dein Bruder das auch jeden Sommer macht. Dann kannst du Zeit mit ihm verbringen, und Caleb wohnt auch bei uns.«
Jeder Muskel in mir wird zu einem knotigen Seil, und ich muss mich zwingen weiterzuatmen. »Sei nicht böse, Mom, aber ich bin so weit, dass ich alleine zurechtkommen möchte.«
Ich war mehr als bereit. Die traurigen Blicke, die sie mir dauernd zuwirft, weil sie nichts von dem versteht, was ich mache, bin ich gründlich leid. Ich habe es satt, ihr sagen zu wollen, was geschehen ist, und zu wissen, dass ich es nicht kann. Ich will für mich sein, weg von den Albträumen, die in meinem Zimmer, meinem Leben, meiner ganzen Welt lauern.
1
#4 Trag etwas Farbiges
4 Monate später …
Callie
Ich frage mich oft, was die Leute dazu treibt, Dinge zu tun. Ob es ihnen bei der Geburt eingegeben wurde oder sie es gelernt haben, als sie aufwuchsen. Vielleicht wird es ihnen sogar durch die Umstände aufgezwungen und liegt gar nicht in ihrer Hand. Hat irgendwer die Kontrolle über sein Leben, oder sind wir alle machtlos?
»Oh Mann, was für eine Freakshow«, bemerkt Seth und rümpft die Nase über all die Erstsemester, die über den Campus irren. Dann wedelt er mit der Hand vor meinem Gesicht. »Bist du schon wieder weggetreten?«
Ich zwinkere einige Male, um meine Gedanken zu verscheuchen. »Jetzt sei nicht so
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