Tatort Doppelbett
1
Der Mann, der in Bertha Cools Büro auf und ab marschierte, tat sich selbst so schrecklich leid, daß er für alles andere blind und taub war. Als ich hereinkam, nahm er keine Notiz von mir.
»Mein Gott, was war ich bloß für ein Idiot! Wenn meine Frau dahinterkommt, bin ich geliefert. Dann ist mein Job zum Teufel und meine gesellschaftliche Position und — oh, es ist einfach entsetzlich! Nicht auszudenken! Mir wird ganz...«
Bertha unterbrach ihn. »Das ist Donald Lam, Mr. Allen.«
Er sah mich an, nickte und jammerte weiter. Sein Wehgeheul richtete sich an niemand im besonderen. Er schwelgte förmlich in Selbstmitleid.
»Wie konnte ich mich bloß so weit vergessen! Es ist nicht zu fassen — eine solche Dummheit. Und dabei bin ich sonst ein so solider Mensch. Es gibt nur eine einzige Erklärung dafür: Ich muß vorübergehend den Verstand verloren haben, Mrs. Cool.«
Bertha verlagerte ihre 165 Pfund Lebendgewicht. Die Diamanten an ihren dicken Fingern funkelten, als sie ungeduldig auf einen Stuhl zeigte. »Setzen Sie sich, Mr. Allen. Das ist Donald Lam, mein Partner, von dem ich Ihnen erzählt habe. Er kann Ihnen helfen.«
»Mir kann niemand helfen, fürchte ich«, sagte Allen niedergeschlagen. »Mit mir ist es aus. Ich sitze bis zum Hals in.. .«
»Worum geht es eigentlich?« fragte ich rasch, bevor er eine neue Klagehymne anstimmen konnte.
»Um eine kleine Unbesonnenheit, die wahrhaft katastrophale
Ausmaße angenommen hat und mich ruinieren wird, falls nicht ein Wunder geschieht. Das ist das einzige, was Dawn sich nicht bieten läßt.«
»Wer ist Dawn?« fragte ich.
»Meine Frau.«
»Setzen Sie sich doch endlich, zum Kuckuck noch mal«, sagte Bertha erbost. »Hören Sie auf, den Teppich zu malträtieren, und erzählen Sie Donald, worum es sich handelt. Er kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie ihn nicht informieren.«
Allen setzte sich, konnte aber anscheinend an nichts anderes denken als an das Verhängnis, das so plötzlich über ihn hereingebrochen war. »Ich verstehe einfach nicht, wie ich so etwas tun konnte. Es ist sonst nicht meine Art...«
Bertha wandte sich mir zu und beantwortete meine Frage. »Er hat eine Prostituierte in ein Motel mitgenommen.«
»Nein, nein, nein!« Allen verzog das Gesicht, als hätte er Zahnweh. »Sie war keine Prostituierte. Ersparen Sie mir wenigstens das, Mrs. Cool.«
»Na schön, was war sie dann?«
»Eine sehr nette junge Dame. Schön, tolerant, großzügig; modern im weitesten Sinne des Wortes, aber absolut nicht vulgär; und finanzielle Erwägungen spielen bei ihren... ihren kleinen Indiskretionen nicht die mindeste Rolle.«
»Welches Motel?« erkundigte ich mich.
»Das Bide-a-wee-bit«, sagte Bertha.
»Eine von diesen Absteigen, wo Zimmer stundenweise vermietet werden?«
»Himmel, nein!« sagte Allen. »Das ist ein hochanständiges Motel. Absolute Klasse. Swimming-pool, sehr hübsche Bungalows, Telefon in jedem Zimmer. Einwandfreier Service, Fernsehen, Klimaanlage. Das Beste vom Besten.«
»Wie kam es, daß Sie ausgerechnet dort hingingen?«
»Sie schlug es vor. Sie war schon mal bei einem Kongreß dort.«
»Und so ließen Sie sich von dem Mädchen dahin lotsen.«
»Nun, es war nicht... Sie sehen das Ganze falsch, Mr. Lam. Ich wollte, Sie würden versuchen, es zu verstehen.«
»Gerechter Strohsack!« rief Bertha ungeduldig. »Er versucht's ja in einem fort. Wie soll er Sie denn verstehen, wenn Sie egalweg um den Brei herumreden?«
»Erzählen Sie mir etwas über das Mädchen«, sagte ich. »Wo sind Sie ihm begegnet? Wie lange kennen Sie es schon?«
»Ich kenne es seit Monaten.«
»Intim?«
»Nein, nein, nein! Ich wünschte, Sie würden wenigstens versuchen, mich zu verstehen, Mr. Lam.«
Bertha holte Luft und wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders. Ihre Augen funkelten gereizt.
Ich machte eine beschwichtigende Handbewegung.
»Sharon«, sagte er, »vielmehr Miss Barker ist Hostess in einer Cocktailbar, wo ich gelegentlich einen Drink nehme.«
»Was meinen Sie mit Hostess?«
»Nun, eine Art Oberkellnerin. Sie weist den Gästen Plätze an, nimmt Vorbestellungen entgegen, überwacht die Kellnerinnen und sorgt für prompte Bedienung und dergleichen.«
»All right, Sie brachten sie also in das Motel, und dort wurden Sie vermutlich erwischt.«
»Nein, nein, so war es nicht, Mr. Lam. Sie sind auf einer ganz falschen Fährte. Ich fürchte — nun, die Affäre dürfte sehr unangenehme Komplikationen zur Folge haben — und ich
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