Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
Schwein war ihm wichtiger. Er trieb es mit einem Stock in das dichte Unterholz und war gleich darauf verschwunden.
Tom fiel neben Martha auf die Knie. Er legte ihr seine breite Hand auf die schmale Brust und spürte den Herzschlag; kräftig und regelmäßig wie er war, vertrieb er Toms schlimmste Befürchtungen. Marthas Augen waren jedoch geschlossen, und hellrotes Blut sickerte in ihr blondes Haar.
Schon kniete auch Agnes neben ihm. Sie berührte Marthas Brust, prüfte den Puls, legte ihr die Hand auf die Stirn. Dann sah sie Tom an; ihr Blick war hart und gefühllos. »Sie wird’s überleben«, sagte sie. »Hol uns das Schwein jetzt zurück!«
Rasch schnallte Tom seinen Ranzen mit den Werkzeugen ab und ließ ihn auf den Boden fallen. Mit der Linken zog er den großen Eisenhammer aus dem Gürtel, in der Rechten trug er nach wie vor die Pike. Am niedergetrampelten Buschwerk erkannte er, wohin der Dieb geflohen war, und dann quiekte das Schwein vernehmlich.
Tom nahm die Verfolgung auf. Der Fluchtweg ließ sich kaum verfehlen, denn der Wegelagerer war ein gewichtiger Mann und hatte mit dem Schwein eine unverkennbare Spur aus niedergetretenen Blumen, Sträuchern und jungen Bäumen hinterlassen. Tom jagte ihm hinterher, getrieben von rasender Wut und dem inbrünstigen Wunsch, den Kerl zu erwischen und niederzumachen. Er brach durch einen niedrigen Jungbirkenwald, stürmte einen Abhang hinunter und stampfte durch einen kleinen Sumpf, an dessen jenseitigem Ende ein Pfad weiterführte. Hier gab es keine zertrampelten Pflanzen mehr; der Dieb mochte sich nach links oder rechts gewendet haben. Tom blieb stehen und lauschte. Irgendwo zu seiner Linken quiekte das Schwein, und hinter ihm rannte noch jemand durch den Wald, vermutlich Alfred. Tom wandte sich nach links.
Der Pfad führte durch eine Senke und nach einer scharfen Biegung einen Hügel empor. Das Schwein war jetzt ganz deutlich zu hören. Tom keuchte schwer, als er den Hang hinaufjagte; das jahrelange Einatmen von Steinstaub hatte seine Lungen geschwächt. Dann hatte er die Steigung bewältigt und konnte den Dieb sehen. Er war nur zwanzig oder dreißig Schritt vor ihm und rannte, als sei der Teufel hinter ihm her. Tom legte einen Zwischenspurt ein und verringerte den Abstand. Wenn er nicht lockerließ, musste er den Dieb über kurz oder lang erwischen, denn ein Mann mit einem Schwein unterm Arm kann nicht so schnell laufen wie ein Mann ohne Schwein. Seine Brust schmerzte. Der Dieb war noch fünfzehn Schritt entfernt, noch zwölf … Tom hob die Pike wie einen Speer. Nur noch ein kleines Stückchen näher, dann … Noch elf Schritt, zehn …
Da tauchte im Gebüsch am Wegrand plötzlich ein schmales Gesicht unter einem grünen Hut auf; Tom nahm es gerade noch am Rande seines Blickfelds wahr, bevor die Pike seiner wurfbereiten Hand entglitt. Es war zu spät, beiseitezuspringen. Ein derber Ast wurde ihm in den Weg geworfen. Tom stolperte und stürzte zu Boden.
Die Pike war verloren, aber er hatte ja noch seinen Hammer. Er rollte sich ab und kam wieder auf die Beine. Erst jetzt merkte er, dass er es mit zwei Gegnern zu tun hatte – dem Mann mit dem grünen Hut und einem Glatzkopf mit verfilztem weißem Bart. Sie gingen gleichzeitig auf ihn los.
Tom sprang beiseite und holte aus. Sein Hammer sauste auf den grünen Hut nieder, doch der Mann wich im letzten Moment aus, sodass ihn der schwere eiserne Hammerkopf nur an der Schulter traf. Mit einem Schmerzensschrei ging er zu Boden, wobei er sich den Arm hielt, als wäre er gebrochen. Um ein zweites Mal auszuholen, fehlte die Zeit, denn inzwischen war der Glatzkopf näher gerückt. Tom stieß ihm den Hammerkopf ins Gesicht und brach ihm den Backenknochen.
Die beiden Wegelagerer hielten sich ihre Wunden und machten sich davon; von ihnen war kein Widerstand mehr zu erwarten. Tom sah sich nach dem Schweinedieb um. Er rannte noch immer den Pfad entlang, hatte jetzt aber wieder einen größeren Vorsprung. Ohne Rücksicht auf die Schmerzen in seiner Brust nahm Tom die Verfolgung wieder auf. Doch schon nach wenigen Schritten hörte er hinter sich eine vertraute Stimme.
Alfred.
Tom blieb stehen und sah sich um.
Die beiden Halunken schlugen auf Alfred ein, der sich mit Händen und Füßen wehrte. Drei-, viermal erwischte er den Kerl mit dem grünen Hut am Kopf, dann trat er dem Glatzkopf gegen das Schienbein. Doch keiner der beiden ließ von ihm ab. Es gelang ihnen, sich so nahe an ihn heranzudrängen, dass er nicht mehr
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