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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Bild,
    eine kleine Wunde mit geschürfter
Krust’
    lässt mein zart Gemüt erbeben«,
     
    deklamierte Vaganz mit der Inbrunst
eines starkbier-gestählten Lokalpolitikers beim Schützenfest.
    »Wie fanden
Sie es, frère ?« , lugte er um die Ecke in die Küche, wo
ich gerade das Wasser in ein Teeglas goss. »Ich nenne diese Kunst hermetische
Poesie, weil der Sinn dem gemeinen Geist verschlossen bleibt .« Verschlossen wie ein mit Imodium Akut morphiumisierter Darm.
    »Sehr
ansprechend«, log ich und scheuchte den Dichter mit eindeutiger Handbewegung in
die Stube zurück.
    »Sie wollten
mich beauftragen. Worum geht es ?« , hängte ich einen
Teebeutel ins kochende Wasser.
    »Bon, ad hoc
in médias res, so gefällt mir das«, tönte es aus dem Wohnzimmer. »In der Tat.
Ich muss Ihnen von einem abscheulichen Verbrechen berichten. Hermann Grutz
wurde dahingemeuchelt .«
    Grutz, Grutz?
Irgendein leises Glöckchen läutete da in einer Gehirnwindung.
    »Der Autor ?« , fragte ich. »Die Presse hat geschrieben, dass er sich
das Leben genommen hat. Vergiftet, oder ?« Der Dülmener
Kurier hatte eine längere Abhandlung über den Schreiberling gebracht. In
Fachkreisen galt er als renommierter Lyriker; musste aber Heftchenromane schreiben,
um sich über Wasser zu halten. Daran war er laut Mutmaßung des Journalisten
innerlich zerbrochen.
    Ich rührte
mit dem Teebeutel das Wasser um. Langsam färbte es sich dunkel.
    »Diese
Journalisten sind gehässige Lästermäuler«, ereiferte sich Vaganz. »Hermann und
Selbstmord, ich bitte Sie. Exclusee. Seine Poesie ist von lebensspendendem Odem
durchwebt. Eine westfälische Frohnatur.«
    Wenn Grutz
eine ähnliche Schwatzbacke wie Xtra gewesen war, konnte er recht haben. Ein
Akustikallergiker hätte ihn bei so viel phonetischem Abfall mit der Faust ins
Jenseits befördert.
    »Wie ist Herr
Grutz von uns gegangen ?« , zog ich den Beutel aus der
trüben Flüssigkeit und beförderte ihn in den Abfall.
    »Dazu muss
ich etwas ausholen«, hüstelte Vaganz geziert. »Hermann war wie ich und sieben
weitere Poeten Mitglied der Dülmener Serapionsbrüder, einer Gemeinschaft, die
es sich zum Ziel gesetzt hat, die hochwertige heimische Literatur zu fördern.
Die Wiederbelebung eines romantischen Dichterzirkels. Hermann war unser
Aushängeschild. Er konnte den Eichendorffpreis für seinen Lyrikband Ich saß
auf einem Stein , einer Dekonstruktion des lyrischen Egos, auf seinem
Erfolgskonto verbuchen. Verzeihen Sie die ökonomische Ausdrucksweise. Natürlich
hat er auch Brotarbeiten verfasst .«
    Ich kehrte
ins Wohnzimmer zurück und platzierte das Aufgussgetränk vor meinen Besucher.
    »Schundromane
wie Chefarzt Dr. Mutschke oder Steffis Weg ins Glück. Wer will es
ihm verdenken, schließlich leben wir nicht von der Luft allein«, strafte sein
griesgrämiger Blick seine Worte Lügen. »Dennoch empfinde ich es als degoutant,
sich zur Hure des literaturkonsumierenden Blödzeitungslesers herabzulassen. Ich
will aber über einen Toten nichts Schlechtes reden«, zog er mit dem Zeigefinger
ein Pentagramm.
    »Um auf Ihre
Eingangsfrage zurückzukommen: Hermann wurde am Montag tot in seiner Wohnung
aufgefunden. Auf dem Schreibtisch lag ein Abschiedsbrief. Der Druck des Ruhmes
und die Feindseligkeit der Masse gegenüber revolutionären Ideen hätten ihn des
Lebens überdrüssig gemacht. Eine schiefe Metapher tapste in die nächste. Gar
nicht Hermanns Stil. Überhaupt war er kein Jammerlappen. Er schlürfte gerne
Sektchen und nippte Canapés. Lebensbejahend, frohgemut und genießend, das sind
die Attribute, die mir zu meinem Freund und Mentor in den Sinn kommen .«
    »Wer könnte
ein Interesse an seinem Tod haben ?« , spulte ich das
Standardrepertoire ab.
    Vaganz nippte
an der Tasse, sein Gesicht verzog sich vor Ekel, und er spuckte den Tee auf den
Wohnzimmertisch. Gut, dass eine abwaschbare Plastikdecke aufgelegt war.
    »Haben Sie
komplett den Verstand verloren ?« , riss mir nun der
zunächst endlos scheinende Geduldsfaden.
    »Das ist
Spülwasser. Wollen Sie mich ebenfalls unter die Erde bringen ?« ,
jaulte mein Gegenüber. Mit einem seidenen Taschentuch betupfte er das
malträtierte Geschmacksorgan.
    »Ich glaube
nicht, dass wir zusammenkommen«, beendete ich die Schmierenkomödie. »In Münster
gibt es sicher Kollegen, die Ihnen weiterhelfen können. Für dieses Beratungsgespräch
berechne ich nichts .«
    »Lentement,
contenance, mon chère«, beschwichtigte Xtra. »Meine Geschmacksnerven sind

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