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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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gemacht hätten. Aber was beklage ich mich?
Besser als der langhaarige Hippie, über den ich mich im letzten Monat bei dir
beschwert habe, ist er schon.
    Heute habe ich ihn kennengelernt.
Schreibt Gedichte und Romane, der Kerl. Gedichte interessieren mich nicht, aber
seine Bücher habe ich mir sofort in der Pfarrbücherei ausgeliehen. Gar nicht
mal schlecht. Der Junge kennt das Leben. Ob er aber mit der Schreiberei eine Familie
ernähren kann, bezweifle ich. Gute Romane werden in unserem Land nicht
geschätzt. Wir haben uns über Politik unterhalten. Grutz, so heißt er, meinte,
mein Vorschlag zur Lösung des Asylantenproblems sei sehr interessant.
Überhaupt, man solle viel häufiger auf die Meinung älterer Mitbürger hören. Sie
hätten schließlich die größere Lebenserfahrung. Siehst du, habe ich zu Cornelia
gesagt, dieser Mann versteht etwas von Politik. Ich habe Grutz einige Anekdoten
aus meinem erfüllten Leben erzählt, und er hat ganz gespannt zugehört. Er hat
sogar gefragt, ob er die Geschichten für seine Bücher verwenden dürfe.
Natürlich...«
     
    Lienen musste sich einsam fühlen.
Einen anderen Grund für dieses Geschreibsel konnte ich mir nicht vorstellen.
Die nächsten Seiten überflog ich im Schnelldurchgang, konnte aber nichts
Brauchbares entdecken. Interessant wurde es erst am 6. Dezember, Grutz’
Todestag. Nach dem Überfliegen der ersten Zeilen wusste ich, dass ich schnell
handeln musste.
     
     
     

26
     
     
    I ch steckte Kladde und Geld in die
Jacke, schnappte die unbenutzte Allzwecktasche, lief zum Wagen, warf mich
hinters Steuer und das Werkzeug auf den Beifahrersitz. Schneller als jeder
Notarzt war ich am Krankenhaus, ohne Blaulicht und Sirene. Der Eingang war
geschlossen. Ich klingelte den Pförtner heraus, und nach eingehender
Ausweiskontrolle ließ er mich endlich herein. Das Versprechen, seine Punkte in
Flensburg zu streichen, ging mir leicht von den Lippen.
    Der Stuhl vor
Lienens Zimmer war verlassen, das Zimmer bis auf den im Bett liegenden Alten
ebenfalls. Ich hätte mir denken können, dass auf Grabowski kein Verlass war,
und fragte eine Schwester, die lustlos einen verwaisten Rollstuhl vor sich
herschob, wo er abgeblieben sei. Sie zuckte nur mit den Schultern.
    Ich ging die
angrenzenden Räume durch; im vierten wurde ich fündig. Peter steckte gerade
seinen Kugelschreiber in die Jackentasche.
    »In zwei
Wochen haben Sie Garten & Blumen auf dem Tisch, Herr Deubert .«
    Der Greis,
der seinem Aussehen nach nie mehr in einem Garten stehen würde, lächelte selig.
    »Es hat mich
gefreut, den Züchter der Colorado-Rose persönlich kennengelernt zu haben«,
ergriff er mit beiden Händen Gurkennases Rechte.
    »Grabowski !« , unterbrach ich das Zeremoniell und zog den Drücker aus
dem Raum.
    »Was fällt
dir ein, mitten in der Nacht Abos zu verscherbeln? Ich nehme an, du hast den
Attentäter bereits erwischt und dingfest gemacht ?«
    »Nein, wieso ?« , blinzelte Peter unschuldig wie die unbefleckte
Empfängnis. »War die ganze Zeit tote Hose. Der Kerl schlägt doch heute sowieso
nicht mehr zu, also hab ich die Zeit zu einem kleinen Verkaufsgespräch genutzt.
Oder glaubst du etwa, dein krümeliger Lohn reicht für meine Rente ?«
    Ich war dicht
davor, Peters wahrlich stattliche Nase zu plätten, als uns ein gellender Schrei
zusammenzucken ließ. Schneller als ein Windhund in einem Porsche erreichte ich
Lienens Zimmer. Eine gedrungene Schwester beugte sich über das Bett des Alten.
    »Was ist
passiert ?« , keuchte ich ihren Stiernacken an.
    »Herr Lienen
ist tot«, drehte sie sich um.
    Das Entsetzen
stand ihr ins Gesicht geschrieben. Lienen ebenfalls. Die verzerrten
Gesichtszüge und die bläuliche Gesichtsfarbe ließen auf keinen angenehmen Tod
schließen. Ich ergriff seine schlaffe Hand; die Leiche war noch warm.
    »Haben Sie in
den letzten Minuten jemanden auf dem Flur gesehen, der nicht zur Station gehört ?« , wandte ich mich ans Schwesterlein.
    »Nur Doktor
Beyer, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass...«
    »Veranlassen
Sie alles Nötige«, schnitt ich ihr mit einer unwirschen Handbewegung das Wort
ab.
    Mit wehendem
Kittel eilte sie hinaus. Ich schaute mich um. Bis auf Lienens durchwühlte
Kleidung, die vor statt im Schrank lag, fiel mir nichts auf. Doch irgendwas
stimmte nicht. Als mein Blick noch mal durch den Raum schweifte, fiel es mir
plötzlich wie Schuppen aus den Haaren: Das Fenster klapperte leise vor sich
hin. Ich zog den giftgrünen Vorhang zur Seite; es war

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