Die Sau und der Mörder
das Offensichtliche.
»Da können Sie einen drauf lassen«, ließ sowohl das Lispeln als auch die gewählte Ausdrucksweise darauf schließen, dass es tatsächlich dieselbe Person war.
»Dann zeigen Sie mal Ihre Karre«, war ich wirklich neugierig.
Kurz darauf durfte ich eine Elfhunderter Kawasaki in leuchtendem Rot bestaunen. Kein Vergleich zu dem Hobel, den ich früher besessen hatte, eine Honda 500 GPX. Nach zwei Unfällen, die mich auch genauso gut six feet under hätten bringen können, hatte ich die Maschine an einen Kumpel verscherbelt, der nur eine Woche später die zwei hintereinanderliegenden gegen zwei nebeneinanderliegende Reifen hatte eintauschen müssen.
»Wie wär’s mit einem Ritt ?« , hatte Lienen meine leuchtenden Augen richtig gedeutet.
»Aber hallo, nichts lieber als das, ich hole mir eben eine Jacke .«
Fünf Wimpernschläge später war ich wieder draußen.
»Keinen Helm ?« , guckte sie mich erstaunt an. Musste man schließlich haben als Autofahrer.
»Nein, aber diese Gegend zeichnet sich nicht unbedingt durch eine hohe Polizistendichte aus .« Zwar hatten mich die grünen Männchen schon mehrmals besucht, aber diese Zusammentreffen hatten beileibe nichts mit Verkehrsdelikten zu tun gehabt.
»Dann schwingen Sie mal Ihren Knackarsch auf den Sozius, es geht los«, stopfte Lienen ihre Lockenpracht unter den Helm.
Ich tat wie geheißen, und sie ließ den Motor aufheulen. Nächstes Mal Ohropax, schoss es mir durch den Kopf. Nach einer eleganten Rechtswende rollten wir auf die Straße, wo Cornelia zeigte, was in der Kawa steckte. Die rasante Beschleunigung riss mich fast vom Bock, doch bald hatte ich mich an die Geschwindigkeit gewöhnt. Wir heizten zu Karins Hof und drehten dann um. Während der Fahrt schmiegte ich mich immer enger an sie, der geneigte Leser mag erahnen, warum.
Für die rund vier Kilometer musste der Minutenzeiger nur zwei Runden drehen. Zurück auf dem Hof rubbelte ich erst mal meinen Kopf warm, denn Fahren ohne Helm bei diesen Temperaturen erweckt nur bei Masochisten Wonnegefühle.
»Jetzt einen Kaffee zum Aufwärmen. Wie ist es mit Ihnen ?« , war mein Schädel noch immer nicht auf Betriebstemperatur.
»Immer. Hauptsache, schön stark .«
»In der Suppe bleiben sogar Ihre Zündkerzen stecken«, ließ ich einen wahren Kracher vor dem Herrn los.
Während sich die Bikerbraut auf der Couch niederließ, führte ich die erforderlichen Handgriffe zur Zubereitung eines zündkerzensteckenbleibkompatiblen Kaffees durch. Als das wenige Wasser durch die zwei Kilo Pulver tröpfelte, durchstöberte ich meine CD-Sammlung und schob schließlich eine Steppenwolf- Scheibe in den Schacht. Erschien mir passend.
Dann befreite ich das dampfende Koffeingemisch aus der Kanne und stellte mit Entzücken fest, dass Lienen eine Schachtel Lucky Strike aus der Jacke zog. Hatte sich also gelohnt, den Aschenbecher zu spülen.
»Darf ich hier qualmen ?«
»Wonach sieht das denn hier aus ?« , deutete ich auf den blitzblanken Zigarettenfriedhof.
»Haben Sie Feuer ?« , steckte sie eine Fluppe zwischen die Lippen.
»Sie haben sich versprochen. Das muss heißen: Hast du Feuer, Dieter .«
»Cornelia. Da du dich so tapfer auf dem Motorrad gehalten hast, darfst du mich Connie nennen .«
»Mir fehlen die Worte. Noch nie habe ich eine größere Gnade erfahren .«
Sie lachte, und ich konnte nicht behaupten, dass es mir missfiel. Just als ich überlegte, den Fall bis morgen ruhen zu lassen und mich stattdessen intensiv um meinen Gast zu kümmern, nahm sie mir die Entscheidung ab.
»Fangen wir mit dem Unangenehmen an. Du möchtest mir sicherlich einige Fragen stellen .«
»Wenn ich dich so anschaue, möchte ich lieber gleich zu den Annehmlichkeiten kommen...«
»Keine Anzüglichkeiten bitte !« , zwinkerte sie mir ziemlich anzüglich zu.
»Du hast heute Mittag gesagt, dass du im Dülmener Krankenhaus arbeitest. Vaganz hat behauptet, dass Herr Grutz getötet wurde, weil er dort unsaubere Machenschaften aufgedeckt hat und veröffentlichen wollte .«
»Was meinst du mit unsauberen Machenschaften ?« , drückte Connie etwas Lippenstift auf die Kaffeetasse.
»Illegaler Organhandel. Angeblich sollen dort menschliche Innereien nicht ganz freiwillig gespendet worden sein«, gönnte auch ich mir einen Hieb und musste konstatieren, dass mir die Brühe besonders gut gelungen war. Und das mit einer Kaffeemaschine, die ich für zwanzig Euronen bei Aldi geschossen hatte.
»Ich maloche seit einer halben
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