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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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fängst wieder mit der Stichelei an .«
    »Also war es doch gelogen, dass meine neue Frisur gut aussieht .«
    »Genau. Ich wollte die Stimmung nicht durch Ehrlichkeit vermiesen .«
    Abrupt drehte Karin sich um und stöckelte zur Tür. Als ihre Hand die Klinke umklammerte, war ich bei ihr, legte meine fünf Finger auf ihre, gab ihr einen Kuss auf die Wange und flüsterte: »Was ich gesagt habe, meine ich Wort für Wort, du siehst einfach phantastisch aus .«
    Sie drehte sich um, unsere Gesichter waren nur Millimeter voneinander entfernt. Ich glaubte, eine kleine Träne unter ihrem rechten Auge zu erkennen, und wischte sie weg.
    »Warum stehen wir hier wie zwei Blödmänner rum und halten die Türklinke fest«, winkte ich Karin zurück zum Kamin, »anstatt uns endlich den schönen Künsten zu widmen ?«
    Ich manövrierte die Biobäuerin zur Couch und stellte einen Topf mit Glühwein auf den Ofen.
    »Ach, hatte ich ganz vergessen: Wir müssen doch noch gucken, wie es Henry geht«, reichte ich ihr die Hand, um sie wieder hochzuziehen.
    »Es wird ihm schon gutgehen, sonst hättest du das Thema nicht angeschnitten .«
    Da hatte ich mich krummgeschuftet, und Madame wollte nicht mal das Ergebnis bewundern?
    »Komm mit !« Das Mädel gepackt und in den saubersten Stall Bulderns geschleift.
    Fünf Minuten später waren wir wieder in der warmen Stube, und ich konnte endlich Glühwein einschenken.
    »Hab mich wohl tatsächlich in dir getäuscht. Henry hat mir zugemeckert, dass er sich richtig wohlfühlt .«
    »Er darf sogar in meinem Bett schlafen. Hat für mich den Vorteil, dass ich mich in den langen Winternächten nicht so einsam fühle .«
    »Du und einsam, dass ich nicht lache. Wenn ich nur an die Motorradbraut denke, die hier übernachtet hat, oder an deine Ex .«
    »Auf die Motorradbraut brauchst du nicht eifersüchtig zu sein: Sie ist tot«, hatte ich sofort wieder Connie vor meinem geistigen Auge; blutleer in der Wanne.
    Karin hatte die Veränderung in meinem Blick bemerkt und studierte betreten ihre Fingernägel. Zeit also für eine kleine Geschichtsstunde: Zunächst noch stockend, plapperte ich bald wie ein Wasserfall über die Geschehnisse der letzten Tage. Schumann war eine gute Zuhörerin und ließ dadurch immer mehr Wärme in mein Herz strömen. Gleichzeitig erfüllte es mich mit Stolz, diese tolle Frau heute Abend bei mir haben zu dürfen. Zeitgleich mit dem Ende der Vergangenheitsbewältigung verstummte die Musik; ich hatte eine halbe Stunde lang geredet.
    Da ich wusste, dass die Biobäuerin auf Hardrock abfuhr, zog ich Thin Lizzys Live & Dangerous -LP aus dem Regal und warf den Plattenspieler an.
    Während ich Glühwein nachschenkte, machte ich Karin heiß: Gleich würde sie nicht nur das Werk eines bedeutenden Dichters lesen, sondern vielleicht sogar den Schlüssel zur Lösung eines Mordfalls finden. Die Wirkung war so eindeutig wie vorhersehbar: In ihre Augen trat ein eigentümlicher Glanz, wie bei einem Jäger, der fette Beute wittert, so dass mich der folgende Satz nicht wirklich überraschte: »Dann lass uns endlich anfangen .«
    Ruckzuck das Manuskript in zwei Hälften geteilt, und los ging’s.
    Nach zehn Sekunden Lektüre sprang meine Nachbarin wie von der Tarantel gestochen hoch und knallte den Packen auf den Tisch.
    »Vorsicht, das sind Beweismittel in einem Mordfall .«
    » Dieses Geschmiere hat mit Dichtung so viel zu tun wie du mit der Wahrheit. Das ist das Schlechteste, was ich je gelesen habe .«
    »Ich habe nie behauptet, dass du heute Abend Lyrik vorgesetzt bekommst. Ich habe gesagt, dass du das neueste Werk eines bedeutenden Dichters lesen kannst, und das ist die reine Wahrheit .« Dazu den treuen Hundeblick aufgesetzt.
    »Du hast mich unter Vorspielung falscher Tatsachen hierhergelockt, weil du wusstest, dass ich sonst nicht gekommen wäre .«
    Sie hatte recht, Hundeblick hin oder her.
    »Du hast dich nicht geändert, und du wirst dich nicht ändern. Ich gehe !« Da sie entgegen ihrer Aussage aber keine Anstalten machte, ihren hübschen Hintern hochzuheben, ließ ich mich neben sie auf die Couch fallen.
    »Ich entschuldige mich in aller Form für das Versäumnis, dich nicht über den intellektuellen Gehalt der Grutz’schen Romane informiert zu haben. Ich wollte mit meiner Lieblingsnachbarin bei Glühwein und schöner Musik über diesen geistigen Dünnschiss lachen und nebenbei die Spur des Killers aufnehmen. Nochmals sorry. Da du aber aus verständlichen Gründen gehen möchtest, gönne mir

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