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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ausmachen konnte, aus der sie gekommen waren. Schwarze Löcher im Boden und Risse in der kunstvoll gearbeiteten weißen Stuckdecke hoch über ihm zischten und knisterten bei jedem Luftzug laut.
    Er hob die Hände und wob Baalsfeuer. Die Wange eines anderen Menschen brannte von einem erinnerten Schlag, und Cadsuanes Stimme zischte und knisterte in seinem Kopf wie die Löcher, welche die roten Drähte gebrannt hatten. Niemals wieder, Junge. Das wirst du niemals wieder tun. Anscheinend hörte er Lews Therin in ferner Angst vor dem, was er verlieren würde, was die Welt einst fast zerstört hatte, wimmern. Alle Stränge außer Feuer und Luft schwanden, und er wob, wie er es gesehen hatte. Eintausend feine rote Fasern blühten zwischen seinen Händen auf und schossen fächerförmig ausgebreitet empor. Ein Kreissegment der Decke von zwei Fuß Durchmesser zerfiel in Steintrümmer und Stuckstaub.
    Erst nachdem er dies getan hatte, dachte er, es könnte sich vielleicht jemand zwischen ihm und Sammael befinden. Er beabsichtigte, Sammael heute tot zu sehen, aber wenn er dies erreichen könnte, ohne noch jemand anderen zu töten... Die Gewebe schwanden, während er sich erneut aufrichtete und eilig auf die Seitentüren des Saals zuhumpelte, hohe Türen mit neun goldenen Bienen von der Größe seiner Faust auf jedem Paneel.
    Ein kleiner Strang Luft stieß eine Tür auf, bevor er sie erreichte, zu geringfügig, um in einiger Entfernung bemerkt zu werden. Er hinkte auf den Gang hinaus und sank auf ein Knie. Die Seite des anderen Menschen brannte, und seine Ferse schmerzte. Rand zog sein Schwert und lehnte sich abwartend darauf. Ein glattrasierter Bursche mit dicken rötlichen Wangen spähte den Gang hinab um eine Ecke. Es war genug von seiner Jacke zu sehen, daß er als Diener erkennbar war. Zumindest sah die auf einer Seite grüne und auf der anderen Seite gelbe Jacke wie eine Livree aus. Der Bursche sah Rand und glitt dann ganz langsam, als glaube er, er würde vielleicht nicht bemerkt, wenn er sich nur vorsichtig genug bewegte, wieder außer Sicht. Früher oder später müßte Sammael...
    »Illian gehört mir!« Die Stimme dröhnte in der Luft aus allen Richtungen heran, und Rand fluchte. Das mußte dasselbe Gewebe sein, das er selbst auf dem Platz benutzt hatte, oder ein sehr ähnliches. Es erforderte so wenig der Macht, daß er die tatsächlichen Stränge vielleicht nicht einmal in zehn Schritt Entfernung des Mannes gespürt hätte. »Illian gehört mir! Ich werde nicht zerstören, was mir gehört, indem ich Euch töte, und ich werde es auch Euch nicht zerstören lassen. Ihr hattet den Mut, mir hierher zu folgen? Habt Ihr auch den Mut, mit erneut zu folgen?« Ein leicht spöttischer Unterton schlich sich in die dröhnende Stimme. »Habt Ihr den Mut?« Irgendwo über Rand eröffnete sich ein Wegetor und schloß sich wieder. Rand zweifelte nicht daran, daß es das war.
    Den Mut? Hatte er den Mut? »Ich bin der Wiedergeborene Drache«, murrte er, »und ich werde Euch töten.« Er wob ein Wegetor und trat hindurch, zu einem mehrere Stockwerke höher gelegenen Ort.
    Er fand sich in einem weiteren, von Wandteppichen gesäumten Gang wieder, die Schiffe auf See zeigten. Am entgegengesetzten Ende des Ganges schimmerten die Überreste einer karmesinroten Scheibe durch einen Säulengang. Die Überreste von Sammaels Wegetor hingen in der Luft, die schwindenden Stränge wie schwach glühende Geister. Jedoch nicht so schwach, daß Rand sie nicht mehr hätte ausmachen können. Er begann zu weben und hielt dann inne. Er war hier herauf gesprungen, ohne an eine Falle zu denken.
    Wenn er genau kopierte, was er sah, würde er herauskommen, wo auch immer Sammael hingelangt war, oder zumindest so in der Nähe, daß es keinen Unterschied machte. Aber mit einer kleinen Änderung. Er konnte nicht sicher sein, ob die Entfernung fünfzig oder fünfhundert Fuß betrüge, und doch war beides ausreichend nahe.
    Der senkrechte Silberschlitz begann sich zu einer Öffnung zu drehen und gab die schattenumhüllten Ruinen der Erhabenheit frei, nicht ganz so dunkel wie der Gang. Durch das Wegetor betrachtet war die Sonne eine etwas breitere rote Scheibe, die zur Hälfte von einer eingestürzten Kuppel verborgen wurde. Er kannte diesen Ort. Als er das letzte Mal hierhergekommen war, hatte er jener Liste von Töchtern des Speers in seinem Kopf einen weiteren Namen hinzugefügt; das erste Mal war Padan Fain gefolgt, und er war mehr als ein Schattenfreund, schlimmer

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