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Die Schatzinsel (Original)

Die Schatzinsel (Original)

Titel: Die Schatzinsel (Original) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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außer dem Klatschen der Wellen gegen den Bug und die Seiten des Schiffes.
    Ich stieg in die Apfeltonne hinein und fand, daß kaum noch ein Apfel übrig war; aber ich hockte mich im Dunkeln hin, und da muß mich das Klatschen des Wassers und die wiegende Bewegung des Schiffeswohl schläfrig gemacht haben; ich war entweder schon eingeschlafen oder war jedenfalls dicht davor, als plötzlich ein Mensch sich schwer gegen das Faß setzte. Die Tonne schwankte, als er seinen Rücken anlehnte, und ich wollte gerade aufspringen, da begann der Mann zu sprechen. Es war Silvers Stimme, und bevor ich ein Dutzend Worte gehört hatte, hätte ich nicht um die ganze Welt mich sehen lassen, sondern ich hockte da in meinem Faß und horchte, vor Angst und Neugierde zitternd; denn dieses Dutzend Worte zeigte mir, daß das Leben aller ehrlichen Menschen an Bord von mir allein abhing.

     

11. Was ich in der Apfeltonne hörte

    »I Gott bewahre! Flint war Käpp'n; ich war Schiemann, trotz meinem Holzbein. Von derselben Breitseite, die mir mein Bein wegriß, verlor der alte Pew seine Gucker. Der Doktor, der mich amputierte, war ein großartiger Arzt – auf Hochschulen gewesen und alles, was man haben wollte –, Latein eimerweise, und was nicht alles; aber er wurde gehängt wie ein Hund und an der Sonne getrocknet wie die übrigen, in Corso Castle. Es waren Roberts seine Leute, die da baumelten – und das kam davon, daß sie die Namen von ihren Schiffen änderten – ›Royal Fortune‹ und so weiter. Nee, wie ein Schiff mal getauft ist, so laßt es weiter heißen – das sage ich! So war es mit der Cassandra, die uns alle heil und gesundvon Malabar nach Hause brachte, als England den Vizekönig von Indien gefangen hatte; so war es mit dem alten ›Walroß‹, Flints altem Schiff, das sah ich ganz schlipperig vom roten Blut und mit Gold beladen bis zum Sinken!«
    »Ah!« rief eine andere Stimme, offenbar voll von Bewunderung; ich erkannte den jüngsten Matrosen, den wir an Bord hatten; »ha! der war doch der großartigste Kerl von allen, der Flint!«
    »Na, Davis war auch ein Mann, das will ich meinen!« sagte Silver. »Ich bin allerdings niemals mit ihm gefahren; ich war erst bei England und dann bei Flint, und damit ist meine Geschichte aus; und nun bin ich hier auf meine eigene Rechnung, sozusagen. Neunhundert Pfund legte ich auf die Kante, die verdiente ich unter England; und dann zweitausend, das war mein Anteil, als ich bei Flint war. Das ist gar nicht so schlecht für einen Mann vorm Mast – und sie liegen alle sicher in der Bank. Daß man Geld verdient, tut es noch nicht allein; man muß es auch zu sparen wissen, glaubt mir das! Wo Englands Leute jetzt sind? Das weiß ich nicht. Wo Flints Leute? Na, die meisten von ihm sind hier an Bord, und sind froh, daß sie ihr Futter haben – mancher von ihnen hat vorher betteln müssen. Der alte Pew, der seine Augen verloren hatte, der gab zwölfhundert Pfund in einem Jahr aus wie ein Lord im Parlament. Hätte sich was schämen sollen. Wo er jetzt ist? Nu, tot ist er und unter der Erde; aber die letzten zwei Jahre vor seinem Tode, Gottverdammich, da hat der Mann gehungert! Er bettelte und stahl und schnitt Kehlenab – und bei alledem hat er gehungert, Gottverdammich!«
    »Tscha, viel Gutes kommt schließlich nicht dabei heraus,« sagte der junge Matrose.
    »Für Dummköpfe allerdings nicht, darauf kannst du dich verlassen – nicht bloß nicht viel, sondern gar nichts!« rief Silver. »Aber nun hör' mal: jung bist du ja freilich, aber du, du bist helle wie ein Dreierlicht. Das sah ich, als ich dich zum erstenmal zu sehen kriegte, und darum will ich zu dir reden, wie zu 'nem Mann!«
    Man kann sich vorstellen, was ich dabei fühlte, als ich den fürchterlichen alten Schurken zu einem anderen genau dieselben schmeichelhaften Worte sagen hörte, mit denen er mich angeredet hatte. Ich glaube: wäre ich dazu imstande gewesen, ich hätte ihn auf der Stelle durch die Apfeltonne hindurch getötet. Mittlerweile sprach er weiter, ohne eine Ahnung zu haben, daß ein Mensch ihm zuhörte.
    »Mit den Gentlemen des Glücks ist es so: sie haben ein hartes Leben und riskieren den Strick, aber sie essen und trinken wie Kampfhähne, und wenn eine Kreuzfahrt zu Ende ist, na, dann haben sie Hunderte von Pfunden Sterling in ihrer Tasche statt ein paar hundert Pfennigen. Na, das meiste geht für Rum drauf und lustiges Leben, und dann gehen sie wieder zu See und haben bloß das Hemd auf dem Leibe. Aber das ist

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