Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
da sie eine Mulattin ist, so dürfen ein paar alte Junggesellen, wie Sie und ich, wohl die Vermutung haben, daß ebensosehr die Frau wie sein Gesundheitszustand ihn veranlassen, wieder in die Fremde zu gehen.
    I. T.«
    »Zweite Nachschrift: Hawkins kann eine Nacht bei seiner Mutter bleiben.   I. T.«

    Man kann sich vorstellen, in welche Aufregung dieser Brief mich versetzte. Ich war vor Wonne halb außer mir, und wenn ich jemals einen Mann verachtete, so war’s der alte Tom Nedruth, der immer nur brummen und wehklagen konnte. Jeder von den Unterförstern wäre gerne an seiner Stelle mitgegangen; aber der Squire hatte es nun einmal bestellt, und des Squires Wunsch galt bei ihnen allen als Gesetz. Außer dem alten Redruth würde niemand auch nur gewagt haben, eine Bemerkung zu machen.
    Am nächsten Morgen machten er und ich uns zu Fuß nach dem »Admiral Benbow« auf den Weg, und da fand ich meine Mutter in guter Gesundheit und Laune. Der Kaptein, der uns so lange zur Last gewesen war, war an einen Ort gegangen, von wo aus die Bösen keinen Menschen mehr ärgern können. Der Squire hatte alles wieder instand setzen lassen, die Schenkstube und das Wirtsschild waren auf seine Kosten frisch gemalt, und er hatte auch einigen neuen Hausrat besorgt – vor allen Dingen einen schönen Lehnstuhl für Mutter im Zapfraum. Außerdem hatte er ihr einen Lehrjungen geschickt, so daß sie während meiner Abwesenheit nicht ohne Hilfe war.
    Als ich diesen Jungen sah, begriff ich zum ersten Male meine Lage. Bis dahin hatte ich immer nur an die Abenteuer gedacht, die mir bevorstanden, niemals an die Heimat, die ich verließ. Und als ich jetzt diesen tölpelhaften fremden Jungen sah, der an meiner Statt bei meiner Mutter bleiben sollte, da weinte ich zum ersten Mal heiße Tränen. Ich fürchte, ich habe den Jungen behandelt wie einen Hund; denn da er mit der ihm neuen Arbeit nicht Bescheid wußte, so hatte ich hundert Anlässe, ihn zurechtzuweisen und auszuschelten, und ich ließ mir diese Gelegenheiten nicht entgehen.
    Die Nacht verging, und am nächsten Tage nach dem Mittagessen machten Redruth und ich uns wieder auf den Weg. Ich nahm Abschied von Mutter und von der Bucht, an deren Strand ich seit meiner Geburt gelebt hatte, und von dem lieben alten »Admiral Benbow« – der mir allerdings, seitdem er frisch gemalt war, nicht mehr ganz so lieb war. Einer meiner letzten Gedanken galt dem Kaptein, der so oft mit seinem dreieckigen Hut, dem Säbelschmiß auf der Backe und mit seinem alten Messingfernrohr den Strand entlang gegangen war. Im nächsten Augenblick waren wir um die Ecke gebogen, und mein Elternhaus lag hinter mir.
    In der Dämmerung nahm die Postkutsche uns beim »Royal George« auf. Ich war zwischen Redruth und einen dicken alten Herrn eingeklemmt, und trotz der schnellen Fahrt und der kalten Nachtluft muß ich gleich von Anfang an öfters eingenickt sein, schließlich aber auf der Fahrt über Berg und Tal wie ein Stück Holz geschlafen haben; denn von dem häufigen Pferdewechsel habe ich nichts gemerkt und ich wurde schließlich von einem Rippenstoß aufgeweckt. Und als ich die Augen aufschlug, fand ich, daß wir vor einem großen Gebäude in der Straße einer Stadt hielten, und daß es schon seit langer Zeit heller Tag war.
    »Wo sind wir?« fragte ich.
    »Bristol,« sagte Tom, »steig aus.«
    Herr Trelawney wohnte in einem Gasthof ganz unten am Dock, um die Arbeiten an seinem Schoner beaufsichtigen zu können. Dorthin hatten wir nun zu gehen, und unser Weg führte zu meinem großen Entzücken an den Kargen vorbei, wo ich eine große Menge Schiffe von allen Größen und Takelungen und Nationen sah. Auf dem einen Schiff sangen Matrosen bei ihrer Arbeit; auf einem anderen hingen Menschen, hoch über meinem Kopf, an Tauen, die mir nicht dicker als Spinnenfäden erschienen. Obgleich ich mein ganzes Leben an der Küste verbracht hatte, kam es mir vor, wie wenn ich noch niemals in der Nähe der See gewesen wäre. Die Mischung von Teer- und Salzwassergeruch war für mich etwas Neues. Ich sah die wunderbarsten Schiffsabzeichen, die alle schon weit über dem Ozean gewesen waren. Außerdem sah ich viele alte Seeleute mit Ohrringen, mit lockigen Backenbärten und teerigen Zöpfen und mit ihrem plumpen, schwankenden Gange; und wenn ich ebenso viele Könige oder Erzbischöfe gesehen hätte, so hätte ich nicht mehr entzückt sein können.
    Und nun ging ich selber zur See; zur See in einem Schoner, mit einem Bootsmann, der

Weitere Kostenlose Bücher